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Nur ein Prozent der Menschen unter 55 Jahren haben eine Herzschwäche – bei den über 70-Jährigen ist es mehr als jeder Zehnte. Oft bleibt die Erkrankung lange unerkannt. Denn die Symptome sind unspezifisch. Erst fällt das Radfahren schwer, beim Treppensteigen sind Pausen nötig. Später geraten Betroffene schon beim Spazierengehen oder Schuhebinden außer Atem.

Vielfältige Anzeichen

Viele bemerken auch geschwollene Knöchel und Füße oder nehmen innerhalb einer Woche ohne erkennbare Gründe mehr als zwei Kilo zu, haben nächtlichen Harndrang oder Magen-Darm-Probleme. Hinter Anzeichen wie diesen kann eine Herzschwäche ­stecken.

Der Herzmuskel schafft es nicht mehr, genügend Blut in den Kreislauf zu pumpen, weshalb dem Körper Sauerstoff und Nährstoffe fehlen. Außerdem kann es zum Rückstau des Bluts in den Venen kommen. Die Folge: Wassereinlagerungen im Gewebe.

„Nicht selten tun Betroffene ­Beschwerden als vorübergehende Erschöpfung oder Alterserscheinung ab“, warnt Prof. Dr. Stefan Störk, Leiter der Ambulanzen am Herinsuffizienzzentrum der Uniklinik Würzburg. Unbehandelt schreitet die Herzerkrankung weiter fort. Wird sie dagegen früh behandelt, lässt sich der Verlauf bremsen und die Lebensqualität lange erhalten. Deshalb gilt: Im Zweifel zu Hausarzt oder Hausärztin gehen und die Syptome dort abklären lassen.

Bei der körperlichen Untersuchung achten Medizinerinnen und Mediziner auf ­typische Anzeichen wie Wasserein­lagerungen in der Lunge, den Beinen und im Bauchraum. Gegebenenfalls prüfen sie die Leistungsfähigkeit mithilfe des sogenannten Sechs-­Minuten-Gehtests. Dabei wird, meist auf einem Laufband, die Gehstrecke in Metern gemessen, die der Patient oder die Patientin innerhalb von sechs Minuten zügig zurücklegt. Liegt das Ergebnis deutlich unter
700 bis 800 Metern, kann das ein Hinweis auf Herzschwäche sein

Ultraschall bringt Klarheit

Erhärtet sich der Verdacht, sind weitere Untersuchungen nötig: zuerst ein Ultraschall des Herzens, bei Bedarf auch ein Belastungs- und ein Langzeit-EKG, um zugrunde liegende Herzrhythmusstörungen aufzuspüren. Außerdem prüfen Ärztin oder Arzt mit einer Blutuntersuchung unter anderem, ob die Biomarker BNP und NT-proBNP erhöht sind. „Das sind Hormone, mit denen der Körper versucht, Wasserein-
lagerungen zu bekämpfen“, ­erklärt Experte Störk. Eine deutliche Erhöhung zeigt an, dass das Herz überlastet ist.

Beginnt die Behandlung rechtzeitig, kann die Erkrankung oft gebremst werden, sodass ein aktives Leben möglich bleibt. „Viel zu oft aber kommen Betroffene in die Not­aufnahme, deren Herzschwäche bereits dekompensiert, also entgleist ist“, sagt Prof. Dr. Thomas Voigtländer von der Deutschen Herzstiftung. Verstärken sich die Symptome einer Herzschwäche plötzlich, ist das ein Notfall: Bei rasselnden Atemgeräuschen, zunehmender starker Atemnot, durch Wasser in der Lunge, oder bei rascher Gewichtszunahme durch Wassereinlagerungen umgehend den Notruf 112 wählen. „Das Gute ist: Die ­Behandlung hat sich in den vergangenen ­Jahren sehr verbessert. ­Viele Patientinnen und ­Patienten mit schwerster Herzschwäche können erfolgreich behandelt ­werden“, erklärt Voigtländer.

So weit sollte es gar nicht erst kommen. Herzschwäche ist in der Regel die Folge einer anderen Grund­erkrankung, etwa ­verengte Herzkranzgefäße oder Bluthochdruck. Diese muss zunächst behandelt werden, damit die Herzschwäche nicht weiter fortschreitet. Patientinnen und Patienten können außerdem viel selbst tun, um das Fortschreiten der Herzschwäche zu bremsen.

Wer stark übergewichtig ist, sollte nach ärztlicher Rücksprache abnehmen und sich ausgewogen ­ernähren. Das ­bedeutet: viel Gemüse und Obst, wenig Fleisch und möglichst keine sogenannten Transfette aus Backwaren und Frittiertem.

Wohltat fürs Herz

Wichtig ist der regelmäßige Blick auf die Waage: Mehr als zwei Extrakilos innerhalb einer Woche ohne ­erkennbaren Grund können auf eine nachlassende Pumpkraft hinweisen. Wer raucht, sollte unbedingt aufhören. Auch Bluthochdruck und zu hoher Blutzucker müssen gut eingestellt ­werden. Und: Das Herz braucht Bewegung. „Spazierengehen ist eine Wohltat fürs Herz“, rät Störk. Schon 4000 Schritte pro Tag reduzieren das Sterblichkeitsrisiko – je mehr Schritte Sie am Tag gehen, desto besser.

Um die Herzschwäche zu bremsen, sind meist Medikamente nötig, die das Herz entlasten: ACE-Hemmer oder Sartane, Betablocker und andere Wirkstoffe, zu denen seit Kurzem auch SGLT-2-Hemmer ­gehören. Wichtig: genau an die empfohlene Dosierung halten und regelmäßig Blutwerte kontrollieren lassen, um ­Nebenwirkungen zu verhindern. „Die richtige medikamentöse Einstellung ermöglicht eine höhere Belastbarkeit und Lebensqualität“, so Voigtländer. Die Mittel muss man ein Leben lang nehmen. Ein hoffentlich längeres Leben lang.

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Die vier Schweregrade

Herzschwäche kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Die NYHA-Klassifikation der New York Heart Association beschreibt den Schweregrad der Erkrankung.

NYHA I: Herzschwäche ohne körperliche Einschränkungen im Alltag

NYHA II (leicht): Herzschwäche mit leichter Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Stärkere körperliche Belastung (zum Beispiel Bergaufgehen, Treppensteigen) führt zu Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot.

NYHA III (mittelschwer): Herzschwäche mit hoher Einschränkung der Leistungsfähigkeit im Alltag. Geringe körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen oder Luftnot, etwa beim Gehen in der Ebene. In Ruhe keine Beschwerden.

NYHA IV (schwer): Herzschwäche mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten und selbst in Ruhe. Betroffene sind bettlägerig.


Quellen: