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Wenn „er“ nicht mehr steht, ist das oft sehr belastend für einen Mann und seine Partnerschaft. Die Ursache kann an unterschiedlichen Stellen liegen: im Hormonhaushalt, in den Nerven, der Psyche oder – in vielen Fällen – im Gefäßsystem. „Der Penis ist die Fahne des Herzens“, sagt Dr. Horst Hohmuth, Urologe, Androloge und Sportmediziner aus Ulm. Damit meint er: Eine Erektionsstörung kann Hinweis auf allgemeine Durchblutungsprobleme sein. Studien zeigen, dass Männer mit gefäßbedingten Erektionsstörungen ein deutlich erhöhtes Risiko haben, binnen der nächsten zehn Jahre einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.

Warnung vom Herzen

Während die Gefäße, die das Herz versorgen, einen Durchmesser von drei bis vier Millimetern haben, messen jene im Penis nur ein bis zwei Millimeter. Wenn diese kleinen Gefäße am Penis verkalkt und verengt sind, ist das ein Hinweis darauf, dass auch andere Arterien geschädigt sein können. Stellen Sie sich einen Gartenschlauch und ein Abwasserrohr vor. Letzteres kann deutlich mehr Wasser transportieren, ist dicker, verstopft nicht so leicht. Drücken Sie den Gartenschlauch etwas zusammen, läuft nichts mehr. Folglich merkt man bei den dünnen Penisgefäßen deutlich früher, wenn sie verengt sind. Es fließt nicht mehr genug Blut in den Penis, um eine Erektion auszulösen. Aber: Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass bei guter Potenz kein Herzinfarkt möglich ist. Auch andere Arterien können geschädigt sein und das Risiko erhöhen. Doch dagegen können Sie etwas tun. „Achten Sie auf Ihre Ernährung, reduzieren Sie, wenn nötig, Ihr Körpergewicht und seien Sie regelmäßig körperlich aktiv“, rät Professor Dr. Frank Sommer, Urologe in Hamburg und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit. Bewegung regt die Durchblutung an, die Gefäße werden gut durchgespült.

Bleiben Sie in Bewegung!

„Was gut ist für den Kreislauf, ist gut für die Potenz“, ergänzt Hohmuth. Besprechen Sie in jedem Fall mit Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin, wie fit Sie sind und welche Sportarten infrage kommen. Noch wichtiger ist dieses Gespräch, wenn Sie bereits Erektionsprobleme haben. Grund­erkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck müssen ausgeschlossen oder entsprechend behandelt werden. Auch Übergewicht, Rauchen und die Einnahme bestimmter Medikamente spielen eine Rolle. Für speziellere Untersuchungen brauchen Sie einen Termin beim Urologen. Via Ultraschall (Dopplersonografie) wird dort zum Beispiel der Blutfluss in den Penisgefäßen gemessen und der Gesamtzustand des Gewebes beurteilt.

Selbst wenn dieses bereits geschädigt ist: Über spezielle Trainingsprogramme lässt sich der Zustand häufig verbessern. Hilfestellung gibt seit Ende 2021 zum Beispiel eine „Potenz-App“, die man sich von Arzt oder Ärztin verordnen lassen kann. Die Kosten tragen die gesetzlichen Krankenkassen. Das Zwölf-Wochen-­Programm besteht aus Übungen für den Beckenboden, Physiotherapie und einem Herz-Kreislauf-Training. Ein Muss: Auch nach Abschluss des Programms dranbleiben! Daneben gibt es je nach Ursache weitere Behandlungsmöglichkeiten, medikamentöse wie auch mechanische.

Medikamente als Hilfe

Ärztinnen und Ärzte können sogenannte PDE-5-Hemmer verschreiben. „Sie sind eine super Möglichkeit, spontane Sexualität zu erleben“, sagt Sommer. Die Wirkstoffe blockieren das Enzym Phosphodiesterase-5 (PDE-5). Es baut einen Botenstoff ab, der wichtig für die Erweiterung der Gefäße im Penis und die Erektion ist. Ist der Stoff noch vorhanden, strömt mehr Blut ein. Mit den richtigen Reizen kann der Mann wieder eine Erektion bekommen und diese auch länger halten. Allerdings beheben die Tabletten nicht die Ursache des Problems.

PDE-5-Hemmer können zudem Neben- und Wechselwirkungen verursachen, vor allem wenn man bereits Medikamente gegen Bluthochdruck oder Durchblutungsstörungen einnimmt. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob und wann Sie nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall wieder PDE-5-Hemmer nehmen dürfen. „Ich verordne mindestens sechs Monate lang keine PDE-5-Hemmer“, berichtet Urologe Sommer aus seiner Praxis. Er rät außerdem, es ruhig angehen zu lassen: „Wer keine zwei Stockwerke zu Fuß schafft, sollte sich beim Sex besser nicht zu sehr verausgaben.“Wichtig: Wenn Sie Anzeichen eines Herzinfarktes bemerken, teilen Sie dem Notarzt unbedingt mit, dass Sie PDE-5-Hemmer nehmen – die vertragen sich nämlich nicht mit den Notfallmedikamenten. Nehmen Sie auf keinen Fall auf eigene Faust Potenzmittel ein. In Deutschland sind PDE-5-Hemmer verschreibungspflichtig, in anderen Ländern nicht. Vor einigen Jahren hat Frank Sommer alle Präparate untersucht, die sich ohne Rezept im Internet bestellen lassen: „In mehr als 80 Prozent der Fälle war nicht das drin, was draufstand.“ Die Dosis des enthaltenen Wirkstoffs war teilweise viel zu hoch.


Quellen:

  • Ponholzer A, Temml C, Obermayr R et al.: Is Erectile Dysfunction an Indicator for Increased Risk of Coronary Heart Disease and Stroke?. In: European Urology 20.06.2005, 48: 512-518
  • Prins J, Blanker M H, Bohnen A M et al. : Prevalence of erectile dysfunction, A systematic review of population-based studies. In: International journal of impotence research 19.12.2002, 14: 422-432
  • Kouidrat Y, Pizzol D, Cosco C et al. : High prevalence of erectile dysfunction in diabetes, A systematic review and meta-analysis of 145 studies. In: Diabetic Medicine 18.07.2017, 34: 1185-1192
  • Wiemer L, Bartelheimer T, Raschke R et al.: Erste Daten aus einer digitalen Gesundheits-App für Erektionsstörungen. In: Die Urologie 20.06.2022, 61: 971-981
  • Vidal MMI Germany GmbH: PDE-5-Hemmer , Wirkung, Dosierung, Neben- und Wechselwirkungen. Online: https://www.gelbe-liste.de/... (Abgerufen am 09.05.2023)