Logo der Apotheken Umschau

„Das Ziel ist tatsächlich die klassische Wurst, nicht zu hart, nicht zu weich.“ Diesen Ratschlag gibt Dr. Verena Girardet, Proktologin und Bauchchirurgin, allen, die wegen Analschmerzen zu ihr ins Enddarmzentrum München-Bavaria kommen. Denn diese haben auch häufig mit der richtigen Konsistenz des Stuhlgangs zu tun.

Das Thema ist stark tabubesetzt, man spricht nicht darüber wie über Kopf- und Rückenschmerzen. Dabei haben schätzungsweise 70 Prozent der Bevölkerung etwa Probleme mit Hämorriden. „Bitte einfach kommen!“, appelliert Girardet. „Anale Probleme können die Lebensqualität deutlich einschränken, über Jahre hinweg – nur, weil die Menschen sich nicht trauen zu kommen. Aber meistens können wir sehr gut helfen.“ Viele scheuen den Arztbesuch auch aus Angst vor einer schmerzhaften Untersuchung. Girardet beruhigt: „Wir behandeln individuell. Sind die Schmerzen groß, schaue ich erst mal nur von außen oder mache eine Untersuchung in Narkose.“

Egal, ob Fistel oder Ekzem - immer gilt: ärztliche Hilfe suchen und sich beraten lassen.

Fissur

Das Problem: Riss in der Haut oder Schleimhaut des Afters

Symptome: Starke, stechende Schmerzen, besonders während des Stuhlgangs, da am After viele Nerven enden. Manchmal wenig, eher helles Blut auf dem Toilettenpapier oder auf dem Stuhlgang.

Wie kommt das? Bei zu festem Stuhlgang oder zu starkem Pressen reißt die Haut am After ein wenig ein. Bleibt der Stuhlgang fest, wird der Riss jedes Mal aufgedehnt.

Was kann ich tun? Auf geformten, aber weichen Stuhlgang achten und den Toilettengang nicht hinauszögern (siehe Kasten r.). Eventuell kommen schmerzstillende oder den Schließmuskel entspannende Salben zum Einsatz (ärztliche Verordnung). Sitzbäder mit Kamille, Eichenrinde oder Schwarztee können ebenfalls helfen.

Ekzem

Das Problem: wunde Haut in der Aftergegend

Symptome: Jucken, Nässen, punktuelle Hautblutungen

Wie kommt das? Bei besonders weichem, flüssigem Stuhlgang oder wenn der Schließmuskel nicht mehr komplett dicht ist, gelangt immer ein wenig Stuhl nach draußen, was die Haut reizt und anfälliger für Keime macht. Auch intensives Putzen bei sehr weichem Stuhlgang führt oft zu Hautirritation.

Was kann ich tun? Verlieren Sie ungewollt Stuhlgang, sollten Sie sich ärztlich beraten lassen. Tritt das Ekzem zum Beispiel nach einer Durchfallerkrankung auf, am besten sehr sanft reinigen: (wenn möglich) lauwarmes Wasser und weiches, farbloses, unparfümiertes (trockenes!) Toilettenpapier benutzen. Ist der Ausschlag besonders empfindlich, kann man auch trockenfönen.

Abszess

Das Problem: Eiteransammlung in der Aftergegend, direkt unter der Haut oder innen am Analkanal

Symptome: rote, heiße, schmerzende Schwellung. Krankheitsgefühl, eventuell Fieber

Wie kommt das? Spezielle Drüsen direkt am Analkanal verstopfen und entzünden sich.

Was kann ich tun? Gleich zum Arzt. Ein Abszess muss immer behandelt werden (meist unter Narkose), damit es nicht zu Komplikationen wie einer Blutvergiftung kommt. Auch Verbindungsgänge (Fisteln) werden dann entdeckt. Diese müssen gesondert behandelt werden, sonst kommt der Abszess immer wieder.

Venenthrombose

Das Problem: kleine, verstopfte Vene in der Analregion

Symptome: kirschkern- bis kirschgroße rötlich-lila verfärbte Schwellung direkt am After, kann bei Berührung stark schmerzen. Platzt die kleine Vene, blutet es (meist kurz).

Wie kommt das? Bei hohem Druck wie bei starkem Pressen auf der Toilette entstehen kleine Blutgerinnsel und verstopfen die Venen am After.

Was kann ich tun? Geduld haben, die Thrombose verschwindet meist von allein. Bis dahin: Stuhl weich halten und entlasten, etwa Schwimmring als Unterlage beim Sitzen verwenden. Der Arzt kann abschwellende Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac verschreiben.

Vergrößerte Hämorriden

Das Problem: Gefäßpolster, die den Analkanal abdichten, vergrößern sich und fallen (spontan oder bei Druck) nach außen. Es werden verschiedene Grade von Hämorridalleiden unterschieden.

Symptome: Ein weiches Geschwulst ist außerhalb des Analkanals spürbar. Das geht oft mit Hautirritationen wie Jucken und Brennen, leichten Blutungen und Schmerzen einher.

Wie kommt das? Unklar. Diskutiert werden verstärkte Durchblutung und Bindegewebsschwäche.

Was kann ich tun? Auf geformten, nicht zu harten Stuhlgang achten. Nicht zu lange auf der Toilette sitzen, nicht pressen. Übergewicht abbauen.

Drei WC-Regeln

Wie Sie für regelmäßigen Stuhlgang sorgen und Analproblemen vorbeugen

1 Richtig essen

Die Ernährung beeinflusst stark, wie der Stuhlgang beschaffen ist. Am besten ist geformter, nicht zu harter Stuhlgang. Das erreicht man am besten mit ausreichend Ballaststoffen und vor allem genügend Flüssigkeit.

2 Richtig abführen

Stuhlgang nicht forciert hinausdrücken oder auf der Toilette verharren, bis er endlich kommt. Beides kann auf Dauer der Kontinenz schaden. Am besten warten, bis man einen deutlichen Stuhldrang verspürt und dann erst die Toilette aufsuchen. Nicht lange sitzen bleiben, das fördert Hämorriden. Lieber die Zeitung oder das Handy gar nicht erst mit auf die Toilette nehmen.

3 Richtig reinigen

Weiches (weißes) Toilettenpapier ohne Parfum und Farbstoffe schont die empfindliche Haut am After. Noch sanfter ist Wasser, etwa im Bidet. Achtung: Gekauftes feuchtes Toilettenpapier reizt die Haut zusätzlich. Auf parfümierte Produkte am After am besten verzichten.


Quellen:

  • Amboss: Hämorrhoiden und Hämorrhoidalleiden. Online: https://www.amboss.com/... (Abgerufen am 20.12.2022)
  • Marti, L., Post, S., Herold, A. et al.: S3-Leitlinie: Analfissur. In: oloproctology 01.01.2022, 42: 90-196
  • Amboss: Analabszess und Analfistel. Online: https://www.amboss.com/... (Abgerufen am 20.12.2022)
  • Amboss: Analfissur. Online: https://www.amboss.com/... (Abgerufen am 20.12.2022)
  • Foxx-Orenstein AE, Umar SB, Crowell MD: Common anorectal disorders. In: Gastroenterol Hepatol 01.05.2014, 10: 294-301