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Vor bald 30 Jahren veröffentlichten Forscher in den USA eine spannende Entdeckung: Manche Fadenwürmer lebten doppelt so lange wie ihre Artgenossen. Die Tiere hatten eine Veränderung in einer bestimmten Erbanlage. Fast zeitgleich publizierten Forscher in Frankreich eine interessante Erkenntnis an 100-Jährigen: In ihrem Erbgut fand sich auffällig häufig eine zweite Erbanlage in einer bestimmten Variante.

Günstige Genvarianten

„Diese zwei Erbanlagen könnte man als menschliche Methusalem-Gene bezeichnen“, sagt Dr. Joris Deelen, Leiter einer Forschergruppe am Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln. Denn inzwischen belegen viele Studien: Diese zwei Erbanlagen erhöhen die Chancen auf ein langes Leben. Sie tragen die Kürzel ApoE und FoxO3.

ApoE spielt unter anderem eine wichtige Rolle im Fettstoffwechsel. Nach seinem Bauplan entsteht das Eiweiß Apolipoprotein E. Es transportiert Fette wie Cholesterin und Triglyceride durch das Blut. Menschen mit Variante 2 von ApoE haben eine erhöhte Chance, sehr lange zu leben. „Apolipoprotein 2 schützt zu einem gewissen Grad vor Herz- und Gefäß-Erkrankungen und vor Alzheimer-Demenz“, erläutert Deelen.

Schutz vor Alzheimer

Das Gen FoxO3 enthält den Bauplan für ein Eiweiß, das ein wichtiger molekularer Schalter in den meisten tierischen Lebewesen ist: Das gilt für Fadenwürmer ebenso wie für uns Menschen. Das Eiweiß FoxO3 reguliert die Aktivität zahlreicher weiterer Gene.

Menschen, die eine bestimmte FoxO3-Variante geerbt haben, profitieren ebenfalls von einem gewissen Schutzeffekt vor Gefäßleiden und darüber hinaus vor Krebs.

„Die genannten günstigen Gene schützen vor Krankheiten, die häufig im höheren Alter auftreten, und erhöhen auf diese Weise die Chance auf ein längeres Leben“, bilanziert Deelen die vorliegenden Ergebnisse.

Allerdings: Auch Träger dieser günstigen Erbanlagen sind vor diesen Krankheiten nicht gefeit. Sie treten nur seltener auf. Die Gen-Varianten sind auch kein Garant für ein langes Leben. Umgekehrt haben längst nicht alle 100-Jährigen diese vorteilhaften Gene. Generell beeinflusst das Erbgut unsere Lebensspanne allenfalls zu zehn Prozent. Das zeigen Analysen unter Verwandten. Die Umwelt und der Lebensstil spielen eine viel wichtigere Rolle. Das untermauern Feldstudien in Regionen, wo besonders viele Menschen ihren 100sten Geburtstag erleben dürfen.


Quellen:

  • Raichlen DA, Alexander GE : Exercise, APOE genotype, and the evolution of the human lifespan.. In: Trends Neurosci: 01.05.2014, https://doi.org/...
  • Sebastiani P, Gurinovich A, Nygaard M, et al. : APOE Alleles and Extreme Human Longevity. In: J Gerontol A Biol Sci Med Sci.: 01.01.2019, https://doi.org/...
  • Ruby JG, Wright KM, Rand KA et al.: Estimates of the Heritability of Human Longevity Are Substantially Inflated due to Assortative Mating. In: Genetics: 01.11.2018, https://doi.org/...
  • Deelen J, Evans DS, Arking DE et al.: A meta-analysis of genome-wide association studies identifies multiple longevity genes. In: Nat. Commun.: 14.08.2019, https://doi.org/...
  • Zhao Y, Liu YS: Longevity Factor FOXO3: A Key Regulator in Aging-Related Vascular Diseases. In: Front Cardiovasc Med.: 23.12.2021, https://doi.org/...