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Eine 80-Jährige ruft ihren Sohn an. Sie berichtet, dass ihr schon den ganzen Tag übel sei. Die Seniorin muss erbrechen. Sie denkt, sie habe sich den Magen verdorben. Der Sohn hingegen ist alarmiert und ruft sofort den Notarzt. Dieser stellt einen Herzinfarkt fest. Das Beispiel zeigt, dass ein Infarkt nicht unbedingt mit dem typischen Brustschmerz einhergehen muss. Gerade bei Frauen kann es öfter vorkommen, dass der Brustschmerz, der oft bis in den – meist linken – Arm ausstrahlt, fehlt und nur Beschwerden wie Übelkeit, Schweißausbruch, Blässe, Kreislaufprobleme oder Atemnot im Vordergrund stehen.

Sofort an das Herz denken

Frauen sollten deshalb besonders vorsichtig sein, wenn sie solche plötzlich auftretenden Warnzeichen bemerken. Ganz besonders, wenn das persönliche Risiko für einen Herzinfarkt ohnehin erhöht ist, zum Beispiel durch Bluthochdruck, erhöhtes Cholesterin oder Diabetes, Aber auch bei Männern beziehungsweise generell bei älteren Menschen und auch Diabetikern kann es vorkommen, dass der Brustschmerz komplett fehlt und die bereits genannten Symptome im Vordergrund stehen, sagt Professorin Christiane Tiefenbacher, Chefärztin der Klinik für Kardiologie am Marien-Hospital Wesel. Manche Betroffene berichten statt vom typischen Brustschmerz von starken Schmerzen im Oberbauch, Rücken oder zwischen den Schulterblättern. Auch in diesen Fällen sollte man keine Zeit verlieren und sofort den Notarzt rufen. Überdies macht nicht jeder Herzinfarkt den typischen Brustschmerz – Schmerzen können zum Beispiel bei einem Hinterwandinfarkt auch andere Körperregionen betreffen.

Wie wichtig es ist, auf mögliche Anzeichen zu achten, zeigen aktuelle Zahlen: So sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen hierzulande noch immer die häufigste Todesursache. Jedes Jahr sterben daran fast 340 000 Menschen. Allein im Jahr 2020 erlitten mehr als 18 000 Frauen einen tödlichen Herzinfarkt. Das Risiko für Gefäßverkalkungen steigt ab etwa 50 Jahren an. Obwohl Frauen insgesamt seltener einen Herzinfarkt bekommen als Männer, ist die Überlebenschance bei ihnen geringer. Einer der Gründe: Frauen kommen im Schnitt später in die Behandlung. „Die höhere Sterblichkeit bei Frauen hat nicht mit der Behandlung an sich zu tun, sondern liegt am Zeitpunkt“, bestätigt auch Kardiologin Christiane Tiefenbacher. Im Schnitt dauert es bei Frauen über 65 Jahren viereinhalb Stunden, bis sie nach einem Herzinfarkt in der Not­aufnahme behandelt werden – eine Stunde später als Männer.

Das Problem: Gerade Frauen warten in vielen Fällen erst einmal ab, bevor sie sich Hilfe holen. Sie vermuten eher den bereits genannten Magen-Darm-Infekt oder allgemeine Schwäche und legen sich zum Beispiel mit einer Tasse Tee ins Bett, statt das Herz in Betracht zu ziehen. Das kann fatale Folgen haben, denn je länger eine Infarktpatientin nicht behandelt wird, desto größer ist das Risiko, tödliche Herzrhythmusstörungen oder eine dauerhafte Herzschwäche zu entwickeln. Deshalb sei es auch so wichtig, dass die Beschwerden der Patientinnen ernst genommen würden, so die Expertin.

Keine Zeit verlieren

Auch für Angehörige ist es enorm wichtig, schnell zu reagieren und sofort den Notarzt zu rufen, wenn sie bei jemandem Warnzeichen bemerken, die auf einen Infarkt hindeuten können. Bis Hilfe eintrifft, sollte man die Patientin beruhigen und bequem mit erhöhtem Oberkörper lagern. Wenn möglich: Fenster öffnen und Sauerstoff hereinlassen. Erleidet die Betroffene einen Herz-Kreislauf-Stillstand, muss man sofort mit der Wiederbelebung beginnen. Ist man unsicher, kann man das Telefon auf laut stellen und sich vom Rettungs-
assistenten in der Leitstelle anleiten lassen. Kardiologin Tiefenbacher: „Je schneller die medizinische Versorgung beginnt, desto besser.“


Quellen:

  • Schumacher B: Herzinfarkt-Symptome im Alter öfter atypisch. https://www.aerztezeitung.de/... (Abgerufen am 07.09.2022)
  • Destatis Statistisches Bundesamt: Todesursachenstatistik 2020: Zahl der Todesfälle um 4,9 % gestiegen. https://www.destatis.de/... (Abgerufen am 06.09.2022)
  • Deutsches Ärzteblatt: Studie: Frauen sterben in Deutschland deutlich häufiger an einem Herzinfarkt. https://www.aerzteblatt.de/... (Abgerufen am 08.09.2022)
  • Deutsche Herzstiftung: Herzschwäche-Risiko bei Frauen, Was weibliche Herzen anfällig macht. https://www.herzstiftung.de/... (Abgerufen am 14.09.2022)
  • Deutsche Herzstiftung: Herzinfarkt bei Frauen: Bauchschmerzen können ein Warnzeichen sein, Herzexpertin: Bei diesen Herzinfarkt-Symptomen sollten Frauen aufmerksam sein. https://www.herzstiftung.de/... (Abgerufen am 29.09.2022)
  • Ärztezeitung: Warum kommen ältere Frauen mit Herzinfarkt erst spät in die Klinik?. https://www.aerztezeitung.de/... (Abgerufen am 26.09.2022)