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Eins steht leider fest: Selbstständige und Freiberuf­lerinnen, die schwanger werden, sind nicht so gut abgesichert wie Angestellte. Denn für sie gilt das Arbeitsschutzgesetz nicht, wonach Schwangere etwa vor schwerer körperlicher Arbeit geschützt werden müssen. Auch einen Anspruch auf Mutterschutz und Elternzeit haben nur Angestellte. Sie erhalten in den Wochen vor und nach der Geburt ein vom Gehalt abhängiges Mutterschaftsgeld. Selbstständige bekommen in dieser Zeit nur die Kassenzahlung von 13 Euro pro Tag – vorausgesetzt, sie sind freiwillig gesetzlich versichert.

Beim Elterngeld herrscht auf den ersten Blick Gleichberechtigung. Trotzdem gibt es Unterschiede: Selbstständige haben zwar mehr Gestaltungsmöglichkeiten, müssen dafür aber auch mehr Fallstricke fürchten. Und: Wie Selbstständige arbeiten und was ihnen zusteht, ist unterschiedlich. Unsere Expertinnen Bettina Trojan und Ann-­Kathrin Schlarb beraten zu diesen Themen – sie geben auf den folgenden Seiten Tipps für Selbstständige und Freiberuflerinnen.

1. Die Chefin eines
kleinen Unternehmens

Die Höhe des Elterngeldes für Unternehmerinnen bemisst sich an dem Unterschied zwischen dem Einkommen vor und nach der Geburt. Dieser Unterschied kann natürlich stark variieren. Mehr als 1800 Euro Elterngeld pro Monat können Unternehme­rinnen trotzdem nicht bekom­men: Das Einkommen vor der Geburt wird nämlich nur bis zu einer Höchstgrenze von 2770 Euro monatlich berücksichtigt. Liegt das Einkommen nach der Geburt nur ein paar hundert Euro unter dieser Grenze, sinkt das Elterngeld auf den Mindestsatz von 300 Euro pro Monat. Diesen Satz bekommen auch Studentinnen oder Arbeitslose.

Für Selbstständige ist das riskant. Denn eine Unternehmerin – selbst wenn sie nur einen kleinen Laden mit einer angestellten Verkäuferin betreibt – macht auch dann Gewinne, wenn sie nicht arbeitet. „Der Zufluss aus Gewinnen lässt sich oft gar nicht oder nur schwer steuern“, sagt Anwältin Bettina Trojan aus Köln. Unternehmerinnen sollten deshalb fachliche Beratung in Anspruch nehmen, um die günstigste Konstellation herauszufinden. Wer sich selbst als Geschäftsführerin anstellt, könne das Problem umschiffen, sagt Volljuristin Ann-Kathrin Schlarb aus Erfurt. „Man senkt dann die eigene Arbeitszeit auf ein bis zwei Wochenstunden, reduziert das Gehalt entsprechend und hat nur geringe Kürzungen beim Elterngeld.“ Wichtig: rechtzeitig planen. Ein Geschäftsführer­vertrag, der erst während der Schwangerschaft abgeschlossen wird, werde von der Elterngeldstelle höchstwahrscheinlich nicht akzeptiert, sagt Ann-Kathrin Schlarb.

Gut zu wissen: Alle Gewinne müssen während des Elterngeldbezugs im Unternehmen bleiben. „Auch dies muss rechtlich genau geregelt werden“, gibt Bettina Trojan zu bedenken. Die hohen Kosten, die bei Unternehmerin­nen zum Beispiel für Räumlichkeiten, Maschinen oder Fahrzeuge weiter anfallen, werden beim Elterngeld jedoch nicht berücksichtigt. „Selbst der Elterngeld-Höchstsatz geht häufig komplett für betriebliche Fixkosten drauf, sodass für den Lebensunterhalt nichts übrig bleibt“, kritisiert Schlarb.

2. Die Freiberuflerin

Die Höhe des Elterngeldes richtet sich bei Selbstständigen nach dem Gewinn (abzüglich Steuern) aus dem Kalenderjahr vor der Geburt. Nicht wie bei Angestellten nach dem Einkommen der zwölf Monate vor der Geburt. Da gerade in den Anfangsjahren einer Selbstständigkeit die Gewinne meist wachsen, kann diese Regelung zum Nachteil werden. Dann ist das geringere ­Einkommen die Grundlage für das Elterngeld, obwohl die Schwangere vor der Geburt besser verdient hat.

Freiberuflerinnen sollten wissen: Einnah­men, die während des Elterngeldbezugs auf dem Konto eingehen, werden auf das Elterngeld angerechnet. Das fällt dann entweder geringer aus oder die Freiberuflerin kann sogar in den Mindestsatz rutschen. Wer kein bilanzpflichtiges Unternehmen führt, hat aber Handlungsspielraum, denn es gilt das Zuflussprinzip: Wichtig ist, wann die Arbeit bezahlt wird – nicht, wann sie geleistet wurde. Freiberuflerinnen haben so etwa die Möglichkeit, für Monate, in denen sie ein hohes Honorar erwarten, kein Elterngeld zu beantragen. Oder die Rechnung so zu stellen, dass das Honorar vor oder nach dem Elterngeld-Zeitraum eingeht.

3. Die Flexible

So manche Angestellte, die nebenher an der Volkshochschule unterrichtet oder bei Hochzeiten als DJane auflegt, fällt bei der ­Beantragung des Elterngeldes aus allen Wolken: Hat sie mit der selbstständigen Tätigkeit im Monatsdurchschnitt mehr als 35 Euro verdient, gilt sie nach dem Elterngeldgesetz als Selbstständige. Egal, wie hoch ihr Angestelltengehalt ist. Für die Berechnung des Elterngeldes zählen immer alle Arbeitseinkünfte. Aber es kann auch im Fall der „unfreiwilligen Selbstständigen“ einen großen Unterschied machen, ob die zwölf Monate vor der Geburt oder das Kalenderjahr davor die Grundlage für die Berechnung bilden.

„Eine junge Krankenhausärztin, die nebenher ein paar Einsätze im Notarztwagen gefahren ist, stellt unter Umständen fest, dass ihr Elterngeld auf Basis ihrer Einkünfte aus dem letzten Studienjahr ­berechnet wird. Statt des ­erwarteten Höchstsatzes bekommt sie den Mindestsatz“, sagt Bettina Trojan.

Frauen mit Kinderwunsch sollten sich deshalb der möglichen Auswir­kun­gen bewusst sein. Dass man so schnell zu den Selbstständigen gezählt wird, kann für angestellte Mütter, die ein zweites Kind planen, auch ein Vorteil sein: Nehmen sie eine selbstständige Tätigkeit auf, können sie den Zeitraum, auf dessen Grundlage das Elterngeld für das zweite Kind berechnet wird, in das Kalenderjahr vor der Geburt des ersten Kindes verschieben. Haben sie damals mehr verdient, gibt es auch mehr Elterngeld. Wird eine Mutter doch erst schwanger, während sie wieder voll als Angestellte arbeitet, könnte die Tätigkeit als Selbstständige den Bemessungszeitraum aber ins „falsche Jahr“ verschieben – und das Elterngeld drastisch schmälern. Auch wenn man an alles denkt: Manche Dinge lassen sich dann doch nicht planen.


Quellen: