Große, weite Welt, ich komme!
Spontane und abenteuerliche Trips waren genau mein Ding. Bis zu dem Moment, als ich die Diagnose Typ-1-Diabetes erhielt. Ich war damals 22 Jahre alt und reisetechnisch nicht zu stoppen. Die Erkrankung stellte mein Leben komplett auf den Kopf, nicht nur Alltag und Beruf. Auch auf meine große Leidenschaft, das Reisen, hatte sie enormen Einfluss. Doch als ich mit meinem Diabetes immer sicherer wurde, erkannte ich, dass ich mich gar nicht so sehr einschränken muss, wie ich anfangs befürchtet hatte. So konnte mich der Diabetes auch nicht davon abhalten, mit meinem Mann 2019 eine sechsmonatige Weltreise durch 17 Länder auf fünf Kontinenten zu machen. Frei nach dem Motto: Nicht der Diabetes bestimmt über mein Leben, sondern ich lebe mit dem Diabetes!
Vorbereitung ist alles
Je nach Reiseziel erkundige ich mich vor jedem Trip über die medizinische Versorgung vor Ort. Gut gefahren bin ich dabei immer mit dem Lieferanten für Diabetes-Zubehör. Der konnte mir schon oft weiterhelfen, wenn ich wissen wollte, ob etwa Glukosesensoren, Pumpe oder auch Insulin an meinem Urlaubsort verfügbar sind. Zusätzlich habe ich immer ein Back-up dabei. Für den Fall, dass die Pumpe mal streikt. Das ist mir auf Tahiti passiert. Das Gerät zeigte plötzlich eine Fehlermeldung, die sich nicht beheben ließ. Zum Glück hatte ich genügend Einmal-Pens dabei und konnte diese Herausforderung innerhalb weniger Tage meistern.
Damit man genügend Insulin, Sensoren, Teststreifen und alles Weitere dabeihat, ist es sehr wichtig, sich rechtzeitig alle Rezepte und Medikamente für die Reise zu besorgen. Bei Flugreisen braucht es daneben noch eine aktuelle Bescheinigung über das Mitführen von Medikamenten. Die muss man sich vom Arzt ausstellen lassen. Ob weitere Formulare notwendig sind, weiß das Auswärtige Amt (www.auswaertiges-amt.de). Auch eine Übersetzungshilfe in der jeweiligen Landessprache ist für Notfälle hilfreich.
Voll nervig: das Packen
Eine Reise mit nur kleinem Handgepäck ist für mich seit der Diabetes-Diagnose nicht mehr möglich. Im Gegenteil: Mein Koffer platzt meist aus allen Nähten. Und durch mein ganzes Diabetes-Equipment ist der Platz fürs Wesentliche (Klamotten!) sehr beschränkt. Ich nehme nicht nur den Diabetes-Bedarf für die geplante Reisezeit mit, sondern immer die eineinhalb- bis zweifache Menge. Einfach um bei schnell ablösenden Pflastern, erhöhtem Insulinbedarf oder auch stornierten Flügen nicht in Panik zu verfallen. Diabetes-Back-up für mehrere Tage gehört auch ins Handgepäck! Schließlich kann es ja sein, dass man aus dem Flieger steigt und der Koffer noch nicht da ist — oder erst mal weg.
Egal ob Winterferien, Sommerreise, Aktiv- oder Chill-Urlaub: Je nachdem, was das Herz gerade begehrt — alles ist drin. Auch mit Diabetes. Selbst abgelegene Orte kann man mit guter Planung und ein wenig Erfahrung bereisen. So habe ich zum Beispiel die Salzwüste in Bolivien mit einem Jeep in drei Tagen durchquert. Dort gibt es keine Straßen, Supermärkte oder medizinische Versorgung, nur ein paar Hütten zum Übernachten. Es war ein einmaliges Erlebnis! Über unsere Reisen schreiben mein Mann Florian und ich auf unserem Blog
www.2travel.de.
Und egal, wo wir sind: Ich habe gelernt, meinen Insulinbedarf anzupassen. Im Wanderurlaub zum Beispiel muss ich die Insulin-Dosis reduzieren. Bei einem All-inclusive-Urlaub brauche ich dagegen mehr. Auch das Klima spielt eine große Rolle: Jeder Körper reagiert anders auf Wärme oder auch Kälte. Ebenso führen kulinarische Unterschiede und unbekanntes Essen schon mal zu Blutzuckerschwankungen: Nie hätte ich gedacht, dass Kokosnusswasser so viele Kohlenhydrate hat. Die Sichtbarkeit meines Sensors oder meiner Insulinpumpe am Strand, beim Sightseeing oder während sportlicher Aktivitäten waren schon öfter ein Eisbrecher. Besonders lustig fand ich Spekulationen über mein „Raucher-Pflaster“ und den „Ortungssender“ meines Mannes.
Abenteuer Familie
Ich habe mich daran gewöhnt, dass nicht immer alles glattläuft, gerade am Flughafen. Es gab Diskussionen über meinen Sensor, unnötiges, mehrmaliges Kopieren aller Unterlagen und damit verbundene längere Wartezeit oder „Extra-Boarding“. Auch die Pen-Nadeln wurden schon mal nachgezählt.
Seit der Geburt unseres Kindes 2021 trage ich die Verantwortung beim Reisen nun nicht mehr nur für mich. Auch die Planung ist komplexer. Aber die unvergesslichen Familienmomente sind unbezahlbar. Sie überwiegen bei Weitem die Herausforderungen, die der Diabetes mit sich bringt.
Weitere nützliche Tipps & Tricks
• Bei Hitze oder Sport Fixier-Pflaster für den Sensor verwenden, um die Haftfähigkeit zu erhöhen
• Bei Bootsausflügen oder Tauchtrips flüssigen Traubenzucker mitnehmen
• Kühltasche für Insulin, notfalls: Thermoskanne oder Waschlappen
• Rucksack oder Koffer mit separater Öffnung für leichtere Handhabung der Diabetes-Utensilien
Quellen:
- Rätzer F, Rätzer M: 2travel. Online: https://2travel.de (Abgerufen am 07.02.2024)
- diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe e.V.: Reise-Checkliste. Online: https://www.diabetesde.org/... (Abgerufen am 06.02.2024)