Logo der Apotheken Umschau

Endlich bekam sie eine Erklärung für all ihre Beschwerden: Daniela Klein empfand die Diagnose polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS) fast schon als Erleichterung. Dabei war der Grund, warum sie beim Frauenarzt war, sehr belastend: Sie wurde einfach nicht schwanger. PCOS ist eine Hormonstörung, bei der es zu einem Überschuss an männlichen Hormonen kommt. Etwa sechs bis 13 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter sind betroffen. Für die Diagnose spielen unter anderem diese Anzeichen eine Rolle: ein unregelmäßiger Zyklus sowie Zysten in den Eierstöcken (Ovarien), die eigentlich unreife Eizellen sind. Betroffene Frauen leiden oft unter unerfülltem Kinderwunsch. Es können Akne, vermehrte Körperbehaarung oder auch Haarausfall an den für Männer typischen Stellen auftreten. Die Mehrheit kämpft zudem mit Übergewicht. Damit einher geht oft Typ-2-Diabetes. Auch Daniela Klein versuchte schon als Teenagerin, ihr Gewicht in den Griff zu bekommen: „Das war wirklich zum Verzweifeln“, erinnert sie sich. Trotz aller Anstrengungen nahm sie stetig zu.

Kampf gegen das Gewicht

Heute weiß sie, dass ihr Stoffwechsel gestört ist. Dabei tritt häufig eine Insulinresistenz auf. Die Körperzellen reagieren nicht mehr so empfindlich auf das Hormon Insulin. Es steigt dadurch im Blut weiter an. Das fördert nicht nur Übergewicht, sondern auch die Bildung männlicher Hormone, was die PCOS-typischen Symptome weiter verstärkt. Außerdem steigt das Risiko für Typ-2-Diabetes durch das fortschreitende Abstumpfen der Körperzellen auf Insulin. Abnehmen ist für die Betroffenen besonders schwierig: „PCO-Syndrom und Diabetes sind da gleich zwei Gegner“, sagt Prof. Dr. Susanne Reger-Tan, Leiterin des Diabeteszentrums, Abteilung Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel, am Universitäts­klinikum Essen. Daniela Klein bekam mit Anfang 40 die Diagnose Typ-2-Diabetes.

Blutzucker im Blick

„Liegt ein PCO-Syndrom vor, sollten betroffene Frauen aufgeklärt werden, dass sie durch ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung im Alltag den gestörten Hormon- und Stoffwechselhaushalt positiv beeinflussen“, sagt Reger-Tan. Die Zuckerwerte von Daniela Klein sind heute unter Kontrolle. Die 44-Jährige trägt einen Glukosesensor am Arm. So behält sie ihren Blutzucker im Blick und kann gegensteuern, wenn die Werte zu stark steigen oder fallen. Insulin spritzen muss sie nicht, zu ihrer Behandlung gehören aber Glukosesenker in Tablettenform. Außerdem hat sie eine Magen-Bypass-OP hinter sich und hat es so von 150 Kilo auf heute 68 Kilo Körpergewicht geschafft. „Es war ein langer Weg“, sagt sie.

Beschwerden individuell behandeln

Das PCO-Syndrom lässt sich bislang nicht heilen. Stattdessen werden individuell die Beschwerden behandelt, die die Frauen am meisten belasten. „Das eine Allheilmittel gibt es bislang nicht“, sagt die Endokrinologin Dr. Katrin Ritzel, Oberärztin am Ludwig-Maximi­lians-Universitätsklinikum in München. Besteht kein Kinderwunsch, wird häufig eine Antibabypille verschrieben, um den Zyklus und den Hormonhaushalt zu stabilisieren. Auch Daniela Klein nahm sie in ihrer Jugend. „Ich hatte nie eine regelmäßige Monatsblutung“, erinnert sie sich. Dass es sich dabei um ein Symptom des PCO-Syndroms handelte, ­ahnte sie nicht. Doch als sie die Pille absetzte, wurde sie wie viele andere Betroffene einfach nicht schwanger.

Ihr Sohn ist für Daniela ein Wunder

Ihr Frauenarzt bot ihr ein Medikament an, das den Eisprung anregt. „Ich habe mich dagegen entschieden“, sagt sie. Aus Angst vor einer Mehrlingsschwangerschaft, die dadurch nachweislich begünstigt wird. Erst nach einem Praxiswechsel erkannte ihr Gynäkologe den Grund für den unerfüllten Kinderwunsch: PCOS. Sie bekam Metformin, um die Insulinwirkung zu verbessern und die Menstruationsstörungen zu be­handeln. „Ein verbesserter Stoffwechsel begünstigt den Eisprung“, sagt Katrin Ritzel. Und tatsächlich: Nach zwei Jahren wurde Daniela Klein schwanger. Ihr Sohn ist heute 16 Jahre alt. „Für mich war das ein Wunder“, sagt sie. „Natürlich können Frauen mit PCO-Syndrom Kinder bekommen“, macht Ärztin Ritzel auch anderen Hoffnung. Falls es ohne Hilfe nicht klappt, sollten sich Betroffene bei ­ihrem Gynäkologen oder ihrer Endokrinologin beraten lassen und mit diesen nach passenden Behandlungsmethoden suchen.


Quellen:

  • Keck, Christoph et al.: Das Syndrom der polyzystischen Ovarien. In: Thieme: 01.01.2011, https://doi.org/...
  • Leitlinie: The Monash Centre for Health Research and Implementation (MCHRI): International evidence-based guideline for the assessment and management of polycystic ovary syndrome 2023 – Summary. Leitlinie: 2023. online: https://www.monash.edu/... (Abgerufen am 05.12.2023)

  • Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie: Antidiabetikum Metformin steigert körpereigene Krebsabwehr. https://www.endokrinologie.net/... (Abgerufen am 05.12.2023)
  • Frauenärzte im Netz et al.: Polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS) geht oft mit Typ-2-Diabetes einher. Online: https://www.frauenaerzte-im-netz.de/... (Abgerufen am 08.12.2023)
  • Medizinische Klinik IV, Campus Innenstadt: Ziemssenstraße, München: PCO-Syndrom. Online: https://www.lmu-klinikum.de/... (Abgerufen am 08.12.2023)
  • Hahn, Susanne et al.: Informationen zum PCOS. Online: https://www.pcos-selbsthilfe.org/... (Abgerufen am 08.12.2023)
  • Neven A et al.: A Summary on Polycystic Ovary Syndrome: Diagnostic Criteria, Prevalence, Clinical Manifestations, and Management According to the Latest International Guidelines. In: online 01.01.2018, 1: 1