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Bis zur richtigen ­Diagnose ­hat es bei Markus ­Gahlen* etwas länger gedauert. Zunächst war bei dem 52-Jährigen aus Velen im Münsterland aufgrund hoher Blut­zuckerwerte ein Diabetes Typ 2 diagnostiziert worden und er nahm deswegen Metformin. Doch trotz des Blutzuckersenkers besserten sich die Werte des IT-Architekten nicht.

Ein Blick in Markus Gahlens Familienstammbaum zeigte: Mütterlicherseits finden sich zwar einige Fälle von ­Diabetes. Doch keines der bislang mit Typ-2-Diabetes diagnostizierten Familienmitglieder hat Übergewicht. „Da kam der Verdacht auf, dass es vielleicht doch nicht Typ-2-Diabetes ist und Metformin auch nicht das richtige ­Medikament“, so Gahlen. ­Ein Typ-1-Diabetes wurde bei ihm ­ausgeschlossen: In seinem Blut ­konnten keine Antikörper ­gegen insulinproduzierende Beta­zellen nachgewiesen werden. Wohl aber ein bestimmter Gendefekt, der dann — rund sieben Monate nach der ersten Diagnose — bei dem damals 47-Jährigen endlich in die richtige Richtung wies: MODY.

Dieses Beispiel zeigt: Diese recht seltene Form wird häufig erst spät erkannt und oft mit Typ-1- oder Typ-2-Diabetes verwechselt. Auch hier ist der Blut­zucker erhöht, nur häufig nicht so stark. Meist ist jedoch eine andere Behandlung erforderlich als bei Typ 1 und 2. „MODY“ steht für „Maturity-onset diabetes of the young“, zu Deutsch: „Erwachsenendiabetes, der bei Jugendlichen auftritt“. In etwa 60 Prozent der Fälle wird MODY im Alter von unter 25 Jahren festgestellt. Schätzungen zufolge sind ein bis fünf Prozent der Diabetes­erkrankungen bei jungen Menschen ein MODY.

Ein einzelnes Gen ist die Ursache

Bei der seltenen Form von Diabetes sorgt der Defekt eines einzelnen Gens dafür, dass die Betazellen der Bauchspeicheldrüse weniger Insulin freisetzen. Die Erkrankung ist erblich. Auch Gahlen hat den MODY-Diabetes an zwei seiner Töchter weitergegeben. Endgültige Gewissheit bringt die Untersuchung einer Blutprobe auf genetische Defekte. Je nach betroffenem Gen werden verschiedene Formen von MODY (siehe Kasten unten) ­unterschieden.

Sie alle haben gemeinsam: Die Erkrankung startet schleichend und ­zumindest zu Beginn ist keine ­Therapie mit Insulin nötig. Bei ­einigen ­Formen, etwa dem HNF1A-MODY, auch MODY 3 genannt, können durch den erhöhten Blutzuckerspiegel ­Begleit- und Folgeerkrankungen auftreten, die für Diabetes typisch sind.

Die Therapie richtet sich nach der ­MODY-Form. Eine der häufigsten Varianten ist der GCK-MODY (MODY 2). „Bei dieser Form wird erst bei höheren Blutzuckerwerten Insulin ausgeschüttet“, sagt der Kinderendokrinologe und ­-diabetologe Prof. Klemens Raile, Chef­arzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Vivantes Klinikum Neukölln. Betroffene haben daher ein Leben lang nur leicht erhöhte Blutzuckerwerte. „In der Regel muss diese Form nicht mit Medikamenten ­behandelt werden und es drohen keine Folgeerkrankungen.“

Zu wenig Insulin dagegen produzieren die Betroffenen beim ebenfalls häufigen ­HNF1A-MODY (MODY 3). „Diese Patienten lassen sich gut mit blutzuckersenkenden Medikamenten behandeln“, so Raile. Eine Insulintherapie sei teilweise erst nach vielen ­Jahren oder überhaupt nicht nötig. Wichtig ist die Ernährungsberatung.

Auf gesunden Lebensstil achten

Denn „als MODY-Patient ist eine gesunde Ernährung sehr wichtig“, sagt Dr. Astrid Tombek, Ökotrophologin und Diabetesberaterin an der ­Diabetes-Klinik Bad Mergentheim. „Vor allem sollte das Essen ballaststoffreich sein, also Vollkorn, Gemüse und Nüsse ­umfassen. Auch Obst, aber nicht zu viel.“ ­Zudem könne man MODY günstig ­beeinflussen, wenn man sich viel bewege, sagt Tombek.

Betroffene sollten einmal im Quartal beim Diabetologen oder Hausarzt den Langzeitzucker zur Verlaufskontrolle messen lassen.

Markus Gahlen hat durch die Erkrankung seinen Lebensstil stark verändert. Seit seinem Befund „GCK-MODY“ nimmt er keine Medikamente mehr gegen die Diabeteserkrankung. „Vielmehr habe ich durch ausreichend Bewegung und die richtige Ernährung meine Zuckerwerte ganz gut im Griff.“


Quellen:

  • Helmholtz Zentrum München, Deutsches Zentrum für Diabetesforschung, Deutsches Diabetes-Zentrum: Genetische Defekte der Betazellfunktion: MODY-Diabetes. https://www.diabinfo.de/... (Abgerufen am 02.11.2023)
  • Deutsche Diabetes Hilfe: Maturity Onset Diabetes of the Young (MODY). https://www.diabetesde.org/... (Abgerufen am 02.11.2023)
  • Deutsche Diabetes Hilfe, Deutsche Diabetes Gesellschaft: Deutscher Gesundheitsbericht Diabetes 2023. https://www.diabetesde.org/... (Abgerufen am 02.11.2023)
  • Helmholtz Zentrum München, Deutsches Zentrum für Diabetesforschung, Deutsches Diabetes-Zentrum: Diabetes: Folgeerkrankungen. https://www.diabinfo.de/... (Abgerufen am 02.11.2023)
  • Springer Medizin: MODY. https://www.springermedizin.de/... (Abgerufen am 02.11.2023)
  • Baumgartner-Parzer S: Mody-Diabetes. In: Journal für Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel 14.11.2019, 12: 165-169