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Eine kleine weiße Spitze schiebt sich durch die Kieferleiste: das erste Zähnchen! Ein Entwicklungsschritt, der oft schmerzhaft ist und darum für Eltern und Kind eine herausfordernde Zeit bedeutet. Wann das Zahnen losgeht, lässt sich nicht exakt vorhersagen, denn jedes Kind ist anders. Im Schnitt brechen ab dem sechsten Lebensmonat zuerst die mittleren Schneidezähne des Unterkiefers durch. Etwa mit zweieinhalb Jahren ist das Milchgebiss dann vollständig. Zu den Kinderzahnärztinnen Dr. Annegret Sabath und Henrike Jäger aus Halle kommen viele Eltern mit Babys und Kleinkindern. „Manche machen sich Sorgen, dass die Kleinen noch nicht zahnen. Andere sind besorgt, weil die Kinder so früh zahnen“, erzählt Sabath. „In der Natur passiert nicht alles nach dem Lehrbuch“, ergänzt Henrike Jäger. Dass es tatsächlich mit dem Zahnen losgeht, können Eltern häufig an folgenden Zeichen feststellen: Das Kind sabbert mehr, die Zahnleisten sind gerötet und geschwollen, das Kleine kaut vermehrt auf Gegenständen oder den eigenen Fingern ­herum. Einige Kinder essen oder trinken auch weniger, was dann meist zu Verdauungsbeschwerden führt. „An jedem Zahn hängt ein ganzes Kind. Deshalb muss man diese Probleme im Zusammenhang sehen“, sagt Kinderzahnärztin
Jäger.

Eine Überblicksstudie von 2016 fand keinen Beleg dafür, dass Zahnen Fieber auslöst. Die Körpertemperatur erhöhte sich bei den untersuchten Kindern nur leicht. Fiebern während des Zahnens könnte andere Gründe haben, wie Jäger erklärt: „Hohes Fieber oder Durchfall sind eher ein Anzeichen für einen Infekt und sollten dem Kinderarzt vorgestellt werden. Säuglinge können während des Zahndurchbruchs anfälliger dafür sein. Ursache könnte ein Nachlassen des Nestschutzes, die Einführung von Beikost oder ein noch nicht ausgereiftes Immunsystem sein.“ Wichtig: Deutliches Fieber, also eine Körpertemperatur ab 39 °C, immer bei der Kinderärztin oder dem Kinderarzt abklären lassen, um beispiels­weise eine Mittel­ohrentzündung auszuschließen.

Ungefähr mit dem Zahnen steht auch der erste offizielle Zahnarzttermin für die Kleinen an. Die gesetzliche Vorsorge sieht ihn im Zeitraum vom sechsten bis vollendeten neunten Lebensmonat vor.

Beißring oder Zahnbürste?

Kühlen mildert Zahnungsschmerzen. Daher helfen etwa Beißringe – frei von PVC und Weichmachern –, die man ­vorher in den Kühlschrank gelegt hat. Nachteil: Sie sind oft schwer, groß und klobig. Alternativ gehen auch ein kalter Wasch­lappen, ein mit kaltem Kamillentee getränktes Spucktuch, eine Scheibe Gurke oder ein gekühlter ­Löffel. ­Sabaths Tipp: „Eine Kinderzahnbürste, von den Eltern im Mund geführt, hilft er­fahrungsgemäß sehr gut: Das Kauen auf einem Gegenstand lindert den Juckreiz, und die Kinder gewöhnen sich an das Gefühl der Zahnbürste im Mund.“

Liebe und Humor

Kuscheln und Ablenkung machen das Zahnen erträglicher: spielen, getragen werden oder Mama und Papa bei ihren Aktivi­täten zuschauen. Kinderreime, ein lustiges Zahn­putz­lied oder -spiel bringen Schwung in die ersten Zahnputzaktionen.

Und was ist mit Schmerzmitteln?

Sind die Schmerzen sehr heftig, sprechen Sie mit Ihrer Kinderärztin oder Ihrem Kinderarzt, ob even­tuell ein Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen in altersgerechter Dosierung infrage kommt. ­Lassen Sie sich auch in Ihrer Apotheke beraten.

Wie pflege ich die ersten Zähnchen?

Ab dem ersten Zahn heißt es: ein- bis zweimal täglich putzen mit einem reiskorngroßen Klecks Zahn­pasta auf der Kinderzahnbürste. Bekommt das Kind eine ­Fluorid-Tablette, verwenden Sie fluorid­freie Zahn­pasta. Erhält das Kleine kein Fluorid in Tablettenform, nehmen Sie fluoridhaltige Zahnpasta. Der Fluoridgehalt sollte zum Alter des Kindes passen, darum mit Kinderzahnärztin oder -zahnarzt darüber sprechen. Ab dem ersten Geburtstag gehört eine erbsen­große Menge fluorid­haltige Zahn­pasta auf die Bürste, geputzt wird zweimal täglich. Nachputzen nicht vergessen!

Sind Bernsteinketten und Veilchenwurzeln nur Hokuspokus?

Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis, dass Bernsteinketten Zahnungsschmerzen lindern. Dagegen besteht aber die Gefahr, dass ein Kind sich mit der Kette stranguliert oder einzelne Steine verschluckt, falls die Kette reißt. Ähnlich ist es bei der Veilchenwurzel. Auch hier können sich Teile ablösen, an denen sich das Baby verschlucken kann. Zudem sammeln sich auf der Wurzel leicht Keime an. Die positiven Erfahrungsberichte von Einzelpersonen könnten auf die Struktur der Wurzel zurückzuführen sein, vermutet Dr. Sabath: „Die Wurzel ist relativ weich und zerfasert im Mund. Dieser Massageeffekt könnte Kindern guttun.“ Ein ähnlicher Massage­effekt wie mit einer Veilchenwurzel lasse sich jedoch auch mit der Kinderzahnbürste erreichen.


Quellen:

  • Bundesverband der Kinderzahnärzte: Zahnpflege – Gewusst wie. https://www.bukiz.de/... (Abgerufen am 01.11.2022)
  • Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung: Das natürliche Gebiss. https://www.kzbv.de/... (Abgerufen am 01.11.2022)
  • Massignan C, Cardoso M, Porporatti A et al: Signs and Symptoms of Primary Tooth Eruption: A Meta-analysis. Pediatrics : https://publications.aap.org/... (Abgerufen am 01.11.2022)
  • Bundesministerium für Gesundheit: Zahnvorsorgeuntersuchungen, Untersuchung auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten für Kinder und Jugendliche. https://www.bundesgesundheitsministerium.de/... (Abgerufen am 01.11.2022)
  • Netzwerk "Gesund ins Leben", Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: Kariesprävention im Säuglings- und frühen Kindesalter (0–6 Jahre). https://www.gesund-ins-leben.de/... (Abgerufen am 01.11.2022)