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Kevin McManus lebt und arbeitet immer in Sichtweite des Flusses. Mit seiner Heimatstadt Liverpool ist der 59-Jährige verwachsen wie die Stadt mit ihrem Strom und ihrer Musik: dem Mersey-Beat. Stilprägend für diesen Sound waren die Beatles. Aufgewachsen sind drei der Fab Four in Liverpooler Arbeitervierteln: in schlichten, geduckten Backstein-
Reihenhäusern, das eine vom anderen kaum zu unterscheiden.

Gefragt nach dem Neuesten in seiner Stadt weiß Kevin McManus gar nicht, wo er anfangen soll: „Hier verändert sich ständig was, laufend gibt es neue Clubs und Festivals.“ Dem einstigen Beatles-Entdecker und Manager Brian Epstein haben sie inzwischen ein Denkmal gesetzt. Die Strawberry Fields aus dem gleichnamigen Lied haben ein Besucherzentrum bekommen und über dem früheren Stammclub der Pilzköpfe, dem hat ein zweites Beatles-Museum eröffnet.

Die Namen der Clubs, Pubs und Bars, in denen fast jeden Abend eine Band spielt, sprudeln aus McManus heraus. Musikfans wie ihn zieht es in die North- und die South-Docks direkt am Wasser und ins Baltic Triangle mit seinen vielen Musikkneipen. McManus feiert am liebsten da, wo er den Musikern besonders nahekommt. ­Etwa im „Pen and Wig“ oder im trotz Pandemie neu eröffneten „Future Yard“ drüben auf der anderen Seite des Flusses in Birkenhead. Dorthin kommt man mit der Fähre. Die Band „Gerry and the Pacemakers“ hat ihr 1964 den berühmt gewordenen Song „Ferry Cross the Mersey“ gewidmet.

Als Weltstadt der Musik veranstaltet Liverpool vom 9. bis 13. Mai den 67. European Song Contest ESC – stellvertretend für die Ukraine. Diese gewann den Wettbewerb 2022, kann die Folgeveranstaltung aber wegen des Krieges nicht ausrichten. So ging der Auftrag an den Zweitplatzierten, das Vereinigte Königreich. Großbritannien vergab das Event mit 37 teilnehmenden Ländern nach Liverpool.

McManus verfolgte schon als Kind mit seinen Geschwistern die Übertragungen des ESC im Fernsehen. „Das war eine der wenigen Sendungen, die fast alle in Großbritannien und viele Menschen weltweit ansahen“, erinnert er sich. Angesichts des Krieges in der Ukraine sei es heute wichtiger denn je, Menschen über die Musik friedlich zusammenzubringen.

Jetzt freut er sich darauf, dem Lieder-­Wettbewerb so nah wie nie zu kommen, für ihn eine „einmalige Chance“ – für sich selbst und für Liverpool. Seine Heimatstadt könne sich nun
der Welt als kreatives Pflaster zeigen. „Wir haben hier eine großartige Musik­kultur von Orchestern über Bands bis hin zur bunten, fröh­lichen Club-Kultur“, schwärmt er.

Wenn McManus nicht gerade als Head of Music City die Musikszene vernetzt, den European Song Contest mitorganisiert oder die neuesten Trends in Musikclubs erlauscht, stöbert er in Liverpooler Vinyl-Läden wie Probe Records nach knisternden und kratzenden, seltenen schwarzen Scheiben.

Der Manager liebt die zum Weltkulturerbe geadelte Waterfront, Liverpools Skyline am Wasser. Zur Glanzzeit des damals wichtigsten britischen Hafens verewigten sich hier Unternehmen mit Bürohochhäusern im viktorianischen und edwardianischen Stil. Auf den Turmspitzen des Royal Liver Buildings, dem Palast einer Versicherung, sitzen zwei Vögel: die Liverbirds. Die Bauherren hatten bei einem Bildhauer zwei Adler bestellt. Doch der Künstler wusste nicht, wie ein solcher aussieht. So schuf er eine krude Mischung aus Kormoran und Greifvogel. Nun blickt der eine schräge Vogel aufs Meer, der andere landeinwärts. „Die Seemannsbraut, die nach dem Liebsten Ausschau hält, und der Matrose, der sehen will, ob die Kneipen in der Stadt schon geöffnet haben.“

Infos für Ihre Reiseplanung

Wie kommt man hin?

Auto: Von Stuttgart über Luxemburg, Brüssel, Calais, Dover, London und Birmingham in etwa 15–16 Stunden.

Zug: Von Stuttgart nach Liverpool (Lime Street) über Paris, den Euro-Tunnel (Eurostar) und London in 11 Stunden.

Wo kann man übernachten?

Hope Street Hotel: Die georgianische Stadtvilla von 1860 mit Blick auf den Fluss und die Skyline liegt in Liverpools Ausgehviertel nahe der anglikanischen Kathedrale.

Was kann man erleben?

Die Waterfront anschauen: Seit 2004 zählt das ehemalige Dock- und Hafengelände zum UNESCO-Weltkulturerbe. Hier findet man auch die „British Musik Experience“ (Museum of Popular Music).

Unbedingt probieren:

In einem Pub einkehren: Liverpool hat richtig alte Pubs, wie die „Philharmonic Dining Rooms“ im Stil des 19. Jahrhunderts. Der ­„Bridewell Pub“ serviert Bier in ehemaligen Gefängniszellen einer früheren Polizeistation.


Quellen: