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Eigentlich haben alle ein gemeinsames Ziel, wenn es um die Ausbildung in den Gesundheitsfachberufen geht: Das Schulgeld muss weg. Eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern hatte das bereits im Frühjahr 2020 festgelegt. Auch die Ampel will die Gebühren streichen. So wird die Ausbildung attraktiver. Die Berufe können leichter Nachwuchs gewinnen. Doch bis heute gibt es das Schulgeld an vielen Orten. ­Immer noch müssen Logopädinnen und Ergotherapeuten, Physiotherapeutinnen und Podologen, aber auch pharmazeutisch-technische Assistentinnen (PTA) für ihre Ausbildung zahlen. Wie kann das sein?

Schuld sind – wie so oft im Gesundheitswesen – die Kosten. Denn: Niemand möchte sie übernehmen. Der Bund sieht zunächst die Länder in der Verantwortung. Tatsächlich gab es zuletzt Bewegung in einigen Regionen. Bayern und Hessen etwa erstatten die Gebühren, ebenso Nordrhein-West­falen und Sachsen. Erst kürzlich gab auch der rheinland-pfälzische Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD) die Abschaffung des Schulgeldes bekannt. Zugleich nahm er aber die Bundesregierung unmissverständlich in die Pflicht: Die Länder könnten die Ausbildung nur als Übergangslösung finanzieren.

Im Streit ums Geld geht dabei wertvolle Zeit verloren. Denn längst ist der Fachkräftemangel im Gesundheits­wesen Realität. Zum Beispiel in den Apotheken. Dort werden PTA oftmals händeringend gesucht. Die Lage ist ernst und spitzt sich offenbar weiter zu: Ein Viertel der Apothekeninhaberinnen und -inhaber hat die Hoffnung bereits aufgegeben, eine oder einen PTA zu finden. Das geht aus einer Umfrage der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hervor.

Auch aus sozialer Sicht sind die Schulgebühren ein Problem. Angehende PTA müssen an einigen Schulen 300 Euro im Monat für ihre Ausbildung stemmen. So können sich die Gesamtkosten in zwei Jahren schnell auf satte 7000 Euro summieren. Zum Vergleich: Angehende Ärztinnen und Ärzte müssen nur eine Semester­gebühr von etwa 300 bis 500 Euro pro Halbjahr bezahlen. Natürlich gibt es Fördermittel und staatliche Kredite. Doch auch Darlehen sind eine große Belastung, wenn man wie PTA als Berufseinsteiger nur knapp zwei Euro über dem Mindestlohn verdient.

Immerhin: Einen Schritt nach vorn ist die Politik zuletzt etwa mit der sogenannten MTA-Reform gegangen. Sie regelt die Ausbildung der medizinisch-technischen Assistenzberufe neu. Damit wird nicht nur das Schulgeld zu großen Teilen in diesen Bereichen abgeschafft. Das Gesetz, das am 1. Januar 2023 in Kraft tritt, schreibt sogar eine verbindliche Vergütung während der Ausbildung vor.

Die Politik muss das als Blaupause auch für alle weiteren Gesundheitsfachberufe nehmen. Nur so kann Deutschland mehr Nachwuchs für den Gesundheitssektor gewinnen. Bis zum Jahr 2035 könnten dort knapp 1,8 Millionen Fachkräfte fehlen, zeigt eine Studie der Unternehmensberatung PwC. Also: Besser jetzt handeln, das Schulgeld streichen und damit endlich ein lang gewünschtes Ziel realisieren.


Quellen:

  • Bundesministerium für Gesundheit: Gesamkonzept Gesundheitsberufe, Zukunft der Gesundheitsfachberufe - Ausbildungen neu ordnen . https://www.bundesgesundheitsministerium.de/... (Abgerufen am 10.10.2022)
  • Bundesregierung: Mehr Fortschritt wagen, Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit - Koalitionsvertrag 2021 - 2025. https://www.spd.de/... (Abgerufen am 10.10.2022)
  • Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung: Rheinland-Pfalz setzt Schulgeldfreiheit in Gesundheitsfachberufen um. https://mastd.rlp.de/... (Abgerufen am 10.10.2022)
  • Bundesverband PTA: Ausbildung – Pharmazeutisch-technische/r AssistentIn. https://www.bvpta.de/... (Abgerufen am 10.10.2022)
  • Adexa - Die Apothekengewerkschaft: Gehaltstarifvertrag für Apothekenmitarbeiter. https://www.adexa-online.de/... (Abgerufen am 10.10.2022)
  • Bundesministerium für Gesundheit: Medizinische Berufe werden attraktiver, Das MTA-Reformgesetz. https://www.bundesregierung.de/... (Abgerufen am 10.10.2022)
  • PwC Deutschland: Fachkräftemangel im deutschen Gesdundheitswesen 2022. https://www.pwc.de/... (Abgerufen am 10.10.2022)
  • Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände: Apothekenklima-Index 2022. https://www.abda.de/... (Abgerufen am 10.10.2022)
  • Anfrage im Bundesministerium für Gesundheit zu den Plänen der Koalition zur Abschaffung des Schulgeldes

  • Anfrage beim Bundesverband PTA zu Anzahl und Struktur der PTA-Schulen in Deutschland