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Die Ausbrüche rücken näher: Unweit des italienischen Gardasees haben sich im Herbst 2023 mehrere Menschen infiziert. Auch in der Provinz Latium, der Gegend um Rom, hat sich eine Person vor Ort angesteckt. Frankreich meldet ebenfalls fast jeden Sommer neue Fälle. Die ­Rede ist von einer Infektionskrankheit, deren Name vor einigen Jahren fast nur Fernreisenden geläufig war: das Dengue-Fieber, wegen seiner schmerzhaften Symptome auch Knochenbrecher-Fieber genannt.

„Dengue nimmt massiv zu“, bestätigt Prof. Dr. Tomas Jelinek, Präsident der Deutschen Fachgesellschaft für Reisemedizin in Düsseldorf. Jährlich erkranken weltweit Mil­lionen Menschen. Betroffen sind vor allem Länder wie Indien, Indone­sien oder Brasi­lien. Aber auch in Europa nehmen lokale Ausbrüche, bei denen das Virus vor Ort übertragen wird, zu. Gründe gibt es viele: weltweite Warentransporte, das rasante Wachstum der Städte, der Klimawandel. All das fördert die Verbreitung der Tigermücke, der Hauptüberträgerin des Virus. Hinzu kommen Reisende, die das Virus mitbringen. Doch gibt es auch eine gute Nachricht: Seit März 2023 ist eine neue Impfung gegen den Erreger verfügbar. Aber für wen ist der Schutz wichtig?

Inzwischen liegt die Beurteilung der Ständigen Impfkommission (STIKO) vor. Die Empfehlung dürfte viele überraschen: ­Impfen lassen sollten sich demnach nur Menschen, die nachgewiesenermaßen bereits einmal infiziert waren und wieder in ein Gebiet reisen wollen, in dem Dengue grassiert. Verständlich wird die Empfehlung, wenn man die Eigenheiten von Dengue kennt. Ausgelöst werden kann die Erkrankung durch mehrere Dengue-Viren, die sich erkennbar voneinander unterscheiden. Die erste Infektion mit einem dieser Subtypen verläuft meist vergleichsweise harmlos, teils sogar ohne Symptome. „Sie kann aber durchaus sehr unangenehm sein“, sagt Dr. Camilla Rothe vom Tropeninstitut des LMU Klinikums München. Typisch sind neben hohem Fieber starke Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen. Übelkeit, Durchfall, Husten und geschwollene Lymphknoten können auftreten. Hinzu kommt teils ein juckender Ausschlag.

Nach der ersten Erkrankung ist man einige Monate lang gegen alle Dengue-Viren geschützt. Dann nimmt die Immunität gegen die Virus-Typen, die man nicht durchgemacht hat, rapide ab. „Infiziert man sich erneut, wird es gefährlich“, erklärt Tropenmedizinerin Rothe. Die Antikörper, die der Körper gebildet hat, schützen nicht mehr. Sie helfen dem Virus sogar, sich im Körper auszubreiten. Ein Phänomen, das man nur von Dengue kennt. Es kann zu Blutungen in der Haut und in inneren Organen kommen. Ohne Therapie droht dann ein lebens­gefährlicher Schock.

Wer sicher weiß, dass er bereits einmal Dengue hatte, sollte sich durch die Impfung vor einem solchen schweren Verlauf schützen. Die Impfung ist dann Kassenleistung. Reisenden, die noch nicht infiziert waren, empfiehlt die STIKO die Impfung derzeit nicht. Der Grund für die Zurückhaltung: Befürchtet wird, dass die Impfung wie eine Erstinfektion wirken könnte. Bei einer Ansteckung könnten Geimpfte einen schwereren Verlauf haben als Ungeimpfte. Tatsächlich passierte genau das bei einem früheren Impfstoff.

Doch ist auch die neue Impfung gefährlich? Hinweise darauf gibt es nach mehr als 19 000 Geimpften und sechs Jahren Nach­beobachtung bislang nicht. Reisemediziner Jelinek hält die zurückhaltende Empfehlung daher für „wenig durchdacht“. Er empfiehlt die Impfung allen, die in Länder reisen, in denen Dengue grassiert – auch noch kurz vor einer Reise.

Bei der STIKO verweist man indes auf die lückenhafte Datenlage. „Zu den Subtypen 3 und 4 fehlen uns ausreichende Daten“, sagt Rothe, die als Leiterin des Ständigen Ausschuss Reisemedizin bei der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin auch an der STIKO-Entscheidung beteiligt war. Als die Studien für die Zulassung des Impfstoffs stattfanden, gab es zufälligerweise nur wenig Infektionen mit diesen Virus-Typen. Bei Typ 1 und 2 ist klar: Der Impfstoff wirkt gut.

Für Menschen, die sich gegen Dengue schützen möchten, bedeutet das: abwarten und auf konsequenten Mückenschutz setzen – oder ein Restrisiko in Kauf nehmen. Unbedingt impfen lassen sollte sich indes, wer bereits eine Impfung erhalten hat. Um vollständig geschützt zu sein, sind zwei Impfdosen nötig, die innerhalb von drei Monaten erfolgen sollten. „Ein halber Impfschutz wäre die schlechteste aller Möglichkeiten“, sagt Rothe.

GUTE FRAGE. Wie verträglich ist der Impfstoff?

Prof. Dr. Tomas Jelinek, Präsident der ­Deutschen ­Fach­gesell­schaft für Reise­medizin, hält den neuen Impfstoff für einen echten ­Durchbruch.

  • Die Impfung ist ab dem Alter von vier Jahren zugelassen und wird nach der Erfahrung von Reisemediziner Jelinek meist gut vertragen. In einigen Fällen kommt es allerdings zu grippe­artigen Beschwerden mit Fieber und einem Hautausschlag.
  • Da es sich um einen Lebendimpfstoff handelt, dürfen bestimmte Menschen nicht geimpft werden, etwa Schwangere und Stillende sowie Menschen, deren Immunsystem geschwächt ist, etwa durch eine Krankheit oder Medikamente.
  • Für einen vollständigen Impfschutz sind mindestens zwei Impfdosen im Abstand von drei Monaten nötig. Wann eine Auffrischung notwendig ist, ist noch unklar.

Quellen:

  • Robert Koch-Institut: Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Dengue und zur Impfung. Online: https://www.rki.de/... (Abgerufen am 19.02.2024)
  • Paul-Ehrlich-Institut: Zu­las­sung für neu­en Impf­stoff ge­gen Den­gue­fie­ber emp­foh­len. Online: https://www.pei.de/... (Abgerufen am 19.02.2024)