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Wussten Sie, dass man bei neun von zehn über 90-jährigen Männern nach dem Tod Krebszellen in der Prostata findet? Das hat man in so- genannten Autopsie-Studien herausgefunden. Geahnt haben die meisten Männer nichts davon. Verstorben waren sie an anderen Ursachen. Das bedeutet: Prostatakrebs ist mit rund 65 200 Neuerkrankungen pro Jahr zwar die häufigste Krebserkrankung beim Mann – Hauptrisikofaktor Alter. Aber: Die Diagnose ist meist kein Todesurteil. Der Krebs wächst oft langsam.

Abgesehen vom Alter sind die Gene ein weiterer Risikofaktor. „Sind nahe Verwandte wie etwa Bruder, Vater oder Onkel an Prostatakrebs erkrankt, ist das eigene Risiko, Krebs zu entwickeln, erhöht“, sagt Professor Christian Gratzke, Urologe an der Uniklinik Freiburg. Das Risiko steigt, je jünger die Angehörigen bei der Diagnose waren und je enger man mit ihnen verwandt ist. Erwischt einen Mann der Krebs früh, ist er oft aggressiver und verläuft ungünstiger.

Genau deswegen – und weil der Krebs lange keine Symptome verursacht – sollte Mann zur Früherkennung gehen. „Es geht darum, möglichst früh die Tumore zu finden, die bedrohlich sind oder es werden könnten“, sagt Gratzke. Das Geschwulst breitet sich erst innerhalb der Prostata aus. Wächst es weiter, kann es in benachbartes Gewebe gelangen und Tochtergeschwulste bilden.

Sollten Sie sich nach der Aufklärung durch Ärztin oder Arzt für die Früherkennungsuntersuchung entscheiden, gibt es zwei mögliche Tests: die Tastuntersuchung und die PSA-Wert-Messung. Bei der Tastuntersuchung wird die Prostata vom Enddarm mit dem Finger abgetastet. Das geht schnell und tut in der Regel nicht weh. Aber: Nicht jede ertastete Veränderung ist ein Tumor. Umgekehrt schließt ein unauffälliger Test Krebs nicht aus. Die Kassen zahlen die jährliche Untersuchung für Männer ab 45.

Das sogenannte prostataspezifische Antigen (PSA) ist ein Eiweiß, das nur Zellen der Prostata herstellen. Es lässt sich im Blut nachweisen. Auch Prostatakrebszellen schütten PSA aus – und zwar in größeren Mengen als gesunde Zellen. Ein erhöhter PSA-Wert kann auf Prostatakrebs hinweisen, muss es aber nicht. Es gibt noch andere Gründe, die den Wert steigen lassen (siehe Randspalte). Vor einer Messung klärt Sie die Ärztin oder der Arzt über Vor- und Nachteile auf. Dafür spricht: Gefährliche Tumore können früher entdeckt und behandelt werden. Dagegen spricht: Manche Tumore werden behandelt, bei denen es gar nicht nötig wäre. Da der Test umstritten ist, wird er von vielen gesetzlichen Krankenkassen nicht bezahlt.

Falls ein Mann den Test wünscht, rät die Leitlinie dazu, einen „Ausgangs“-PSA-Wert bei Männern ab 45 Jahren zu bestimmen. Anhand des Wertes und dem Alter des Patienten empfehlen Ärztin oder Arzt den Zeitpunkt für die nächste PSA-Kontrolle. Denn wichtig ist laut Gratzke der Verlauf: „Dieser hat häufig mehr Aussagekraft als eine einzelne Messung. Steigt das PSA, muss man das abklären.“

PSA-Wert erhöht?

Kann ein Hinweis auf Prostatakrebs sein – muss es aber nicht.
Andere Gründe:

  • - Entzündung der Prostata, meist mit Schmerzen
  • - Gutartige Prostatavergrößerung, häufig bei älteren Männern
  • - Samenerguss lässt PSA steigen
  • - Druck auf die Prostata erhöht den Wert; etwa beim Radfahren

Ärztin oder Arzt klären die Ursache.

Gibt es einen begründeten Verdacht auf Krebs, kann diesen eine Gewebeentnahme (Biopsie) bestätigen oder ausschließen. Dabei wird vom Enddarm oder Damm aus mit einer Stanznadel in verschiedene Bereiche der Prostata gestochen. Damit das nicht schmerzt, wird vorab lokal betäubt. Vor der Biopsie kann eine spezielle Kernspin- Untersuchung helfen, den Verdacht zu erhärten. Sie hilft auch bei der Lokalisation des möglichen Tumors. Im MRT wird eingezeichnet, wo verdächtige Bereiche sind. „Ultraschallbild und MRT-Bild legt man übereinander. Der Arzt fährt dann Ultraschall-gesteuert millimetergenau mit der Nadel zu den markierten Arealen und sticht hinein“, erklärt Gratzke.

Wurde Krebs diagnostiziert, stehen vielfältige Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Professor Christian Bolenz, Urologe am Universitätsklinikum Ulm, ist eines besonders wichtig: „Der Patient muss vor der Behandlung sehr genau beraten werden und mitentscheiden können.“ Dabei werden Faktoren wie Alter, bereits bestehende Erkrankungen, Lebenserwartung und persönliche Präferenzen berücksichtig – etwa, wie wichtig es dem Mann ist, die Erektionsfähigkeit zu erhalten. Sie kann nach der Prostataentfernung eingeschränkt sein.

Der erste Therapievorschlag ist nicht immer die Prostataentfernung, so Gratzke: „Wir operieren nicht mehr alle Patienten, es gibt mittlerweile gute Alternativen.“ Für manche kann das bedeuten, dass der Krebs nach der Biopsie nur beobachtet wird. Betroffene, deren Lebenserwartung unter zehn Jahren liegt, kommen zurück in die Praxis, wenn sie Beschwerden spüren. Jüngere gehen regelmäßig zur PSA-Wert-Kontrolle und nach einem Jahr erneut zur Biopsie. Gesunde Ernährung, Sport und ein Rauchstopp können den Verlauf positiv beeinflussen.

Eine weitere Therapieoption ist die Bestrahlung. Die Prostata wird von außen bestrahlt – oder in ihr werden spezielle Strahlenkapseln platziert. Das Ergebnis ist vergleichbar mit einer Entfernung. Tendiert Christian Gratzke zum operativen Eingriff, überredet er seinen Patienten nicht: „Wenn er nicht von der OP überzeugt ist, schicke ich ihn aktiv eine Zweitmeinung einholen. Ich will nicht, dass er an der Entscheidung zweifelt.“ Christian Bolenz weiß, dass sich viele noch immer vor einer vollständigen Entnahme fürchten, kann aber beruhigen: „Die wirklichen Risiken einer Operation sind geringer als noch vor 20 Jahren. Heute kommen andere Techniken zum Einsatz.“

Seit einigen Jahren wird in manchen Kliniken die Prostata mithilfe einer roboterassistierten Methode entnommen. Das ist ein minimalinvasives Verfahren; es hinterlässt keinen großen Schnitt, nur kleine Einstichstellen. Sowohl bei diesem als auch beim konventionellen Verfahren entnimmt das OP-Team die ganze Prostata. So wird kein Krebsherd übersehen; das entnommene Gewebe kann genau untersucht werden. Umliegende Nerven, die für eine Erektion und das Wasserlassen verantwortlich sind, werden so gut wie möglich geschont. „Eine Inkontinenz nach der Operation ist für die Lebensqualität eine Katastrophe und muss unbedingt vermieden werden“, so Bolenz. Heute haben nur etwa sieben von 100 operierten Männern nach dem Eingriff eine dauerhaft höhergradige Blasenschwäche.

Hat der Tumor bereits gestreut, sind andere Therapieansätze nötig – unmittelbar lebensbedrohlich ist das laut Bolenz jedoch meist nicht: „Selbst bei Metastasen kann man in der Regel noch viel tun.“ Eine neuartige Hormonbehandlung und eine Chemotherapie können dann Möglichkeiten sein.


Nach der Therapie bestimmen Ärztin oder Arzt zunächst alle drei Monate den PSA-Wert, danach in größeren Abständen. Denn nach der Entnahme ist seine Bedeutung unumstritten: „Ist das PSA bei null, ist der Patient mit Sicherheit krebsfrei. Wenn es nicht null ist, dann sind zu 100 Prozent noch irgendwo Krebszellen“, erklärt Gratzke. Auch Reha hilft bei der Heilung. Dazu gehören Beckenbodentraining, Entspannungstechniken sowie der Austausch mit anderen Betroffenen. Eine Psychotherapie kann helfen, sich seelisch zu erholen.

Erektionsprobleme nach der Therapie:

Bei der Operation oder Bestrahlung können Nerven verletzt werden, die für eine Erektion wichtig sind. Das kann bedeuten, dass es schwieriger ist, eine Erektion zu bekommen. Wichtig: Reden Sie offen mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin darüber. Wenden Sie sich zudem an Ihre Ärztin oder Ihren Arzt. Auch bei einer Psychotherapie oder in Selbsthilfegruppen erhalten Sie Unterstützung.


Quellen: