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Wie wirkt Tilidin?

Die Substanz hemmt im zentralen und peripheren Nervensystem die Schmerzweiterleitung. Sie wirkt an den gleichen Andockstellen (Rezeptoren) wie das starke Schmerzmittel Morphin – nur etwa fünfmal schwächer. Trotzdem kann Tilidin benommen und abhängig machen.

Ein Schmerzreiz wird über Nervenzellen weitergeleitet – durch den ganzen Körper bis ins Gehirn. Der Reiz wird zwischen den Zellen weitergegeben. Dafür werden bestimmte Botenstoffe ausgeschüttet, die im Ende der Nervenzellen lagern. Durch Kalzium, das bei einem Schmerzreiz vermehrt einströmt, werden die Stoffe freigesetzt. Der Reiz wird weitergegeben, bis er im Gehirn landet, wo wir ihn als Schmerz wahrnehmen.

Tilidin greift in die Weiterleitung des Schmerzreizes ein. Es bindet an sogenannte Opioidrezeptoren an den Nervenzellen. Dadurch wird der Kalzium-Einstrom gehemmt; die Botenstoffe werden nicht ausgeschüttet, der Reiz nicht weitergegeben. Tilidin sorgt außerdem an anderer Stelle für einen höheren Kalium-Ausstrom. Das macht die Nervenenden, die Reize empfangen, träger. Sie reagieren langsamer auf Signale. Durch beide Mechanismen erreicht der Schmerzreiz schlechter das Gehirn.

Wechsel- und Nebenwirkungen

Übelkeit und Erbrechen zählen am Anfang einer Therapie mit Tilidin zu den häufigsten Nebenwirkungen. Außerdem kann die Einnahme des Wirkstoffs zu Schwindel, Müdigkeit, Durchfall oder Verstopfung sowie zu vermehrtem Schwitzen führen. Bei hohen Dosen kann es zu schweren Atemproblemen kommen. Unter körperlicher Belastung können diese Symptome häufiger auftreten. Deshalb sollte sich Patientinnen und Patienten körperlich nicht anstrengen und bei Schwindel hinlegen.

Zu Wechselwirkungen kann es kommen, wenn Tilidin zusammen mit Alkohol oder anderen Arzneimitteln eingenommen wird, die beruhigend auf das Gehirn wirken. Diese Substanzen können das Atmen so stark verlangsamen, dass es zum Tod führt. Gefährlich kann auch die gleichzeitige Einnahme bestimmter Antidepressiva oder Migränemittel aus der Grupppe der Triptane werden. Wer die Blutgerinnungshemmer Phenprocoumon oder Warfarin nimmt, muss eventuell die Dosis anpassen. Sprechen Sie mit Arzt oder Ärztin darüber.

Wussten Sie dass...

...Naloxon ein Wirkstoff ist, der deutschlandweit jedem Tilidin-Präparat zugesetzt wird?

Grund: Tilidin kann abhängig machen. Mit Naloxon soll verhindert werden, dass man das Mittel missbräuchlich verwendet. Es ist ein Gegenspieler zu Tilidin und hebt dessen Wirkung bei falscher Anwendung auf.

Das wichtigste auf einen Blick:

  • Tilidin strikt nach Empfehlung der Ärztin oder des Arztes einnehmen: Wie oft am Tag und wie lange. Beachten Sie
    außerdem, ob Sie es vor oder nach dem Essen einnehmen sollen. Das kann die Wirkung des Medikaments beeinflussen.
  • Nicht hinters Steuer! Vor allem zu Beginn der Therapie oder bei Dosiserhöhung kann Tilidin besonders benommen machen. Aufmerksamkeits- und Reaktionsvermögen können eingeschränkt sein. Sprechen Sie daher mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, ob und wann Sie selbst fahren können.
  • Bei Schwangerschaft und Stillzeit: Da unklar ist, ob die Einnahme von Tilidin in der Schwangerschaft ungefährlich ist, wird von einer Einnahme während der ganzen neun Monate abgeraten. Während der Stillzeit darf Tilidin nicht eingenommen werden, da nachgewiesen wurde, dass es in die Muttermilch übergeht.

Quellen:

  • Daniela Hüttemann: Steckbrief Tilidin. Pharmazeutische Zeitung: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/... (Abgerufen am 20.12.2022)
  • Charly Kahle: Tilidin. Gelbe Liste: https://www.gelbe-liste.de/... (Abgerufen am 20.12.2022)
  • drugcom.de: Tilidin. Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklöörung (BZgA): https://www.drugcom.de/... (Abgerufen am 20.12.2022)
  • Ernst Mutschler, Gerd Geisslinger, Sabine Menzel, et. al.: Mutschler Arzneimittelwirkungen, Pharmakologie, klinische Pharmakologie, Toxikologie. In: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 01.01.2020, 1: 278-280