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Jedes Jahr landen Arzneimittel tonnenweise im Hausmüll, werden unsachgemäß über Toiletten ins Abwasser gespült und belasten so die Umwelt. Dabei enthalten die Pillen kostbare Chemikalien – Stoffe, die auch für Forschung und Lehre an Universitäten gebraucht werden, im Einkauf aber oft extrem teuer sind. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt förderte kürzlich ein Forschungsprojekt, das zum Ziel hat, die in den entsorgten ­Tabletten enthaltenen Wirkstoffe zurückzugewinnen.

Wie funktioniert das Medikamenten-Recycling?

„Die Idee zum Medikamenten-Recycling wurde bei uns 2017 aus der Not geboren“, erzählt Professor Markus Heinrich vom Institut für Pharmazie und Chemie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Sein Institut benötigte für ein Projekt eine Forschungs-Chemikalie, die im Handel nur in größerer Abgabemenge und dadurch sehr teuer erhältlich war. Man behalf sich, besorgte die Substanz kurzerhand in Form von günstigeren Tabletten in der Apotheke und entwickelte ein Verfahren, um den Wirkstoff daraus zu extrahieren.

Nach und nach bauten die Erlanger Forschenden ihr Wissen aus, tüftelten an Extraktionsverfahren für weitere Arzneistoffe. Gleichzeitig knüpften sie ein Netzwerk mit Partnern, die das Konzept „rückgewinnen statt wegwerfen“ unterstützen, indem sie das Rohmaterial sammeln: Apotheken, Kliniken, Schadstoffmobile und Wertstoffhöfe.

Auch am Rande des Universitätscampus steht ein großer Sammelcontainer für die Altmedikamente. Aus Sicherheitsgründen ist er aus dickem Stahl gefertigt und mit ­einer massiven Kette und einem Schloss gesichert. Befüllt wird der Container von Apotheken aus dem Umkreis: Mit nicht mehr benötigten Medikamenten, die die Kundinnen und Kunden abgeben.

Wie profitiert die Wissenschaft davon?

Für mehr als 100 Wirkstoffe hat Heinrichs Arbeitsgruppe bislang bereits Verfahren zur Rückgewinnung entwickelt. Die Roh­ware stapelt sich kartonweise in Lagerräumen des Instituts. Die aufgereinigten Extrakte landen, abgefüllt in braune Arzneifläschchen, in Chemikalienschränken. Medikamente dürften daraus gemäß gesetzlichen Vorgaben nicht mehr hergestellt werden. Aber an den Instituten der Universität werden sie in Forschung und Lehre eingesetzt. „Inzwischen sind unsere Prozesse so ausgereift, dass wir Wirkstoffe quasi auch auf Bestellung aus Medikamenten extrahieren und günstig an andere Universitäten mit Pharmaziestandorten in Deutschland weitergeben können“, freut sich Markus Heinrich.


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