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Geht es Ihnen gut? Sie sehen etwas zerknittert aus.

Keine Sorge, ich fühle mich frisch – und bin es auch. Ich habe den Frühling nur unbenutzt in der Gesäßtasche einer Jeans zugebracht, ohne meine Aufgabe zu erfüllen.

Das könnte sich bald ändern. Die Heuschnupfenzeit ist da. Wie geht es Ihnen damit?

Ich fühle mich gewappnet und sehe meiner Pflicht freudig entgegen. Stellen Sie sich eine Welt ohne uns vor! Bevor es uns gab, waren die Menschen gezwungen, verschnäuzte Stofffetzen mit sich herumzuschleppen. Und selbst diese konnten sich anfangs nur reiche Adlige leisten. Die meisten Menschen verrichteten die Notdurft ihrer Nase direkt in die Finger – was Schnupfenerreger freute.

Das Stofftaschentuch hatte aber auch seine großen Momente. Etwa als Liebespfand edler Damen. In Shakespeares Othello bringt es die Tragödie erst in Gang.

Ach, jetzt werden Sie mal nicht sentimental! Hätte Desdemona ein Papiertaschentuch verloren, man hätte es schlicht entsorgt und sie wäre nicht Opfer falscher Verdächtigungen geworden. Die meisten meiner Vorfahren waren unnütze, eitle Gecken, die ihr Leben faul in einer Brusttasche zubrachten. Und wenn ihr Besitzer eine Erkältung hatte, wurde aus jedem Spitzentuch eine glibberige Rotzfahne.

In Sachen Hygiene erfüllen Sie unschätzbare Aufgaben. „Don’t carry a cold in your pocket“, „Tragen Sie keine Erkältung in Ihrer Tasche herum“, war ein Werbespruch, der Ihnen in den 1930ern zum Erfolg verhalf.

Sie sind besser informiert, als ich dachte. Dass man sich an einem benutzten Taschentuch erneut mit seinem eigenen Schnupfen anstecken kann, ist zwar ein Mythos. Für andere ist der feuchte Lappen aber durchaus ansteckend. Beim Schnäuzen gelangen zudem Bakterien ins Taschentuch, auch wenn hinter einem Schnupfen in 90 Prozent der Fälle Viren stecken. In der feuchten Wärme vermehren sich die Bakterien prima. Beim nächsten Schnäuzen reibt man sie sich dann wieder unter die Nase.

Passiert das nicht auch mit einem Taschentuch aus Papier?

Nicht, wenn man sich schnell von uns trennt. Deswegen heißen wir ja auch Wegwerftaschentücher. Bei einer Erkältung haben wir auch nichts dagegen, nach dem Schnäuzen in einer kleinen Plastiktüte zu landen statt in der Hosentasche. Schließlich sind wir von Natur aus gesellig.

Haben Sie einen Schnäuz-Tipp für unsere Leserinnen und Leser?

Ich rate dazu, immer ein Nasenloch zuzuhalten, wenn man seine Nase erleichtern will. Wer laut trötet, schnäuzt mit zu viel Druck. Die Absonderungen des Riechorgans landen nicht nur im Taschentuch, sondern auch in den Nasennebenhöhlen. Das kann Entzündungen fördern. Schnäuzen Sie daher sachte. Das schont nicht nur uns Taschentücher, sondern auch die Nerven der Zuhörenden.