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Man kann mit ihnen besser hören oder sehen. Sie helfen beim Gehen, Baden und beim Schöner aussehen. Ob Hörgeräte oder Brillen, Prothesen, Duschhilfen oder Perücken etwa für Krebspatienten – Hilfsmittel verbessern die Lebensqualität vieler kranker Menschen. 2022 erhielten gesetzlich Krankenversicherte fast 30 Millionen Mal eines dieser Hilfsmittel, bei knapp 80 Prozent der Fälle ohne zusätzliche Kosten für die Versicherten.

Das heißt aber auch: Bei jeder fünften Leistung legen Patientinnen und Patienten drauf – meist für eine besondere Ausstattung oder Leistung, die über das von der Krankenkasse bezahlte medizinisch Notwendige hinausgeht. 142 Euro haben Versicherte dafür im Durchschnitt 2022 ausgegeben. Nur, lohnt sich das überhaupt? Wie kann ich beim Kauf Geld sparen? Und wer berät mich unabhängig? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wer entscheidet, ob ein Hilfsmittel sinnvoll ist?

Rollator, Hörgerät, Leselupe: Ein Hilfsmittel kann den Alltag erleichtern und für mehr Lebensqualität sorgen. Häufig kommt die Krankenkasse für die Kosten auf. Die Entscheidung, ob ein Hilfsmittel sinnvoll ist oder nicht, trifft die Ärztin oder der Arzt. Damit die Kasse ohne langes Hin und Her zahlt, sollte die Arztpraxis in dem Rezept genau ­vermerken, warum das verordnete Hilfsmittel ­medizinisch notwendig ist.

Mit dem Rezept wenden Sie sich an Ihre ­Kasse, die Ihnen die nächsten Schritte erläutert. „Manchmal aber behaupten Mediziner, sie könnten kein Rezept ausstellen, weil sie nur ein begrenztes Kontingent dafür haben. Dann sollten Sie darauf hinweisen, dass Hilfsmittel nicht im ärztlichen Budget enthalten sind und es damit auch nicht belasten“, rät Verena Querling von der ­Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Jeder Fünfte zahlt mehr

2022 erhielten gesetzlich Versicherte fast 30 Millionen Mal ein Hilfsmittel, bei knapp 80 Prozent der Fälle ohne zusätzliche Kosten. Bei jeder fünften Leistung aber legten sie freiwillig drauf. Meist für eine Ausstattung oder Leistung, die über das von der Kasse bezahlte medizinisch Notwendige hinausging. So das Ergebnis des aktuellen Mehrkostenberichts des GKV-Spitzenverbandes für das Jahr 2022. Zu den Top 5 der Hilfsmittel mit Mehrkosten zählen neben Brustprothesen und Einlagen auch Hörgeräte: Hierfür zahlten Versicherte im Durchschnitt mehr als 1400 Euro extra.

Was ist der Eigenanteil?

Für Hilfsmittel, die einen Gegenstand beinhalten oder ersetzen, der auch von Gesunden benutzt wird, müssen Versicherte einen Eigenanteil bezahlen. Dazu gehören etwa orthopädische Schuhe, Brustprothesen-BHs oder Brustprothesen-Badeanzüge. Selbst zu zahlen ist der Anteil, der für den Gebrauchsgegenstand ohne therapeutischen Nutzen fällig wäre, also die Kosten für die Straßenschuhe, für den BH, für den Badeanzug. Übernimmt die Kasse die Kosten fürs Hilfsmittel, leisten Sie diesen Eigenanteil plus der Zuzahlung.

Komfort, der kostet

Eine Brustprothese, mit der man schwimmen kann. Kompressions- strümpfe mit Noppen, mit denen man nicht so leicht ausrutscht. Schuheinlagen bei Fersensporn mit einem besonders dicken Polster. Die Frage ist stets: Brauche ich das? Informieren Sie sich über Ausstattungsvarianten. „Lassen Sie sich erklären, was das Modell besser kann als die Kassenvariante“, rät Querling. Speziell bei Hörgeräten können Zusatzfunktionen teuer sein. Eine Versicherte entscheidet sich etwa für ein Hörsystem mit Akku anstatt mit Batterie. Sie legt es über Nacht in die Ladestation, und schon ist der Akku geladen. Zudem lässt sich das Hörgerät ­kabellos mit dem Smart-TV verbinden. So ein System kann 2100 Euro pro Ohr kosten. Manche Krankenkassen zahlen davon knapp 700 Euro, andere mehr als 900 Euro. Der Selbstkostenanteil kann so bei 1400 Euro liegen.

Lassen Sie sich zunächst die Modelle zeigen, die die Kasse bezahlt.

Wie findet man das richtige Hilfsmittel?

Welche Hilfsmittel sind sinnvoll, worauf habe ich Anspruch? Wer sich dazu kostenlos beraten lassen will, kann sich an eine Pflege- oder Wohnberatungsstelle wenden. Auch Mitarbeitende von Wohlfahrts- und Sozialverbänden sowie von Selbsthilfevereinen sind oft Profis darin, die bestmögliche Lösung zu finden. Führt der Weg gleich in ein Sanitätshaus, zum Orthopädie-Schuhtechniker oder Hörakustiker, bitte beachten: „Lassen Sie sich zunächst die Modelle zeigen, die die Kasse bezahlt“, empfiehlt Querling. „Wenn das nicht reicht, kann man immer noch über Modelle reden, bei denen Sie selbst Geld dazulegen müssen.“

Ist ein Extra medizinisch notwendig, muss die Kasse dieses in der Regel auch bezahlen. Beispiel Rollstuhl: Kann der Versicherte das Gefährt selbst gut bewegen oder benötigt er eigentlich einen Motor, weil Kraft und Beweglichkeit in den Armen eingeschränkt sind? „Lassen Sie sich in Ruhe einweisen und fragen Sie nach Alternativen, wenn Sie mit dem Hilfsmittel nicht zurechtkommen“, rät Franziska Geiß, Pflegeexpertin des Sozialverbands VdK. Sie haben auch ein Recht darauf, dass nachgebessert oder ein Mangel beseitigt wird.

Wenn Sie ein bunteres Hörgerät wollen, das schöner aussieht, wird die Krankenkassen die Mehrkosten natürlich nicht übernehmen.

Wann zahlt die Kasse auch mögliche Mehrkosten?

Bei Hilfsmitteln, die über die Krankenversicherung ­bezahlt werden, sind die Preise zwischen den Kassen und Leistungserbringern, wie zum Beispiel Sanitätshäusern oder Home-Care-Apotheken, fest vereinbart. „Wenn Sie sich bei Ihrer Wahl auf die Kassenmodelle beschränken, müssen Sie also nicht auf die Preise schauen“, sagt Geiß. Anders sieht es aus, wenn ­Versicherte freiwillig ­Mehrkosten ­übernehmen wollen. Dann kann sich ein Preisvergleich zwischen verschiedenen Modellen und Herstellern und auch Anbietern lohnen – vor allem dann, wenn es um viel Geld geht.

Wenn das höherwertige Hilfsmittel medizinisch erforderlich ist und das von der Kasse bezahlte Modell zum Beispiel Schmerzen verursacht, erhalten Sie die Mehrkosten womöglich erstattet. Dafür müssen Sie einen Antrag auf Übernahme der Mehrkosten stellen. Dieser muss ausreichend begründet sein – dabei kann eine Stellungnahme Ihrer Hausarztpraxis helfen. „Wenn Sie aber ein bunteres Hörgerät wollen, das schöner aussieht, wird die Krankenkassen die Mehrkosten natürlich nicht übernehmen“, weiß Querling.

So viel zahlen Sie dazu

  • Für Hilfsmittel, die Sie immer wieder ­brauchen, zum Beispiel Insulinspritzen oder Bandagen, zahlen Sie zehn Prozent der Kosten pro Packung, maximal aber zehn Euro für Ihren gesamten ­Monatsbedarf.
  • Für alle anderen Hilfsmittel sind zehn Prozent fällig, maximal zehn Euro und mindestens fünf Euro.

In einigen Fällen können Versicherte diese ­Zuzahlungen begrenzen:

  • Übersteigen diese zwei Prozent Ihrer jährlichen Einkünfte beziehungsweise Rente, können Sie sich für den Rest des Jahres von den ­Zuzahlungen befreien lassen. „Maßgeblich ist dabei das ­Gesamteinkommen der Familienmitglieder, die in einem Haushalt leben“, so Verena Querling.
  • Für chronisch kranke Menschen gilt eine reduzierte Grenze von einem Prozent der Einkünfte. Den Antrag müssen Sie bei Ihrer Krankenkasse einreichen, zusammen mit den Originalquittungen und Kopien der Einkommensnachweise. „Das geht rückwirkend für vier Jahre“, sagt VdK-Expertin Geiß. Deshalb alle Belege sammeln und aufheben.

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Quellen:

  • Verbraucherzentrale NRW Düsseldorf: Hilfsmittel, Wer trägt die Kosten. Online: https://www.verbraucherzentrale.de/... (Abgerufen am 17.01.2024)
  • GKV-Spitzenverband, Berlin: 80 Prozent aller Hilfsmittel für GKV-Versicherte mehrkostenfrei . Online: https://www.gkv-spitzenverband.de/... (Abgerufen am 17.01.2024)
  • GKV-Spitzenverband, Berlin: Fünfter Bericht über die Entwicklung der Mehrkosten bei Versorgungen mit Hilfsmitteln. Online: https://www.gkv-spitzenverband.de/... (Abgerufen am 18.01.2024)
  • Fuchs J, Kuhnert R, Scheidt-Nave C: 12-Monats-Prävalenz von Arthrose in Deutschland. In: Journal of Health Monitoring 13.09.2017, 2017-2: 55-60