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Fast jeder Mensch hat in seinem Leben ab und an mit Wadenkrämpfen zu tun. Je älter man wird, umso eher kann es dazu kommen.

Meist sind Wadenkrämpfe harmlos. Sie treten in der Regel gelegentlich auf und legen sich durch gezielte Dehnübungen schnell wieder.

Vereinzelt können jedoch bestimmte Erkrankungen hinter den Krämpfen stecken – insbesondere, wenn die Krämpfe häufig und zusammen mit anderen Symptomen auftreten.

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Was kann darauf hindeuten, dass Wadenkrämpfe eine ernste Ursache haben?

Immer wiederkehrende Wadenkrämpfe, vor allem nachts, sollte man ernst nehmen. Sie können ein Warnsignal für eine krankheitsbedingte Ursache sein, die nur ein Arzt oder eine Ärztin abklären kann.

Zusätzliche Beschwerden in den Beinen wie Schwellungen, Muskelschmerzen, Muskelschwäche und Probleme beim Gehen und Stehen sind weitere Zeichen, die eine ärztliche Untersuchung erfordern.

Wichtig: Treten Symptome auf wie Lähmungserscheinungen im Bein oder Kribbeln und Taubheitsgefühle, ist das ein Notfall, der sofort ärztlich abzuklären ist. Gleiches gilt, wenn das Bein plötzlich gerötet oder schmerzhaft geschwollen ist.

Welche Krankheiten können hinter Wadenkrämpfen stecken?

Es gibt eine Vielzahl von Erkrankungen, die mit den Muskelbeschwerden in Verbindung stehen können. Dazu gehören:

  • Krankheiten, die den Hormonhaushalt und den Stoffwechsel beeinflussen
  • neurologische Erkrankungen und Störungen, also Krankheiten, die die Nerven betreffen
  • Muskelerkrankungen

Erkrankungen des Hormonhaushalts und des Stoffwechsels

Diabetes mellitus. Bei Menschen mit Zuckerkrankheit sind Wadenkrämpfe zu Beginn der Erkrankung ein Zeichen für einen gestörten Flüssigkeits- und Mineralstoff-Haushalt. Später können Nervenschäden der Grund für die Krampf-Neigung sein.

Stechhilfe

Zuckerkrankheit: Diabetes – was ist das?

Diabetes mellitus geht mit zu hohen Blutzuckerwerten einher. Es ist wichtig, die Krankheit rechtzeitig zu behandeln, um Schäden an Organen wie Herz, Augen und Nieren zu vermeiden. zum Artikel

Diabetes insipidus. Die Erkrankung beruht auf einem Mangel des antidiuretischen Hormons (ADH). Dieses Hormon beeinflusst die Wasserausscheidung der Niere. Ein Diabetes insipidus kann auch entstehen, wenn die Niere nicht auf ADH reagiert. Typische Symptome sind häufiges Wasserlassen und großer Durst.

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Diabetes insipidus

Bei dieser seltenen Erkrankung haben Betroffene vermehrt Durst und scheiden viel Urin aus. zum Artikel

krankhafter Magnesiummangel. Erste mögliche Anzeichen eines Mangels an Magnesium (Hypomagnesiämie) sind Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen, Müdigkeit und Schwäche. Im weiteren Verlauf können Taubheitsgefühle und Kribbeln, Wadenkrämpfe, Verhaltensänderungen und Herzrhythmusstörungen hinzukommen.

Nierenschwäche und Nierenversagen. Wadenkrämpfe können als Spätsymptome einer Nierenschwäche und eines Nierenversagens auftreten. Patientinnen und Patienten, die eine künstliche Blutwäsche (Dialyse) benötigen, haben manchmal vermehrt mit Wadenkrämpfen zu tun.

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Nierenversagen und Nierenschwäche

Akutes Nierenversagen tritt plötzlich auf. Eine chronische Nierenschwäche (Niereninsuffizienz) entwickelt sich allmählich. Mehr zu Ursachen, Symptomen und Therapie. zum Artikel

Schilddrüsenunterfunktion. Produziert die Schilddrüse zu wenig Hormone, spricht man von einer Unterfunktion. Solch eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) bremst den Stoffwechsel. Das führt zu sehr vielfältigen Symptomen, die sich individuell unterscheiden und verschiedene Organsysteme betreffen können.

Unterfunktion der Nebenschilddrüsen. Bei einer Nebenschilddrüsen-Unterfunktion (Hypoparathyreoidismus) mangelt es dem Körper am Botenstoff Parathormon oder das Hormon kann nicht richtig wirken. Das bringt den Kalzium- und Phosphatstoffwechsel durcheinander. Mögliche Folgen sind anfallsartige Krämpfe in den Waden, aber auch in anderen Körperbereichen. Die Krampfanfälle führen in den Händen zu einer typischen Pfötchen-Stellung.

Krankenschwester bei der Blutabnahme

Hyperparathyreoidismus (HPT)

Der Hyperparathyreoidismus ist eine Funktionsstörung der Nebenschilddrüsen: Sie produzieren zu viel Parathormon. Mehr zu Ursachen, Symptomen und Therapie. zum Artikel

Unterfunktion der Nebennierenrinde (Morbus Addison). Die Nebennierenrinden produzieren zu wenig Hormone, was den Wasser- und Mineralstoff-Haushalt stört. Typische Kennzeichen einer solchen Nebennierenrinden-Unterfunktion sind Abgeschlagenheit, körperliche Schwäche, Müdigkeit, Schwindel aufgrund von niedrigem Blutdruck und braungefärbte Haut und Schleimhäute. Muskelkrämpfe und Muskelschwäche in den Beinen sind möglich.

Erschöpfte Frau

Nebennierenrinden-Insuffizienz

Bei einer Unterfunktion (Insuffizienz) der Nebennierenrinde fehlen dem Körper wichtige Hormone, vor allem Kortisol. Mehr zu Ursachen, Symptomen und Therapie. zum Artikel

Neurologische Störungen und Erkrankungen

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). An ALS erkranken pro Jahr circa ein bis zwei von 100.000 Menschen. Im Lauf der Erkrankung werden bestimmte Nervenzellen im Gehirn und Rückenmark geschädigt – die Motoneuronen. Diese Nervenzellen senden Reize aus, damit sich Muskeln zusammenziehen.

Schäden an den Motoneuronen beeinträchtigen das Wechselspiel zwischen Muskelanspannung und -entspannung. Dadurch kann es zu Krämpfen kommen. Nächtliche Wadenkrämpfe sowie unwillkürliche Muskelzuckungen können Symptomen bei ALS sein.

Patientengespräch

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)

Bei der Amyotrophen Lateralsklerose gehen Nervenzellen zugrunde, welche die Muskeln steuern. Folgen sind Muskelschwäche und Lähmungen. zum Artikel

Crampus-Faszikulations-Syndrom. Das Syndrom kommt selten vor und bezeichnet unwillkürliche Muskelzuckungen. Muskelkrämpfe treten ebenfalls auf, zum Beispiel in den Waden. Manchmal kann es zu Empfindungsstörungen wie Brennen oder Taubheitsgefühlen kommen.

Parkinson-Krankheit. Bei Parkinson werden Nervenzellen im Gehirn geschädigt, die den Botenstoff Dopamin produzieren. Die Zellen verlieren ihre Funktion, was die Bewegungen einschränkt. Es kommt zu Bewegungsarmut, Muskelsteifigkeit (Rigor) und Zittern (Tremor) in Ruhe. Die Erkrankung geht teilweise mit Krämpfen in den Beinen einher.

Polyneuropathie. Damit bezeichnet man Schäden an den peripheren Nerven. Dazu zählen alle Nerven außerhalb des Gehirns und Rückenmarks. Eine Polyneuropathie kann zum Beispiel Folge eines schlecht eingestellten Diabetes (diabetische Neuropathie) oder von starkem Alkoholkonsum sein. Typischerweise kommt es zu Empfindungsstörungen in Händen, Füßen und Beinen. Muskelkrämpfe sind möglich.

Nervenzellen

Diabetische Neuropathie

Nervenschäden sind eine häufige Diabetesfolge. Heilbar ist eine Neuropathie nicht. Die Therapie zielt vor allem darauf ab, ein Fortschreiten zu vermeiden und die Beschwerden zu lindern. zum Artikel

Radikulopathien. Dieser Begriff umfasst Erkrankungen einzelner oder mehrerer Nervenwurzeln. Dazu zählen zum Beispiel Schäden oder Reizungen an den Nerven, beispielsweise aufgrund eines Bandscheibenvorfalls oder einer Verengung des Wirbelsäulenkanals (Spinalkanalstenose).

Ist die Lendenwirbelsäule betroffen, treten meist plötzlich einschießende Rückenschmerzen auf. Diese können bis ins Bein ausstrahlen. Husten oder Niesen verstärken häufig die Beschwerden. Oft kommen Kribbeln und Taubheitsgefühle hinzu, manchmal Lähmungserscheinungen. Wadenkrämpfe sind möglich.

Stiff-Person-Syndrom. Das ist eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS). Hier greift das Immunsystem Strukturen im Gehirn an, die der Nervenkontrolle dienen. In der Folge gerät diese Kontrolle aus dem Gleichgewicht: Die Muskeln versteifen und verkrampfen sich äußerst schmerzhaft, vor allem in Rumpf-Nähe. Typisch ist, dass sich Phasen von Muskelsteifigkeit und einschießenden Krämpfen abwechseln.

Dystonien. Bedeutet übersetzt “schlechte Spannung“. Oberbegriff für Störungen der normalen Bewegungsabläufe und Muskelspannung. Häufig kommt es zu Muskelkrämpfen an unterschiedlichen Skelettmuskeln.

Neuromyotonie (Isaacs-Syndrom). Dahinter verbirgt sich eine neurologische Erkrankung, bei der es zu einer erhöhten Erregbarkeit der Muskeln kommt. Muskelkrämpfe, Muskelsteifigkeit und -schwäche sowie Muskelzuckungen sind kennzeichnend.

Neuronale Tumoren. Gruppe seltener Geschwulsterkrankungen des Gehirns und Rückenmarks. Zu den möglichen Symptomen zählen zum Beispiel Kopf- oder Rückenschmerzen, Krampfanfälle, Probleme mit dem Sehen und Sprechen, Schwierigkeiten beim Gehen und Gleichgewicht halten, Taubheit in Armen und Beinen, Verhaltensänderungen.

Tetanus. Das ist eine Infektionskrankheit, die in Deutschland selten auftritt. Verursacht wird sie durch bestimmte Clostridien-Bakterien. Die Erreger bilden Giftstoffe (Toxine), die in die Nervenbahnen gelangen und zu schweren Muskelkrämpfen führen.

Erkrankungen der Muskeln (Myopathien)

Myotonien. Bedeutet übersetzt „(erhöhte) Muskelspannung“. Überbegriff für seltene erbliche Erkrankungen, bei der sich die Muskeln nach willkürlichem Anspannen nur zögerlich entspannen. So passiert es etwa, dass sich nach einem kräftigen Händedruck die Finger nicht mehr lösen lassen oder das Öffnen der Augen nach dem Lidschluss erschwert ist.

Metabolische Myopathien. Das ist eine Gruppe von stoffwechselbedingten Muskelerkrankungen, bei der Wadenkrämpfe möglich sind.

Ischämische Muskelschmerzen. Sie entstehen infolge einer verminderten Durchblutung, etwa in den Beinen. Solche Schmerzen sind zum Beispiel typisch für die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK).

Fazit

Die Bandbreite an Erkrankungen, die mit Wadenkrämpfen einhergehen können, ist groß – und damit auch die Zahl der ärztlichen Praxen, die als Anlaufstellen infrage kommen. Sprechen Sie zunächst mit Ihrem Hausarzt oder Ihrer Hausärztin. Sie oder er kann am besten beurteilen, welche Fachärztin oder welcher Facharzt geeignet ist.

Welcher Arzt oder welche Ärztin ist zuständig?

Die allgemeinmedizinische Praxis ist die erste Anlaufstelle, um wiederkehrenden Wadenkrämpfen auf den Grund zu gehen.

Die Hausärztin oder der Hausarzt wird Sie gründlich untersuchen und eine Verdachtsdiagnose stellen.

Je nach Befund kommen fachärztliche Anlaufstellen infrage wie:

  • Praxis für Innere Medizin: bei Symptomen, die auf Erkrankungen des Stoffwechsels und des Hormonhaushalts hinweisen
  • Praxis für Neurologie: bei Beschwerden, die das Nervensystem und die Muskeln betreffen
  • Praxis für Humangenetik: bei einem Verdacht auf eine seltene Muskelerkrankung

Welche Untersuchungen und Tests durchgeführt werden, um Wadenkrämpfen auf den Grund zu gehen, lesen Sie im Artikel: Diagnostik bei Muskelkrämpfen – Wie der Arzt oder die Ärztin vorgeht

Wichtiger Hinweis

Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann eine ärztliche Beratung nicht ersetzen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir keine individuellen Fragen beantworten.


Quellen:

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