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Nach der Ferienzeit ist die Schlafambulanz in Landshut besonders voll. „Wenn die Familie mal wieder zusammen in einem Raum schläft, fällt das Schnarchen ­eines Kindes plötzlich auf“, erzählt Barbara Schneider, Leiterin des Zentrums für Neuropädiatrie und Schlafmedizin am Kinderkrankenhaus St. Marien. Und das ist ein Glücksfall, denn nicht selten bleibt eine Schlaf­apnoe lange Zeit unerkannt.

Das liegt auch daran, dass die Symptome der nächtlichen Atemaussetzer oft falsch gedeutet werden. Während Erwachsene mit Schlafapnoe am Tag todmüde sind, drehen die Minis so richtig auf. „Meist kommen Eltern nicht zu mir, weil ihr Kind schlecht schläft, sondern weil es am Tag hibbelig, völlig unkonzentriert, ja teils sogar aggressiv ist“, sagt die Kinderärztin. In Krippe und Kinder­garten können die Jüngsten nicht still sitzen, bei den Älteren lassen die Schulleistungen nach.

Oft falscher Verdacht auf ADHS

Oft werde schnell die ADHS-Schublade aufgemacht. Doch so manche Aufmerksamkeitsstörung entpuppe sich als Schlafapnoe. „Indem die Kinder rumzappeln, ver­suchen sie gegen die Müdigkeit anzukommen, die aus den ständigen Schlafunterbrechungen rührt“, erklärt Schneider.

Wie kommt es dazu? Sind die oberen Atemwege blockiert und ist dadurch die Sauerstoffzufuhr länger unterbrochen, reagiert das Gehirn mit einer Weck­reaktion: Der Kreislauf fährt hoch und das Kind wechselt unbewusst die Position, bis die Atemzüge wieder normaler sind. „Das ist nicht lebensgefährlich, aber für den Köper sehr stressig und führt dazu, dass die kleinen Menschen nicht erholt auf­wachen“, so Schneider. Bleibt dies unbehandelt, kann das im ungünstigen Fall Wachstum und Entwicklung des Kindes beeinträchtigen.

Angestrengtes Atmen

Nicht jedes Schnarchen ist gleich ein Alarmzeichen. „Rund sieben Prozent der Kinder zwischen zwei und fünf Jahren schnarchen, aber nur etwa zwei Prozent haben eine Schlaf­apnoe“, beruhigt die Schlafmedizinerin. Wenn der Nachwuchs allerdings auch ohne Schnupfnase geräuschvoll und angestrengt durch den Mund ­atmet, ist es angebracht, sich an die Kinderärztin oder einen Hals-Nasen-­Ohren-Arzt zu wenden.

Eine Schlafapnoe entsteht oft dann, wenn ein Kind gerade viele Infekte durchmacht. „Das Immunsystem reagiert, indem sich die Rachenmandeln vergrößern – manchmal dauerhaft“, sagt Professor Boris Stuck, ­Direktor der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Marburg. In der Nacht entspannt sich die Muskulatur, die Zunge rutscht einen Tick nach hinten und blockiert den Luftweg.

„Meist zeigt sich schnell, ob die Rachenmandeln entfernt oder verkleinert werden müssen oder ob noch ­abgewartet werden kann. Durch das Wachstum löst sich das Problem nämlich oft von selbst“, sagt Stuck. Auch antientzündliche Sprays könnten unter Umständen helfen.

Lässt sich nicht sicher sagen, wie belastend die Apnoe für ein Mädchen oder einen Jungen ist, wird das Kind ins Kinderschlaflabor überwiesen. Überwacht werden dort unter anderem Schlaftiefe, Sauerstoffsättigung, Herzrhythmus, Körperlage und natürlich die Atembewegungen.

Spezielle Maske nötig?

In den seltensten Fällen ist zur Therapie eine Beatmung nötig, bei der ­eine Schlafmaske mit Überdruck die Atemwege frei hält. „Die wird bei Kindern meist nur bei schweren Grund­erkrankungen der Muskulatur, der Lungen oder des Stoffwechsels eingesetzt“, sagt Kinderärztin Schneider.

Häufiger braucht es hingegen eine kieferorthopädische Behandlung. Denn auch ein stark fliehendes Kinn, fehlgestellte Zähne oder ein zu kleiner Kiefer können ­eine Rolle bei den Atemaussetzern spielen. „Hat die Zunge keinen Platz und engt sie die oberen Atemwege ein, helfen hier spezielle Zahnspangen“, erläutert Stuck. Auch Logopädinnen und Logopäden unterstützen die Therapie. Beispiels­weise wenn ein Kind trotz HNO-Operation durch den Mund ­atmet, weil die Muskeln nicht mehr an den Mundschluss gewöhnt sind.

Kehrt nachts wieder Ruhe ein, werden auch die Tage angenehmer: „Mit der richtigen Therapie“, sagt Schneider, „wird mancher Zappelphilipp wieder zum ganz entspannten Kind.“