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Kokosblütenzucker wird als „natürliche ­Alternative“ zu Haushaltszucker beworben, als mineralstoff- und vitaminreicher und bei Diabetes geeignet. Auch bei Discountern und Drogerien ist der Trend-Zucker mittlerweile erhältlich. Lohnt sich der Kauf?

Wie wird Kokosblütenzucker hergestellt?

Kokosblütenzucker gewinnen Bauern aus den Blüten der im südostasiatischen Raum verbreiteten Kokospalme, und das in Handarbeit. Sie ritzen die Blüten an und fangen den heraustropfenden Nektar in Gefäßen auf. Der Saft wird zu einem dickflüssigen Sirup eingekocht, bis er kristallisiert. Der feste Zuckerblock wird im Anschluss zerhackt und gemahlen. Nach Kokos schmeckt der Zucker nicht, sondern karamellartig und malzig. Für Süßspeisen, Gebäck oder im Kaffee kann das eine besondere Note sein. Verwenden kann man Kokosblüten­zucker eins zu eins wie Haushaltszucker. Beim Backen ist es allerdings möglich, dass der Kuchen nicht so locker und fluffig wird – was daran liegt, dass sich der Zucker im Teig nicht vollständig löst. Ein wenig dunkler kann das Gebäck auch sein.

Gibt es Gesundheitsvorteile?

Hersteller und Händler werben damit, dass Kokosblütenzucker einen höheren Nährstoffgehalt habe als üblicher Zucker und einen niedrigen glykämischen Index, dass er also den Blutzucker nicht so schnell und stark in die Höhe treibe.

Zwar enthält Kokosblütenzucker etwa Kalium, Kalzium, Eisen, Magnesium und Zink, den Ballaststoff Inulin sowie Vitamine. Aber das nur in Spuren. Um den täglichen Bedarf zu decken, müsste man also große Mengen ­essen. Da Kokosblüten- wie normaler Haushaltszucker hauptsächlich aus dem Zweifachzucker Saccharose besteht, ist er mit etwa 400 Kilokalorien pro 100 Gramm auch ähnlich kalorienreich und süß. Nur weil er etwa einige Mineralstoffe mehr enthalte, sollte dies kein Grund sein, davon zu viel zu essen, betont Ernährungswissenschaftlerin Astrid Donalies von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung in Bonn. Denn: „Ernährungs­physiologisch ist Kokosblütenzucker wie Haushaltszucker zu bewerten.“ Und für den gilt: Zu viel davon ist ungesund.

Süßer Inhalt: Blütenstand einer Kokospalme.

Süßer Inhalt: Blütenstand einer Kokospalme.

Wie viel Zucker sollte man zu sich nehmen?

Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, höchstens zehn Prozent der täglichen Kalorien durch Zucker aufzunehmen. Besser noch: die Menge auf höchstens fünf Prozent reduzieren, was bei ­einem Erwachsenen höchstens 25 Gramm pro Tag entspricht. „Wer Kokosblütenzucker mag, kann ihn als Alternative mit in den Speiseplan einbauen“, sagt Thomas Skurk, Professor für Ernährungsmedizin an der TU München und Vorsitzender des Ausschusses Ernährung und Diabetes der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Immerhin leiste er einen kleinen Beitrag zur Mineralstoffversorgung.

Wie hoch ist der glykämische Index wirklich?

Hier wird damit geworben, dass dieser bei 35 liege, was halb so viel wäre wie üblicher Haushaltszucker. Zuverlässige Studien dazu fehlen, meint Thomas Skurk. „Zwar enthält Kokosblütenzucker Ballaststoffe wie Inulin, die den niedrigeren glykämischen Index erklären. Aber ob er wirklich so tief liegt, wage ich zu ­bezweifeln“, sagt er. „So viele Ballaststoffe stecken dann auch wieder nicht drin.“ Auch das Bundeszentrum für Ernährung in Bonn betont, dass Kokosblütenzucker aufgrund des hohen Saccharosegehalts keine Alternative für Menschen mit Diabetes ist. Jedenfalls keine, für die andere Regeln gelten als für Haushaltszucker.

Wie nachaltig ist Kokoszucker?

Auch in puncto Nachhaltigkeit kann Kokosblütenzucker nicht unbedingt überzeugen. Denn er muss weit transportiert werden, ­etwa aus Indonesien, Indien oder von den Philippinen. „Rübenzucker wird hierzulande hergestellt“, so Donalies. Laut der Ernährungswissenschaftlerin gilt es beim Einkauf auch zu beachten, dass das Produkt nicht mit anderen Zuckerarten gestreckt ist. Hier hilft ein kritischer Blick auf die Zutatenliste. Dass der sinnvoll sein kann, zeigt eine ­Untersuchung von „Öko-Test“ aus dem Jahr 2021. Demnach steckte in fünf von 19 Produkten Fremdzucker, wahrscheinlich günstigerer Rohrzucker.

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Quellen:

  • Saraiva A et al.: Coconut Sugar: Chemical Analysis and Nutritional Profile; Health Impacts; Safety and Quality Control; Food Industry Applications. Int J Environ Res Public Health: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/... (Abgerufen am 04.07.2023)
  • Gardner E et al.: Coconut sugar. In: British Dental Journal 24.11.2017, 223: 1
  • Verbraucherzentrale: Kokosblüten-, Birkenzucker, Stevia & Co.: Alternative Süßmacher im Trend. https://www.verbraucherzentrale.de/... (Abgerufen am 05.07.2023)
  • WHO: Guideline: sugars intake for adults and children. https://www.who.int/... (Abgerufen am 05.07.2023)
  • Verband für unabhängige Gesundheitsberatung: Palm- und Kokosblütenzucker: Zum Süßen geeignet?. https://www.ugb.de/... (Abgerufen am 05.07.2023)
  • Bundeszentrum für Ernährung: Lebensmittelwerbung zum Thema Zucker, Gesetzlicher Rahmen und Rechtsprechung. https://www.bzfe.de/... (Abgerufen am 05.07.2023)
  • Oekotest: Darum ist Kokosblütenzucker nicht gesünder als Haushaltszucker. https://www.oekotest.de/... (Abgerufen am 05.07.2023)