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Wofür braucht der Körper Vitamin D?

Vitamin D ist kein Vitamin im klassischen Sinn, vielmehr hat es hormonähnliche Eigenschaften. Am wichtigsten ist es für den Kalzium-Phosphatstoffwechsel. „Es befördert den Einbau von Kalzium in die Knochen“, sagt Prof. Dr. Berthold Koletzko, Kinder- und Jugendarzt und Leiter der Abteilung Stoffwechsel und Ernährung am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Universität München. Es sorgt also für starke Knochen, aber auch für harte Zähne. Fürs Immunsystem ist Vitamin D ebenfalls bedeutend, ebenso für die Muskelkraft .

„Besonders wichtig ist eine gute Versorgung mit Kalzium und Vitamin D für Kinder in der Wachstumsphase bis zum jungen Erwachsenenalter, wenn der Knochen aufgebaut werden muss“, so Koletzko.

Wie bekommt der Körper Vitamin D?

80 bis 90 Prozent und damit den größten Teil stellt der Körper über die Haut selbst her. Dafür braucht es Sonne, genauer gesagt UVB-Strahlen. Im Sommerhalbjahr klappt das in der Regel gut. Im Herbst und Winter ist die Sonne in unseren Breitengraden aber nicht stark genug. „Als Faustregel gilt: Wenn die Sonne so tief steht, dass der Schatten etwas länger ist als der Körper, produziert die Haut kaum Vitamin D“, sagt Koletzko.

Der Körper speichert Vitamin D allerdings im Fett- und Muskelgewebe – ein Vorrat, den er in den Sommermonaten anlegt und von dem er bestenfalls den ganzen Winter über zehrt. Auch über die Nahrung lässt sich Vitamin D aufnehmen, die Mengen sind aber gering. Zudem steckt es nur in wenigen Lebensmitteln – in fettem Seefisch wie Lachs, Hering oder Makrele etwa, in Speisepilzen (Pfifferlinge, Champignons), Milch, Eiern und Leber.

Vitamin D für Kinder: Welche Empfehlungen gibt es?

„Der Bedarf an Vitamin D ist im Säuglingsalter besonders groß“, erklärt Koletzko. Da Säuglinge aber nicht der direkten Sonne ausgesetzt werden sollten, empfehlen Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) hier die Gabe von 400 bis 500 I.E. (Internationale Einheiten, entspricht 10 bis 12,5 μg) täglich als Tablette oder Tropfen – und zwar von der zweiten Lebenswoche bis zum zweiten erlebten Frühsommer. Kinder, die im Winter geboren sind, sollten also 18 Monate zusätzlich Vitamin D bekommen, alle anderen im ersten Lebensjahr – und das unabhängig davon, ob das Kind gestillt wird oder nicht. Die Kosten für die Tabletten oder Tropfen übernimmt die Krankenkasse. „Empfohlen wird die Kombination mit der Fluoridprophylaxe“, sagt Koletzko.

Wie äußert sich ein Vitamin-D-Mangel bei Kindern?

Sind die Kleinen nicht ausreichend mit Vitamin D versorgt, kann dies schlimmstenfalls zu Rachitis führen, einer schweren Störung des Knochenwachstums mit zu weichen, verbogenen Knochen. Eine große Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zeigt: Nur knapp die Hälfte hatte wünschenswerte Vitamin-D-Spiegel im Blut. Für Expertinnen und Experten ist das allein allerdings noch kein Grund zur Sorge. Zwar sei eine ausreichende Versorgung anzustreben, sagt Koletzko. „Wir geraten aber nicht gleich in Panik, wenn der Wert mal niedrig ist.“

Die DGKJ und die Deutsche Gesellschaft für Kinderendokrinologie und Diabetologie sprechen sich daher auch nicht dafür aus, gesunden Kindern jenseits des 24. Lebensmonats generell Vitamin D als Supplement zu geben, da ein konkreter Nutzen nicht nachgewiesen ist. Das gilt auch bezogen auf Atemwegsinfekte. „ Auch wenn es Hinweise auf einen möglichen Nutzen gibt, ist die Datenlage nicht ausreichend klar“, sagt Koletzko.

Auch Silke Laubscher, Apothekerin in Heidelberg, betont: „Man sollte nicht einfach nach dem Gießkannenprinzip irgendwas zuführen. Es gibt keine handfesten Studien, die zeigen, dass zusätzliches Vitamin D für Kleinkinder nach der empfohlenen Zeit generell sinnvoll ist.“

Was ist mit chronisch kranken Kindern?

Gehören die Kinder jedoch zu einer Risikogruppe, kann eine zusätzliche Gabe erwogen werden. So zeigte sich in Untersuchungen, dass etwa Kinder mit dunkler Haut, die schwerer Vitamin D bilden, oder chronisch kranke Kinder, die nicht draußen spielen können, ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-D-Mangel haben. Gefährdet sind auch Kinder, die bestimmte Medikamente wie Antiepileptika einnehmen müssen. „Das sollte dann aber einmal mit der Kinder- und Jugendärztin besprochen werden“, so Koletzko. „Oft lässt sich ohne eine Blutuntersuchung im Gespräch einschätzen, ob Risikofaktoren vorliegen und eine zusätzliche Supplementation sinnvoll ist.“ Dann stimmt auch die Dosis. Denn zu viel Vitamin D kann durchaus schaden und etwa zu Bauchkrämpfen, Erbrechen oder auch Nierensteinen führen, so Apothekerin Laubscher.

Ob Vitamin D als Tropfen oder Tabletten gegeben wird, ist nicht entscheidend. Tabletten sind etwas einfacher zu dosieren. „Da kann man sichergehen, dass genau die gewünschten Einheiten drin sind“, sagt Laubscher. „Bei Tropfen rutscht vielleicht doch einmal einer zu viel raus oder das Volumen variiert mit der Raumtemperatur.“

Was sollten Eltern tun?

Am wichtigsten: Dafür sorgen, dass Kinder regelmäßig an die frische Luft kommen. „Das ist nicht nur für die Vitamin-D-Produktion gut“, sagt Koletzko. Es fördert auch über die Bewegung den Muskelaufbau, starke Knochen und nicht zuletzt die geistige Entwicklung.

Und wie lange sollte man fürs Vitamin D in der Sonne sein? „Wer von April bis September zwei- bis dreimal die Woche je nach Hauttyp für etwa zehn Minuten mit freien Armen und unbedecktem Kopf zwischen zehn bis 15 Uhr in die Sonne geht, stellt genug her“, sagt Koletzko. Das muss dann für eine so kurze Zeit auch ohne Sonnencreme sein, denn diese behindert die Produktion von Vitamin D.

Allerdings gilt es hier auf den eigenen Hauttyp zu achten und einen guten Kompromiss zu finden – denn zu viel Sonne ist bekannterweise gefährlich und kann Sonnenbrand und Hautkrebs verursachen. Für Stubenhocker: Die Sonne hinterm Fenster zu genießen hilft nicht. UVB-Strahlen dringen nicht durchs Glas.

Und was gilt für Schwangere?

Auch sie sollten darauf achten, ausreichend mit Vitamin D versorgt zu sein. „Das ist nicht nur für die eigene Knochengesundheit wichtig, sondern auch für die des Kindes“, sagt Koletzko. Auch hier gibt es ihm zufolge klare Empfehlungen: Schwangere, die nicht ausreichend Vitamin D selbst bilden können, sollten 800 I.E. (entspricht 20 μg) täglich einnehmen – in Rücksprache mit der Frauenärztin oder dem Frauenarzt. „Meistens ist Vitamin D ohnehin in Folsäure-Präparaten mit enthalten“, sagt Laubscher.


Quellen:

  • Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, Deutsche Gesellschaft für Kinderendokrinologie und -Diabetologie: Vitamin-D-Supplementierung jenseits des zweiten Lebensjahres. Monatsschrift Kinderheilkunde: https://link.springer.com/... (Abgerufen am 25.01.2024)
  • Yakoob MY, Salam RA, Khan FR, Bhutta ZA : Ergänzende Vitamin-D-Gabe zur Vorbeugung von Infektionen bei Kindern unter fünf Jahren. Cochrane Library: https://www.cochrane.org/... (Abgerufen am 25.01.2024)
  • Robert Koch Institut: Antworten des Robert Koch-Instituts auf häufig gestellte Fragen zu Vitamin D. Gesundheit A-Z: https://www.rki.de/... (Abgerufen am 25.01.2024)
  • Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Nahrungsergänzungsmittel mit Vitamin D – sinnvoll oder überflüssig?. Stellungnahme 055/2023: https://www.bfr.bund.de/... (Abgerufen am 25.01.2024)