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Wegen des wärmeren Klimas wird hierzulande vermehrt die Zecke Hyalomma gesichtet. Sie kann schwere Erkrankungen wie das Krim-Kongo-Fieber übertragen. Kürzlich ist ein Mann in Spanien daran erkrankt. Wie groß ist die Gefahr hierzulande und worauf ist zu achten?

Woher stammt die Riesenzecke Hyalomma?

Das Hauptverbreitungsgebiet der Hyalomma-Zecke ist Nordafrika und der Nahe Osten. Während die in Deutschland heimische Zecke – der Gemeine Holzbock – zwischen zwei und vier Millimeter misst, ist die Hyalomma mit rund fünf bis sechs Millimetern Länge deutlich größer. Daher wird sie umgangssprachlich auch als Riesenzecke bezeichnet.

Wie ist die Hyalomma-Zecke nach Deutschland gekommen?

Schon seit mehreren Jahrzehnten kamen immer mal wieder vereinzelte Hyalomma-Zecken nach Deutschland. Das liegt daran, dass die blutsaugende Hyalomma-Zecke bis zu drei Wochen lang auf dem Wirt verweilen kann.

„Wenn im Frühjahr die Zugvögel aus Afrika zurück nach Mitteleuropa fliegen, dann kann es sein, dass sie unterwegs von Hyalomma-Zeckenlarven befallen werden und diese etwa nach Deutschland mitbringen“, sagt Dr. Hans Dautel, Zeckenexperte und Geschäftsführer beim unabhängigen Forschungslabor Insect Services, das sich unter anderem mit der Prüfung und Wirksamkeit von Insektiziden beschäftigt.

Während noch vor 20 Jahren nur vereinzelt Hyalomma-Zecken in Deutschland gesichtet wurden, sind es in den letzten fünf Jahren deutlich mehr geworden

Warum wird die Hyalomma-Zecke immer häufiger gesichtet?

Hyalomma-Zecken brauchen trockene und warme Gefilde. Sie konnten früher in Deutschland nicht lange überleben, weil es dort zu feucht und zu kalt war. Doch dies hat sich besonders in den letzten Jahren geändert. „Während noch vor 20 Jahren nur vereinzelt Hyalomma-Zecken in Deutschland gesichtet wurden, sind es in den letzten fünf Jahren deutlich mehr geworden. Die allermeisten Zecken wurden auf Pferden beim Striegeln nach dem Ausreiten entdeckt, aber Hyalomma-Zecken stechen genauso auch Menschen“, sagt Dautel.

Dass plötzlich so viel mehr Hyalomma-Zecken gesichtet wurden, liege sicher zum Teil daran, dass genauer darauf geachtet werde: so wurden die Menschen im Rahmen eines Bürgerwissenschaft-Programms dazu aufgerufen, nach den großen Zecken Ausschau zu halten. „Ich denke aber, dass dies nicht alleine der Grund ist. Die klimatischen Bedingungen haben sich hierzulande derart geändert, dass sich die von Zugvögeln abgefallenen Hyalomma-Zecken hierzulande weiterentwickeln und längere Zeit überleben können. Es gibt auch Nachweise, dass sie in Europa vereinzelt bereits überwintert haben“, sagt Dautl.

Welche Krankheiten überträgt die Hyalomma-Zecke?

Die Hyalomma-Zecke kann die Erreger mehrerer Krankheiten übertragen, darunter vor allem das Fleckfieber und das Krim-Kongo-Fieber.

  • Das durch Viren verursachte Krim-Kongo-Fieber geht häufig mit grippeähnlichen Beschwerden, Fieber und Schmerzen im Verdauungstrakt einher. Meist verläuft die Erkrankung harmlos; sie kann aber auch schwere Blutungen verursachen und schlimmstenfalls zu tödlichen Organproblemen führen.
  • Das Fleckfieber wird durch Bakterien ausgelöst und kann zu schweren Komplikationen führen. Es äußert sich durch hohes Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen und einen fleckigen Hautausschlag. Die Erkrankung ist mit Medikamenten gut in den Griff zu bekommen – unbehandelt kann sie jedoch tödlich enden.

Wie gefährlich ist ein Stich der Hyalomma-Zecke?

Bislang wurde bei Hyalomma-Zecken in Deutschland das Krim-Kongo-Virus nicht nachgewiesen. „Das liegt sicher auch daran, dass sich das Virus nicht in Vögeln hält. Und da Vögel der Haupt-Transportwirt für die Hyalomma-Zecken sind, die nach Deutschland kommen, kommen sie meist gar nicht mit dem Virus in Kontakt“, sagt Dautel. Dass man sich also in Deutschland nach einem Hyalomma-Zeckenstich mit dem Krim-Kongo-Fieber infiziert, hält Dautel derzeit für extrem unwahrscheinlich.

Eine Infektion mit dem Fleckfieber hingegen ist nach einem Stich der Hyalomma-Zecke nicht auszuschließen. Schon 2019 wurde ein Mensch in Nordrhein-Westfalen durch einen solchen Zeckenstich mit dem Fleckfieber infiziert. „Das Fleckfieber lässt sich glücklicherweise mit Antibiotika meist gut behandeln“, sagt Professor Reinhold Kerbl, Generalsekretär des Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde. Die größte Herausforderung für Mediziner und Medizinerinnen dürfte sein, das Fleckfieber überhaupt zu erkennen, da es in Deutschland und Österreich ausgesprochen selten ist.

Wird sich die Riesenzecke weiter ausbreiten?

„Alles ist möglich – wir können es nicht vorhersagen: Es kann sein, dass die Hyalomma-Zecke in den nächsten Jahren wieder deutlich seltener in Deutschland gesichtet wird. Es kann aber auch sein, dass die Zahl der gesichteten Zecken noch weiter zunimmt“, sagt Experte Dautel. Jagt ein Rekord-Wärme-Monat weiter den nächsten, hält Dautel es aber für realistisch, dass sich die Hyalomma-Zecke langfristig auch in Deutschland ausbreitet und in einigen Jahren nicht mehr nur als Mitbringsel der Vögel hierhergelangt, sondern sich hier ansiedelt.

Sie kann die Silhouetten von Säugetieren – auch Menschen – erkennen und läuft aktiv auf einen Wirt zu, dabei kann sie schon mal mehrere Dutzend Meter zurücklegen

Wie findet die Hyalomma-Zecke einen Wirt?

Die Art, wie die Hyalomma-Zecke zu ihrem Wirt gelangt, um ihn zu stechen, etwa zu einem Menschen oder einem Pferd, unterscheidet sich von der Vorgehensweise des hierzulande heimischen Gemeinen Holzbocks.

Der Gemeine Holzbock klettert auf Sträucher und lässt sich dann beispielsweise von einem vorbeilaufenden Menschen abstreifen. „Die Hyalomma-Zecke zeigt mehr Initiative, sie gehört zu den sogenannten Jägern: Sie kann die Silhouetten von Säugetieren – auch Menschen – erkennen und läuft aktiv auf einen Wirt zu, dabei kann sie schon mal mehrere Dutzend Meter zurücklegen“, sagt Dautel.

Wie kann man sich vor der Hyalomma-Zecke schützen?

Prof. Kerbl empfiehlt, die wichtigsten Schutzmaßnahmen vor Zecken ganz unabhängig von der Hyalomma-Zecke zu beachten: „Dazu gehört, dass man im Gebüsch idealerweise lange Hosen trägt, die Socken über die Hose zieht und Insektenspray verwendet. Und, wichtig: Kinder sollten nach dem Spielen im Freien, im Gebüsch, einmal nach Zecken abgesucht werden!“ Diese Maßnahmen schützten laut Kerbl auch vor den heimischen Zecken, die Krankheiten wie Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen können. Gegen FSME kann man sich zudem impfen lassen.

Wenn man von einer Zecke gestochen wurde, muss man laut Kerbl nicht jedesmal eine ärztliche Praxis aufsuchen. Kommt es im Zusammenhang mit dem Zeckenstich zu Beschwerden, entzündet sich die Einstichstelle oder bildet sich nach mehreren Tagen bis Wochen eine ringförmige Rötung (sogenannte Wanderröte) um die Einstichstelle, sollte man laut Kerbl zur Sicherheit eine Praxis aufsuchen – und den Arzt oder die Ärztin darauf hinweisen, dass es kürzlich einen Zeckenstich gab.


Quellen: