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Was bringt Sie zum Lachen?

Lachen ist ja eine spontane Angelegenheit. Ich reagiere auf alles, was mich überrascht. Ich lache gerne, aber sicher nicht über jeden Quatsch.

Woher kommen die Ideen für die Gags in Ihren Cartoons?

Ich laufe mit offenen Augen und Ohren durch die Welt. Ich bin ein sehr guter Beobachter. Aber ich habe nicht immer Bleistift und meinen Zeichenblock dabei und zeichne oder schreibe mir sofort etwas auf. Das ist mehr ein unbewusstes Aufnehmen, was um mich herum passiert.

Haben Sie schon als Kind andere Menschen zum Lachen gebracht?

Ich komme aus einem völlig unkünstlerischen Haushalt. Dass ich als Junge gezeichnet und gebastelt habe und einen Sinn für Komik hatte, wurde nicht weiter beachtet. In der Schule gehörte ich zu denen, die für die Unterhaltung der Klasse gesorgt haben. Das hat vielleicht wettgemacht, dass ich ein eher schmächtiges Kind war. Gut Fußball spielen oder gute Sprüche klopfen und den anderen mit Ironie entwaffnen – beides bringt einem Anerkennung (lacht).

Wann haben Sie Ihren Eltern gesagt, dass Sie Künstler werden wollen?

Ich habe mich lange nicht getraut zu sagen: „Ich bin ein Zeichner“. Ich habe erst Sozialpädagogik studiert und als Dozent an der Volkshochschule gearbeitet. Mein Vater wollte mich unbedingt von der „brotlosen Kunst“ abbringen. Aber irgendwann hatte ich keine Angst mehr. Zur Not hätte ich mein Geld als Straßenzeichner von Touristen verdient.

Nehmen Sie alles von der leichten, humorvollen Seite?

Ich versuche es, ja. Ich bemühe mich, mit einem Schmunzeln durchs Leben zu gehen. Und auch in schwierigen Situationen einen Schritt zurückzutreten und alles mit einem humoristischen Blick zu betrachten. Das meiste ist dann nicht mehr so schlimm. Das möchte ich auch mit meiner Arbeit vermitteln: Humor ist eine gute Möglichkeit, mit der Unbill des Lebens umzugehen.

Klingt nach einem therapeutischen Ansatz.

Das ist so. Jemand hat mal gesagt: „Humor ist nur die Höflichkeit der Verzweiflung.“

Klimawandel, Ukrainekrieg, Energieknappheit - es gibt momentan viele Gründe sich zu sorgen. Wie verändert sich der Humor in Krisenzeiten?

Es gibt Leute, die inzwischen gar nichts mehr komisch finden. Das ist individuell sehr unterschiedlich. Doch selbst im Krieg machen die Menschen Witze. Für mich ist Humor eine Form des Überlebens oder sogar Heilens.

Sie haben fünf Jahre in Rom gelebt. Wie sehr beeinflusst die Kultur eines Landes, wie oft wir lachen?

Die Italiener habe ich insgesamt als viel lebenslustiger und entspannter empfunden als uns Deutsche, die wir meist auf den Ernst der Lage abheben und um Tiefgründigkeit ringen. Vermutlich gibt es diese ­unbekümmerte „Dolce-vita“-Haltung nicht nur in Italien, sondern in vielen Ländern.

Was finden Sie gar nicht komisch?

Sexistische Witze, ausländerfeindliche Witze. Witze, die zu billig und zu abgegrast sind. „Kommt ’ne Frau zum Arzt …“ Solche erzählten Witze kann ich mir oft nicht merken. Mir geht es mehr um eine Auseinandersetzung mit politischen und privaten Einflüssen und darum, Ungereimtheiten auf den Punkt zu bringen.

Umgeben Sie sich nur mit Menschen, die Ihren Humor teilen?

Es wäre schlimm, wenn meine Frau nicht lachen könnte über meine Bilder. Sie ist meine erste Kritikerin. Was ich zeichne, soll aber für alle verständlich sein. Mir liegt viel daran, dass jeder den Inhalt und die Pointe meiner Zeichnungen kapiert. Das muss natürlich nicht heißen, dass jeder sie lustig findet.

Humor ist eine gute Möglichkeit, mit der Unbill des Lebens umzugehen.

Am Rollator gehen, schlecht hören: Sie legen auch den Finger in Wunden, die das Alter mit sich bringt.

Der französische Karikaturist Sempé, der mit dem „kleinen Nick“ berühmt wurde, hat mal gesagt: „Du musst als Zeichner mit deinen Figuren älter werden. Dann geht dir der Stoff nie aus.“ Es geht um die eigenen Befindlichkeiten. Ich sehe ja, wie es mir und meinen Freunden geht, wenn man 60, 70 und älter wird, was passiert und worüber wir reden. Manche haben es schwer, manche haben es leichter. Die großen und kleinen Wehwehchen, das ist mein Stoff.

Stoff, der Sie offenbar sehr inspiriert.

Wenn man jünger ist, denkt man nicht so viel über das Alter nach. Aber ich habe schon immer den Jetzt-Zustand beobachtet, bei mir und bei anderen: Was bewegt mich? Wie will ich wohnen? Wer bin ich als Rentner? Warum fahre ich dieses Auto, obwohl es unvernünftig ist? Warum muss ich nun dreimal im Jahr zum Zahnarzt, wo früher einmal reichte? Das aufzugreifen, macht mir Spaß.

Ist Ihre Angst vor dem Älterwerden kleiner geworden, seit Sie sich
intensiver damit beschäftigen?

Ich würde lügen, wenn ich sage, ich hätte keine Angst davor. Freunde werden krank, sterben. Das lässt einen nicht kalt. Man sieht plötzlich die Endlichkeit des Lebens. Aber ich versuche das spielerisch zu nehmen. Bei Lesungen kam ich schon mit einem antiken Rollator vom Flohmarkt auf die Bühne, damit die Leute darüber auch mal lachen können.

Sie zeichnen auch Cartoons über Demenz.

Anfangs war ich sehr gespannt, wie das bei den Menschen ankommt. Manchmal ist es ein schmaler Grat. Aber die positiven Reaktionen, vor allem von Angehörigen, haben mich ermutigt, weiterzumachen.

Fühlen Sie sich so alt wie Sie sind?

Manchmal schon. Ich fühle, dass ich älter, unkonzentrierter und schneller müde werde. Aber ich laufe noch jeden Tag rund sieben Kilometer. Ich muss keine Tabletten nehmen. Ich lag seit 15 Jahren nicht mehr krank im Bett. Ich war immer ein Familienmensch und immer mit einer Partnerin zusammen. Dafür bin ich sehr dankbar.

Spüren Sie schon Altersweisheit?

Manche Dinge sind einem bewusster. Manches kann man besser auf den Punkt bringen. Und man sieht vieles gelassener mit den Jahren.

Wie halten Sie es mit dem Genuss.

Ich koche nicht gerne und schlechter als meine Frau, aber ich esse gerne. Meine Frau und ich laden oft Gäste ein. Das gesellige Zusammensein genießen wir genauso wie das Reisen.

Und mit der Disziplin?

Ich bin ein disziplinierter Mensch. Ich zeichne jeden Tag ein paar Stunden und gehe wirklich jeden Tag raus.

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