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Es gibt sie aus Naturleder und mit Vlies, mit eingenähten Silberfäden oder aus ­atmungsaktiver Kunstfaser, in Rosa, Petrol und sogar mit bayerischem Rautenmuster in Weiß-Blau. Wie Farbfächer beim Maler hängen die Mustersohlen bei Horst Hackert am Regal.

Der Orthopädie-Schuhmacher aus München nutzt das bunte Material für die Decksohlen von Einlagen. Zusammen mit dem Unterbau – früher oft aus Kork, heute meist aus verschiedenen Kunststoffen – entsteht in Hackerts Werkstatt das fertige Produkt – als Maßanfertigung.

Meist wegen Fußfehlstellungen verordnet

Anders als bei Einlagen von der Stange, etwa aus dem Drogeriemarkt, haben orthopädische Einlagen einen therapeutischen Auftrag: Sie sollen den Fuß gezielt stützen oder polstern, im besten Fall korrigieren. Für 2021 registrierten die gesetzlichen Krankenkassen mehr als 4,5 Millionen Versorgungen. Die Zahlen für die Vorjahre liegen ähnlich hoch.

„Der häufigste Grund für Einlagen sind Fußfehlstellungen“, weiß Orthopäde Professor Bernhard Greitemann von der Klinik Münsterland in Bad Rothenfelde. Fehlstellungen gibt es in vielen Variationen: als Spreiz-, Senk-, Hohl- oder Knickfuß, oft auch in Kombination, etwa als Knick-Senkfuß (siehe Grafik). Und sie sind weitverbreitet. Geschätzt hat etwa jeder zweite Erwachsene eine Neigung zum Senkfuß, auch der Spreizfuß wird offenbar häufiger, beobachtet Greitemann.

Typische Gründe für Einlagen: Vor allem vom Spreizfuß sind eher Frauen betroffen – sie bekommen häufiger Einlagen verordnet.

Typische Gründe für Einlagen: Vor allem vom Spreizfuß sind eher Frauen betroffen – sie bekommen häufiger Einlagen verordnet.

Einlagen nur bei Beschwerden sinnvoll

Längst nicht jede oder jeder brauche deswegen Einlagen – entscheidend sei, ob die oder der Betroffene Beschwerden habe, etwa Schmerzen oder Schwielen. Auch wenn die Unwucht im Fuß mit einer Arthrose im Sprunggelenk oder im Knie einhergeht, können Einlagen helfen.

Ein weiterer Grund für das Hilfsmittel sind Entzündungen der Sehnenplatte an der Fußsohle („Fersensporn“). Zwar sei „die Studienlage ausbaufähig“, so Greitemann – wie viele Hilfsmittel werden auch Einlagen eher wenig erforscht. Aber: „Richtig angewandt sind Einlagen eine bewährte Therapie.“ Sie lindern etwa den Schmerz und beugen einer Verschlimmerung der Fehlstellung vor.

Einlagen-Tipps

  • Die Standardver­sorgung besteht aus zwei Paar. Wechseln Sie die Einlagen täglich und lassen Sie sie 24 Stunden auslüften. Nicht auf die Heizung legen!
  • Am besten passen sie in bequeme Schuhe mit he­raus­nehmbarem Fußbett. Beim Schuhkauf mitnehmen.

„Einlagen sind keine Wundermittel“, sagt Dr. Stefan Lemperle. Der Orthopäde von der Schön Klinik in München-Harlaching erlebt immer wieder, dass Patientinnen und Pa­tienten mit falschen Erwartungen zu ihm kommen. Etwa, dass Einlagen die Geometrie des Körpers gerade rücken und so chronische Rückenschmerzen ausschalten könnten. „Für solche Wirkungen gibt es keine Belege“, stellt Lemperle klar. Befeuert würden derartige Vorstellungen durch die Werbung, besonders Anzeigen im Internet.

Fragwürdiger Hype um sensomotorische Einlagen

So erleben seit einigen Jahren sogenannte sensomotorische Einlagen einen regelrechten Hype. Sie kommen auch unter der Bezeichnung „propriozeptive“ oder „aktive“ Einlagen in den Handel. Druckpolster in der Sohle sollen Muskeln und Nervenleitungen im Fuß gezielt stimulieren.

Experte Greitemann will nicht ausschließen, dass die Versorgung im Einzelfall Vorteile gegenüber der klassischen Einlage hat, etwa bei Kindern mit einem behandlungsbedürftigen Knick-Senkfuß. „Aber man muss sagen: Wir haben bisher keine harten wissenschaftlichen Beweise für eine spezifische Wirkung von sensomotorischen Einlagen.“ Weil auch die Krankenkassen bislang nicht von deren Sinn überzeugt sind, ist die Versorgung in der Regel Privatsache.

Zusätzlich selbst etwas für die Füße tun

Man solle sich sowieso nicht allein auf die Einlagen verlassen, findet Dagmar Schlaubitz. Nach dem Motto: „Jetzt muss ich mich um nichts mehr kümmern.“ Die Physiotherapeutin aus Budenheim wünscht sich, dass die Betroffenen selbst etwas für ihre Füße tun – etwa Fußgymnastik oder ab und an barfuß laufen, sofern keine medizinischen Gründe dagegensprechen. Dazu rät auch Lemperle: „Man verschenkt sonst einen Teil des Therapieerfolgs.“

Auch das ist wichtig: Die neuen Einlagen von Fachleuten kontrollieren lassen und spätestens nach einem Jahr zum Check bringen. Passt alles? „Viele tragen ihre Einlagen nicht“, beobachtet Lemperle. „Dann können sie auch nicht wirken.“

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Quellen:

  • Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) e.V.: Die Verordnung orthopädischer Einlagen für Konfektionsschuhe. Leitfäden: https://www.bvou.net/... (Abgerufen am 28.12.2022)
  • GKV Spitzenverband: Vierter Bericht über die Entwicklung der Mehrkosten bei Hilfsmitteln gemäß § 302 Absatz 5 SGB V. Online: https://www.gkv-spitzenverband.de/... (Abgerufen am 15.12.2022)
  • DGOOC-Beratungsausschuss Orthopädieschuhtechnik: Stellungnahme zu sensomotorisch wirkenden Fußorthesen (SMFO). In: Orthopädieschuhtechnik 4/16, 2 - 7.