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Bei einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) bildet die Schilddrüse zu wenig ihrer für den Körper wichtigen Hormone. Kinder können mit einer angeborenen Schilddrüsenunterfunktion auf die Welt kommen. Häufiger entsteht die Hypothyreose aber im Laufe des Lebens, etwa, weil bei einer Operation Schilddrüsengewebe entfernt oder es durch eine Entzündung so geschädigt wird, dass es seine Funktion verliert und nicht mehr genügend Hormone bilden kann. Auch wenn die Zentren im Gehirn, welche die Entstehung der Schilddrüsenhormone steuern, nicht richtig funktionieren, kann eine Hypothyreose die Folge sein.

Eine angeborene Hypothyreose kann beim Neugeborenen-Screening entdeckt werden.

Eine angeborene Hypothyreose kann beim Neugeborenen-Screening entdeckt werden.

1. Die angeborene Hypothyreose

Eine Schilddrüsenunterfunktion kann angeboren sein, was bei etwa einem von 4000 Neugeborenen der Fall ist[1]. Hier ist die Früherkennung von herausragender Bedeutung. Denn nur durch eine zeitige Behandlung können bleibende Schäden am Nervensystem des Säuglings, wie zum Beispiel geistige Behinderungen, vermieden werden. In Deutschland ist für alle Neugeborenen deshalb eine Untersuchung zur Früherkennung vorgeschrieben.

Dabei wird im Rahmen des Neugeborenen-Screenings aus einem auf Filterpapier getrockneten Bluttropfen der TSH-Wert bestimmt. Die Probenentnahme erfolgt in der Regel um den dritten Lebenstag herum, oft gemeinsam mit der Vorsorgeuntersuchung U2. Durch eine rasche Therapie kann sich das Vollbild der Erkrankung deshalb nur noch sehr selten entwickeln.

Die angeborene Schilddrüsenunterfunktion kann sich bereits im Mutterleib oder bei der Geburt auswirken. Meist jedoch machen sich die Anzeichen in den ersten Lebensmonaten bemerkbar. Typisch sind dann:

  • verminderte Aktivität und Bewegungsarmut des Neugeborenen,
  • Trinkschwäche,
  • eine vergrößerte Zunge und
  • eine verlängerte Neugeborenengelbsucht.

Nicht oder zu spät behandelt kann es zu Entwicklungsstörungen der Knochen mit Kleinwuchs und des Nervensystems und Gehirns kommen. Man spricht dann von Kretinismus.

Die Ursachen der angeborenen Schilddrüsenunterfunktion sind:

  • Fehlen der Schilddrüse
  • Veränderung des Schilddrüsengewebes mit Funktionsverlust
  • Störungen der Schilddrüsenhormonproduktion
  • Schädigung der kindlichen Schilddrüse während der Schwangerschaft im Mutterleib (etwa durch schweren Jodmangel, Schilddrüsenunterfunktion der Mutter oder eine 131-Radiojodtherapie)

2. Entzündungen der Schilddrüse

Im Erwachsenenalter ist eine chronische Schilddrüsenentzündung die häufigste Ursache für die Entwicklung einer Schilddrüsenunterfunktion. Hierbei liegt in der Regel eine Autoimmunerkrankung mit der Bezeichnung Hashimoto-Thyreoiditis zugrunde.

Hashimoto-Thyreoiditis

Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen des Menschen. Betroffen sind davon vor allem Frauen ab dem vierzigsten bis fünfzigsten Lebensjahr. Der Körper sieht die eigene Schilddrüse dabei fälschlicherweise als fremdes Gewebe an und beginnt, Antikörper gegen sie zu produzieren. Durch die folgende chronische Entzündung wird Schilddrüsengewebe zerstört. Nach Wochen, meist sogar erst nach Jahren, entwickelt sich daraus schleichend eine Schilddrüsenunterfunktion mit anfangs nur geringen, harmlosen Beschwerden. Die Erkrankung verläuft chronisch, ist also nicht heilbar. Die Symptome können durch die Therapie jedoch völlig behoben werden.

postpartale Thyreoiditis

Zu einer als postpartale Thyreoiditis bezeichneten Sonderform der Schilddrüsenentzündung kommt es bei vier bis zehn Prozent aller Frauen nach der Entbindung. Die Folge ist häufig eine vorübergehende Schilddrüsenunterfunktion. Diese Entzündung heilt bei der Hälfte der erkrankten Frauen ohne bleibende Folgen wieder aus. Die übrigen entwickeln langfristig eine chronische Autoimmunentzündung der Schilddrüse mit Hypothyreose.

3. Hypothyreose aufgrund medizinischer Maßnahmen

Liegt zum Beispiel eine Überfunktion der Schilddrüse vor oder eine Kropfbildung, so können die dagegen gerichteten medizinischen Maßnahmen ungewollt auch eine Schilddrüsenunterfunktion verursachen.

Zu den medizinischen Maßnahmen, die eine Hypothyreose auslösen können, gehören:

  • zu hoch dosierte Medikamente, welche die Produktion von Schilddrüsenhormonen hemmen (Thyreostatika)
  • eine 131-Radiojodtherapie
  • die operative Entfernung der Schilddrüse oder von Teilen davon
  • eine Bestrahlung der vorderen Halsregion bei Krebs

4. Erkrankte Regelzentren: TRH, TSH

In seltenen Fällen kommt es zu einer Unterfunktion, weil die übergeordneten, regulierenden Hirnregionen erkrankt sind. Zwei Zentren im Gehirn steuern die Produktion und Verteilung der Schilddrüsenhormone. Zum einen der im Zwischenhirn liegende Hypothalamus mit seinem Thyreotropin-releasing-Hormon (TRH). TRH fördert Bildung und Abgabe von TSH. Zum anderen die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) mit ihrem Thyroidea-stimulierenden-Hormon (TSH), das die Schilddrüse dazu anregt, ihre Hormone zur produzieren und freizusetzen.

TSH 2 TRH 1 T3 T4 3 T3 T4 4 Hirnanhang- drüse Hypothalamus Schilddrüse
Der Hypothalamus bildet TRH. Das regt die Hirnanhangdrüse dazu an, TSH zu bilden.
Das in der Hirnanhangdrüse gebildete TSH bringt die Schilddrüse dazu, Hormone auszuschütten.
Die Schilddrüse bildet T4, aus dem dann im Körper T3 entsteht.
Mehr Schilddrüsenhormone im Blut führen dazu, dass die Hirnanhangdrüse weniger TSH bildet.

Ist die Hirnanhangdrüse (Hypophyse) die Ursache für die Schilddrüsenunterfunktion, produziert sie zu wenig des Hormons TSH, das die Schilddrüse zur Bildung des Hormons T4 anregt. Die Folge: Es entstehen zu wenig Schilddrüsenhormone. Diese Form ist sehr selten.

Auch der Hypothalamus kann gestört sein, was eine Art Domino-Effekt auslöst. Denn diese Hirnregion produziert den Botenstoff TRH. TRH fördert Bildung und Abgabe von TSH. TSH schließlich regt die Schilddrüse zur Bildung ihrer eigenen Hormone an. Diese Form der Unterfunktion ist noch seltener.

Zusammenfassung

  • Kinder können mit einer angeborenen Schilddrüsenunterfunktion auf die Welt kommen.
  • Häufiger entsteht die Hypothyreose aber im Laufe des Lebens, weil Schilddrüsengewebe entfernt oder so geschädigt wird, dass es nicht mehr ausreichend Hormone bilden kann. Der häufigste Grund dafür ist eine Autoimmunerkrankung, die sogenannte Hashimoto-Thyreoiditis.
  • Wenn die Zentren im Gehirn, welche die Entstehung der Schilddrüsenhormone steuern, nicht richtig funktionieren, kann ebenfalls eine Hypothyreose entstehen.

Beratende Expertin:

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Frau Professor Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger ist Internistin und Endokrinologin. 1989 habilitierte sie sich im Fach "Innere Medizin". 1995 bekam sie die Bezeichnung "außerplanmäßiger Professor" durch den Minister für Wissenschaft und Kunst des Landes Hessen verliehen. Von 2002 bis 2016 war Sie als Chefärztin der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Angiologie des Klinikums Bogenhausen (Städtisches Klinikum München GmbH) tätig. Seit 01.07.2016 leitet sie als ärztliche Direktorin das Zentrum / Innere Medizin / Fünf Höfe in München.


Quellen:

  • [1] Gemeinsamer Bundesausschuss: Erweitertes Neugeborenen-Screening, Informationen für Eltern zum Angebot der gesetzlichen Krankenversicherung. https://www.g-ba.de/... (Abgerufen am 17.11.2023)