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In der Bahn, im Auto, beim Joggen – immer mehr Menschen tragen kleine, oft kabellosen Knöpfe im Ohr: sogenannte In-Ear-Kopfhörer. Sie sind so bequem geworden, dass viele sie stundenlang tragen. Besonders gemütlich haben es dahinter aber auch Erreger wie Bakterien oder Pilze. Sie können eine schmerzhafte Gehörgangsentzündung auslösen. Der Arzt spricht dann von Otitis externa. Jeder zehnte Mensch erkrankt im Lauf seines Lebens einmal daran.

Otomykose – wie kommt der Pilz ins Ohr?

Pilzsporen befinden sich überall in der Luft oder auf der menschlichen Haut. Eigentlich wirkt unser Ohrenschmalz, das Cerumen, abwehrend gegen Pilze und Bakterien. „Wenn aber die Kopfhörer den Gehörgang abschließen, entsteht dadurch eine feucht-warme Kammer“, erklärt Professorin Antje Aschendorff, stellvertretende Direktorin der HNO-Klinik der Universität Freiburg. „Für die Erreger wirkt die wie ein Brutkasten, sie breiten sich aus.“ Das Phänomen kennt man auch von Hörgeräte-Trägern oder Menschen, die regelmäßig Ohrstöpsel nutzen, um Geräusche auszublenden. Die Pilze infizieren den Gehörgang, eine Otomykose entsteht. Manche Menschen haben zudem die Veranlagung, mehr Ohrenschmalz zu bilden. Das wird durch die Kopfhörer verstärkt nach innen gedrückt, wo es einen Pfropf bildet, der den Gehörgang zusätzlich abschließt und den Pilzen einen guten Nährboden bildet. Auch eine vorangegangene bakterielle Gehörgangsentzündung kann Schuld an der Otomykose sein, weil sich Pilze nach einer Antibiotika-Behandlung manchmal leichter ausbreiten können.

Symptome bei Pilz-Infektion im Gehörgang

Bei einer Gehörgangsentzündung durch Bakterien oder Pilze, kann das Ohr jucken und wehtun, vor allem wenn man auf den Knorpel am Ohreingang drückt oder das Ohr nach oben zieht. Manchmal nässt der Gehörgang oder riecht unangenehm. Schwillt der Gehörgang an, kann das Hörvermögen nachlassen. „Wenn es nach zwei Tagen nicht von selbst besser wird, sollten Sie auf jeden Fall zum Arzt“, sagt Dr. Bernhard Junge-Hülsing, der in Starnberg eine HNO-Praxis führt. Ebenso, wenn sie das Gefühl haben, es könnte sich doch um etwas anderes wie um eine Mittelohrentzüdnung handeln oder wenn es neben den Ohrenschmerzen zu weiteren Symptomen wie Fieber oder Schwindel kommt. Gehörgangsentzündungen können zwar sehr schmerzhaft sein, gefährlich sind sie in der Regel nicht. Nur ganz selten, etwa bei älteren Patienten mit einem schlecht eingestelltem Diabetes oder einer Immunschwäche, droht sich die Infektion zum Beispiel auf den Schädelknochen auszuweiten.

So behandelt der Arzt den Pilz im Ohr

Hat ein Pilz den Gehörgang infiziert, sieht der Arzt das meist schnell beim Blick ins Ohr: Hefepilze (Candida) bilden einen schleimig-gelben Belag mit dicken Flocken, Schimmelpilze (Aspergillus) oft einen „Pilzrasen“ mit Härchen. Der Mediziner reinigt dann das Ohr und verschreibt antimykotische Ohrentropfen, zum Beispiel mit dem Wirkstoff Ciclopirox. Oder er legt einen mit Medikamenten getränkten Salbenstreifen in den Gehörgang, der dann in der Arztpraxis nach einigen Tagenwieder entfernt wird.

„Die Beschwerden sollten nach zwei Tagen Behandlung deutlich abklingen, nach zehn bis 14 Tagen ist die Pilz-Infektion normalerweise ausgeheilt“, so Professor Aschendorff. Halten die Symptome an oder ist es zu Beginn unklar, welcher Erreger die Infektion verursacht, kann ein Abstrich weiterhelfen. Nur in seltenen Fällen, wenn die Entzündung beispielsweise auf das Mittelohr übergreift, müssen die Anti-Pilz-Medikamente auch als Tabletten eingenommen werden. „Bis zur kompletten Ausheilung sollten die Kopfhörer nicht verwendet werden“, empfiehlt die HNO-Professorin. „Und falls es sich um Produkte mit Silikon-Aufsätzen handelt, sollten diese nach einer Infektion ausgewechselt werden. Auf Silikon können sich Biofilme mit Erregern bilden, die sich nicht mehr entfernen lassen.“

Otomykosen durch Kopfhöhrer vorbeugen

Die wichtigste Vorbeugungsmaßnahme ist, die Kopfhörer und auch das Etui regelmäßig zu reinigen. „Ein feuchtes Tuch genügt dafür, Desinfektionsmittel ist nicht nötig. Danach gut trocknen lassen“, so Junge-Hülsing. Hier sind weitere Tipps. Wer zu vermehrter Ohrenschmalz-Produktion neigt, sollte die Gehörgänge regelmäßig beim Arzt oder der Ärztin reinigen lassen. Wie oft das nötig ist, müssen Betroffene mit ihrem Arzt herausfinden. „Bei manchen Hörgeräte-Trägern ist eine Reinigung alle sechs Wochen nötig, bei anderen nur einmal im Jahr vor der Badesaison“, so der Starnberger HNO-Spezialist.

Eine medizinische Empfehlung, wie lange In-Ear-Kopfhörer getragen werden dürfen, existiert nicht. „Aber gerade im Sommer oder wenn man beim Sport viel schwitzt, ist es sicher eine gute Idee, den Ohren nach zwei Stunden eine Pause zu gönnen, sodass der Gehörgang belüftet wird“, rät Antje Aschendorff. Pilzinfektionen sind ansteckend. Um eine Übertragung zu vermeiden, empfehlen beide Mediziner, Kopfhörer nicht zu tauschen. Weder von einem Ohr zum anderen, noch mit einer anderen Person. Diese würde vielleicht nicht nur einen tollen Hit, sondern auch einen ungebetenen Besucher kennenlernen.

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