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Mehr als 200 Impfungen gegen Covid-19 haben bei einem Mann laut einer Studie keine negativen Folgen für dessen Immunsystem gehabt. Forschende der Universität und des Uniklinikums Erlangen hatten Blutproben des Viel-Impfers aus verschiedenen Jahren untersucht. Dabei stellten sie fest, dass sein Immunsystem nicht nur völlig normal arbeitete – bestimmte Abwehrzellen und Antikörper gegen SARS-CoV-2 kamen sogar deutlich häufiger vor als bei Menschen, die nur drei Impfungen erhalten hatten, teilte das Team mit. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt gesunden Erwachsenen bis 59 Jahren eine Basisimmunität aus drei Impfungen oder Infektionen, Menschen ab 60 Jahren und Risikogruppen zusätzlich eine jährliche Auffrischung.

Allerdings handele es sich bei dem Mann um einen Einzelfall, betonten die Forschenden. Rückschlüsse auf die Allgemeinbevölkerung oder Empfehlungen ließen sich aus den Ergebnissen daher nicht ableiten. Die Resultate der Studie veröffentlichte die Gruppe am Dienstag in der Fachzeitschrift „The Lancet Infectious Diseases“.

Acht verschiedene Vakzine geimpft

Über Zeitungsberichte waren die Erlanger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf den Mann aufmerksam geworden. Dieser hatte sich nach eigenen Angaben aus persönlichen Gründen 217 Mal gegen Corona impfen lassen, 134 Impfungen sind offiziell bestätigt. Dabei seien acht verschiedene Vakzine geimpft worden, darunter auch unterschiedliche mRNA-Impfstoffe, erläuterte Kilian Schober vom Lehrstuhl für Mikrobiologie und Infektionsimmunologie. Welche Gründe den Mann zu den zahlreichen Impfungen veranlassten, konnte Schober auf Nachfrage nicht sagen.

Bei einer Impfung werden Teile oder abgetötete oder unschädlich gemachte Versionen des Erregers verabreicht – oder der Körper wird angeregt, selbst Bestandteile des Virus zu bilden. Die körpereigene Abwehr erkennt diese Bestandteile (Antigene) als fremd und entwickelt einen Immunschutz. Kommt es später zu einer Infektion mit dem echten Erreger, kann das Immunsystem schneller und effektiver reagieren. Was aber passiert, wenn es sehr oft mit einem bestimmten Antigen in Kontakt kommt?

„Das kann etwa bei einer chronischen Infektion wie HIV oder Hepatitis B der Fall sein, die immer wieder aufflackert“, erklärt Schober. Es gebe Hinweise darauf, dass bestimmte Arten von Abwehrzellen – die T-Zellen – dann ermüden und beispielsweise weniger entzündungsfördernde Botenstoffe ausschütten. Solche und andere Gewöhnungs-Effekte können die Immunantwort schwächen.

Keine Hinweise auf Gewöhnungseffekt

Die Forschenden luden den Betroffenen nach Erlangen ein, um herauszufinden, ob dessen Abwehrzellen durch Gewöhnungseffekte die Coronaviren nicht mehr so effektiv bekämpfen können. Dafür fanden sie aber keine Hinweise. Während der Studie ließ sich der Mann außerdem erneut impfen – zum 217. Mal. Dadurch habe sich die Zahl der Antikörper deutlich erhöht, beschrieben die Autorinnen und Autoren der Studie. Auch gegen andere Erreger sei das Immunsystem weiterhin schlagkräftig gewesen, wie weitere Tests ergaben.

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