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Leider habe ich es verpasst, Ihnen im vergangenen Jahr im Oktober zum 65. Geburtstag zu gratulieren. Aber ich bekam einfach keinen Interviewtermin bei Ihnen.

So ein Jubiläum verpflichtet, das müssen Sie verstehen. Schließlich tragen mich etwa eine Million Menschen ständig unter ihrem Herzen – und das allein in Deutschland. Seitdem 1958 in Stockholm einem Patienten der allererste Schrittmacher eingesetzt wurde, ist viel passiert. Und ich musste oft davon berichten.

Da bin ich aber mal gespannt. Wer hat Sie denn erfunden?

Ach, da gibt es viele Namen. Im Grunde müssen wir in der Zeit aber viel weiter zurückgehen als 65 Jahre, zum Beispiel zu Alexander von Humboldt.

Dem Forschungsreisenden? Ich habe ein Buch über seine Expedi-
tionen gelesen. Da stand aber nichts von Herzschrittmachern.

Natürlich nicht. Aber er hat entscheidende Entdeckungen gemacht. Denn am Anfang meiner Entwicklung stand die Erkenntnis, wie man den Schlag des Herzens beeinflussen kann. Sie wissen, wie ich funktioniere?

Soweit ich weiß, helfen Sie dem Herzen mit kleinen Stromstößen auf die Sprünge. Etwa, wenn es zu langsam schlägt.

Genau! Normalerweise erledigen das natürliche Schrittmacher, vor allem der sogenannte Sinusknoten. Von dem kleinen Paket an spezialisierten Muskelzellen verbreitet sich die elektrische Ladung, die auch Ihr Herz schlagen lässt. Dass das Organ bei seinem Schlag sozusagen unter Strom steht und man es von außen stimulieren kann, erkannte erstmals unter anderem Alexander von Humboldt im 18. Jahrhundert. Aber es war noch viel Forschung nötig, bis im Jahr 1951 erstmals ein Herzschrittmacher eingesetzt werden konnte.

Wie jetzt? Sie sagten doch, das war im Jahr 1958.

Wenn ich von „einsetzen“ spreche, meine ich nicht, dass man ihn bereits in den Körper implantiert hat. Die ersten Herzschrittmacher waren so groß wie die damaligen Fernseher. Dennoch retteten auch sie schon Leben. Ein paar Jahre später waren meine Vorgänger schon geschrumpft, sodass man sie um den Hals tragen konnte. Der erste Herzschrittmacher, den man in den Körper einpflanzen konnte, hatte die Größe einer Schuhcreme­dose. In eine solche hatten die Macher nämlich die Bauteile gepackt.

Eine Schuhcremedose unter dem Herzen? Unfassbar.

Wenn Sie das schon überraschend finden, wird Ihnen sicher die Geschichte von den Atomschrittmachern gefallen. Ein Problem war seit jeher meine Batterie. Sie hielt nicht lange genug. In den 1970er-Jahren nutzte man daher Batterien mit Plutonium. Die hielten lange, nur waren sie leider radioaktiv. Wer einen solchen Schrittmacher trug, wurde daher beim Bundesamt für Strahlenschutz registriert.

Und was ist jetzt mit Ihnen? Werde ich jetzt verstrahlt?

Aber nicht doch. In mir steckt heute in der Regel eine Lithium-Iodid-Batterie. Die hält bis zu zehn Jahre. Und wenn ein neuer Energieschub nötig ist – kein Problem: lässt sich in einem kleinen Eingriff erledigen. Außerdem geht die Entwicklung weiter. Rasant. Mittlerweile bin ich ja schon nur noch so groß wie eine Streichholzschachtel. Doch es gibt bereits Herzschrittmacher ohne Sonden, die über einen Katheter eingeführt werden. Manche wiegen gerade mal noch zwei Gramm, also so viel wie eine 1-Cent-Münze. Ich bin jedenfalls gespannt, was die nächsten 65 Jahre bringen.

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Quellen:

  • Böttcher W, Merkle F, Weitkemper H.-H.: Historische Entwicklung der künstlichen Stimulation des Herzens. Herz-, Thorax- Gefäßchirurgie: https://www.dhzb.de/... (Abgerufen am 04.12.2023)