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Am Ende ist Endemie. So haben es Expertinnen und Experten schon vor mehr als zwei Jahren vorhergesagt, als das Virus Sars-CoV-2 noch neu war und Hoffnung bestand, dass die Pandemie bald enden würde.

Im mittlerweile dritten Corona-Winter soll es nun endlich soweit sein. Nicht nur der Berliner Virologie-Professor Christian Drosten, auch andere Fachleute wie der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut, Thomas Mertens, halten den Covid-Erreger für endemisch. In der Politik mehren sich die Forderungen nach einem Ende der wenigen verbliebenen Schutzmaßnahmen.

Kathrin Zinkant weiß: Nicht für alle Menschen ist die Gefahr um Covid-19 gebannt.

Kathrin Zinkant weiß: Nicht für alle Menschen ist die Gefahr um Covid-19 gebannt.

Bedeutet Endemie Entwarnung?

Aber was bedeutet überhaupt Endemie? In Abgrenzung zur Pandemie steckt hinter diesem Fachbegriff tatsächlich eine gute Nachricht: Ein Erreger, der endemisch ist, löst nicht mehr - über Länder oder Kontinente hinweg - exponentiell steigende Erkrankungswellen aus. Impfungen, Durchseuchung und die Evolution von Sars-CoV-2 haben dazu geführt, dass steil zunehmende Zahlen an Schwerkranken und Toten nun auch in Deutschland kaum mehr zu erwarten sind.

Das Virus hat seine Gestalt nicht mehr so stark geändert, dass es noch ansteckender oder noch gefährlicher geworden wäre. Die Zahl der Infektionen blieb nach der Welle im Oktober in den letzten zwei Monaten moderat. Die Intensivstationen sind nicht mehr übervoll mit Covid-Patienten. Von allen Szenarien, die vor dem Herbst möglich waren, ist das beste eingetreten.

Trotzdem darf der Begriff der Endemie ganz sicher nicht missverstanden werden. Endemie heißt keineswegs, dass das Virus verschwunden ist. Es ist „en demos“, altgriechisch für „im Volk“. Dort wird es nun bleiben und sich dauerhaft verbreiten - nur eben nicht mehr so erfolgreich wie in der Pandemie. Viele Menschen sind geimpft, ihre Immunität verhindert meist schwere Krankheitsverläufe - aber anstecken können sie sich und andere immer noch.

Eine Endemie beginnt zudem nicht an einem Stichtag, also nicht am 27. Dezember 2022 oder einem anderen Datum. Sie geht schleichend aus der Pandemie hervor. Darauf hatte die Frankfurter Virologie-Professorin Sandra Ciesek bereits im Januar hingewiesen. Und schließlich bedeutet Endemie nicht, dass ein Erreger nun ganz ungefährlich wäre. Malaria, die Pest, Kinderlähmung, Lassa-Fieber - all das sind Erreger, die in Teilen dieser Welt endemisch sind. Sie verursachen bisweilen heftige Ausbrüche und fordern Menschenleben.

Endemisch aber tödlich

„Eine Krankheit kann endemisch und gleichzeitig verbreitet und tödlich sein“, warnte auch Professor Aris Katzourakis, Experte für Virusevolution an der Oxford University in Großbritannien, Anfang 2022. Tatsächlich ist die Gefahr für Menschen nicht gebannt, die unzureichend geimpft sind, an Krebs leiden oder andere Vorerkrankungen haben. Das Virus bleibt auch für jene gefährlich, die aufgrund ihres Alters eine schwache Immunität besitzen - oder die gerade erst geboren wurden.

Und während der Erreger sich hierzulande anschickt, endemisch zu werden, breitet sich die Omikron-Variante in der großen, aber kaum geschützten, weil nur spärlich geimpften Bevölkerung eines anderen Landes massiv aus: in China. Dass dort nun neue, gefährlichere Varianten entstehen, die dann Europa erreichen, ist nicht ausgeschlossen.

Es geht um Menschenleben

Ist dies der richtige Zeitpunkt, um beim Stichwort „Endemie“ die wenigen letzten Schutzmaßnahmen aufzugeben - auf Masken und Tests in Kliniken und Altenheimen zu verzichten, die Masken im öffentlichen Nahverkehr abzuschaffen? Ganz sicher nicht. Es geht noch immer um Menschenleben und um die Belastbarkeit des Gesundheitssystems.

Die Grippe und das RS-Virus breiten sich stark aus, die Krankenhäuser sind aufgrund hoher Krankenstände am Limit. Den Apotheken machen Lieferengpässe für teils extrem wichtige Arzneien zu schaffen, die in absehbarer Zeit kaum zu beheben sein werden. Und schließlich lehrt der Blick auf den vergangenen Winter, dass es trotz Impfungen und einer gewissen Immunität auch im späten Winter noch zu einer Welle kommen kann. Es ist noch nicht vorbei. Gerade jetzt muss die Devise lauten: Nicht lockerlassen.