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Suizidgedanken sind äußerst belastend, nicht nur für den Betroffenen selbst, sondern auch für sein Umfeld. Manchmal werden Angehörige und Freunde sehr direkt damit konfrontiert. „Das Hauptwarnzeichen für eine bevorstehende Selbsttötung ist, wenn der Suizidgefährdete über die geplante Tat spricht oder sie in einem Abschiedsbrief ankündigt“, sagt Georg Fiedler. Der Psychologe ist Vorstandsmitglied der Deutschen Akademie für Suizidprävention und beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema. Besonders aufhorchen müsse das Umfeld, wenn diese Worte von Menschen mit einer psychiatrischen Erkrankung geäußert werden: Diese Gruppe sei besonders gefährdet, Worten Taten folgen zu lassen.

Aber nicht immer sind die Warnzeichen so eindeutig, weiß Fiedler. „Ein weiteres Anzeichen, dass der Mensch mir gegenüber plant, sich umzubringen, ist, wenn ich das Gefühl habe, ihn nicht mehr zu erreichen, wenn er sich dem Gespräch entzieht und nicht mehr in Kontakt zu mir tritt.“ Häufig merkten nur Menschen, die sich einander sonst sehr nahe stehen, dass etwas nicht stimmt. Meist wissen Angehörige nicht, wie sie mit einer solchen Situation umgehen sollen. Fiedlers eindeutiger Rat: Darüber sprechen. Oft wirke das auf den Suizidgefährdeten erleichternd.

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Suizide junger Menschen verhindern

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Vorurteile wie „Wenn man Suizidgedanken anspricht, löst man einen Suizid aus“ oder „Wer Suizidgedanken hat, möchte unbedingt sterben“ seien falsch. „Es besteht eine große Chance, im Rahmen eines zugewandten und akzeptierenden hilfreichen Gespräches darauf hinzuwirken, dass der Betroffene den Suizid nicht mehr als einzigen Ausweg sieht“, sagt Fiedler. Voraussetzung dafür sei, zu akzeptieren, dass es ihm so schlecht geht, dass er nicht mehr leben will.

Wichtig ist abzuschätzen, wie akut die Gefahr ist, dass das Gegenüber zeitnah einen Suizid begeht. „Wenn jemand glaubwürdig ankündigt, dass er einen Suizidversuch beabsichtigt oder am Telefon sagt, dass er schon Medikamente eingenommen hat, dann sollte man die 110 anrufen. Das ist aber ein absoluter Ausnahmefall“, sagt Fiedler. Oft gehe es darum, im Gespräch darauf hinzuwirken, dass sich ein Mensch mit Suizidgedanken bei einem Therapeuten Hilfe sucht.

Darauf sollten Sie im Gespräch mit Suizidgefährdeten achten

1. Zuhören ohne zu bewerten: „Man muss eine Suizidvorstellung nicht gut finden, aber es ist wichtig zu versuchen, sie akzeptierend zu verstehen, und dem Gegenüber zuzugestehen, dass es ihm schlecht geht“, so Fiedler. Vermeiden gilt es zu bagatellisieren gemäß: Wird schon wieder.

2. Den Suizidgefährdeten in eine mögliche Lösung seiner Aussichtslosigkeit einbeziehen: Wie können wir jetzt mit der Situation umgehen? Wo könntest du Unterstützung finden? Beim Hausarzt, bei der Pastorin oder in einer psychiatrischen Ambulanz in der Nähe? Soll ich dich begleiten? „Vielen Menschen mit Suizidgedanken ist es sehr wichtig, ihre Selbstbestimmung bezüglich ihrer Gedanken, Gefühle und Handlungen zu bewahren“, erklärt Fiedler.

Nicht vergessen sollten Angehörige auch die Selbstfürsorge. „Vor allem, wenn man mit den Suizidgedanken eines Nahestehenden konfrontiert ist, belastet das einen selbst ungemein“, sagt Fiedler. Hilfe finden Betroffene bei Freunden oder Beratungsstellen. Man könne auch versuchen, vorab mit einem Experten einer Beratungsstelle, einer psychiatrischen Ambulanz oder eines sozialpsychiatrischen Dienstes zu besprechen, wie man am besten mit der Situation umgeht. Letzteres sei vor allem dann hilfreich, wenn mit Aussagen wie „Wenn du mich verlässt, bringe ich mich um“, Druck ausgeübt wird.

Für Menschen mit Suizidgedanken ist darüber hinaus Zuverlässigkeit sehr wichtig. Freunde oder Angehörige sollten daher nicht versprechen, was sie nicht halten können, zum Beispiel jederzeit erreichbar zu sein. „Das Gegenüber fühlt sich bei Nichteinhalten des Versprochenen zurückgewiesen und interpretiert dies als Vertrauensverlust“, erklärt Fiedler. Hilfreicher sei eine verlässliche Zusage. So könne man etwa klar kommunizieren, zu welcher Zeit und in welchem Umfang man für den Menschen mit Suizidgedanken da sein kann.

Hier finden Sie Unterstützung

Die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention listet auf ihrer Internetseite Hilfsangebote für Betroffene und Angehörige in suizidalen Krisen unter www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/hilfsangebote/. Junge Menschen finden bei Jugend Support entsprechende Beratungsangebote unter https://jugend.support/selbstgefaehrdung-sucht/suizidgedanken-depression/.