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Ein herzliches Grüß Gott! Wie schön, dass Sie noch schnell vor dem Anstich Zeit hatten. Ich hoffe, ich hab selbst beim Dirndl-Anziehen alles richtig gemacht.

I gfrei mi a, dass I do bin. Ob die Schürzn richtig bundn is, des miassn sie scho selba wissn. Aba fesch schaugt’s aus.

Bitte, was?

Oh mei, a Zuagroaste! Wenn Sie schon ein Dirndl tragen, sollten Sie sich vielleicht auch ein paar Sprachkenntnisse aneignen. Als Dirndl von Welt beherrsche ich natürlich einige außerbayerische Dialekte. Ich meinte, dass nur Sie selbst sagen können, ob die Schleife richtig sitzt. Sie wissen schon: links gebunden heißt „Single“, rechts „in festen Händen“. Aber geht es Ihnen gut? Sie atmen so schwer.

Also, mein Dirndl muss beim Waschen eingegangen sein. Ist das eng.

Imma dieses Gewuisel! Entschuldigung, aber das Gejammere höre ich jedes Jahr. Ich denke nicht, dass das Kleid schuld ist. Sie werden halt ein paar Butterbrezn zu viel gegessen haben. Wir Dirndl sind nicht nur fesch, sondern bessere Gewichtsprüferinnen als jede Waage. Und Sie schreiben doch immer darüber, wie wichtig es ist, sein Gewicht zu halten.

Ich muss zugeben: Jedes Jahr, wenn ich mein Dirndl für die Wiesn anprobiere, ist das spannend. Aber heute zwickt es schon besonders.

Dann seien Sie froh, dass Sie nicht in den Zeiten gelebt haben, wo Fischbein und Schilfrohr in Miedern und Korsetts steckten. Jahrhunderte lang haben sich die Frauen eine in der Tat atemberaubende Taille geschnürt. So eng, dass Ärzte vor den schweren gesundheitlichen Folgen warnten. So sollten die Schnürbrüste, die den Brustkorb verformen, sogar zu Todesfällen führen. Ob das wirklich stimmt? I woaß ned. Den feinen Damen jedenfalls war das wurscht. Sie schnürten weiter. Etwa 40 Zentimeter Taillenumfang galt als ideal.

Puh! Gut, dass das heute nicht mehr Mode ist. Dafür sieht man allerdings Dirndl, die manchen Menschen in den Augen weh tun. Wie stehen Sie zu Glitzerschürzen oder Dirndl im Barbie-Look?

Wenn‘s schee macht … Ich weiß natürlich, dass manche meiner Kolleginnen darüber ihre karierten Baumwoll-Schürzn rümpfen. Doch a bisserl a Fasching, des war die Mode immer. Und anders als viele denken, bin auch ich eine Schöpfung von Modemachern. Es war Ende des 19. Jahrhunderts, die reichen Menschen fuhren gern zur Sommerfrische aufs Land. Da erfanden findige Schneider für die Damen der Oberschicht ein schlichtes Kleid, das ländlich aussehen sollte. Und heraus kam ich, das Dirndl – was auf Bayerisch ja einfach „Mädchen“ heißt.

Jetzt bin ich aber platt. Ich dachte, das Dirndl sei eine uralte Tracht.

Auch unter uns Dirndln schweigt man gern über diese Geschichte. Es geht ums Image. Sie verstehen. Dennoch sind wir eine durchaus weltoffene Tracht. Ob Batikschürzen oder Mieder mit Leopardenmuster: Wem’s gfoid. Ich selbst mag es allerdings am liebsten klassisch, mit langem Rock und als i-Tüpferl ein fesches Kropfband.

Das habe ich heute zuhause gelassen. Müssen diese Trachtenhalsbänder wirklich so eng sei?

Früher war das den Frauen ganz recht so. Die Halsbänder verdeckten nämlich die unschön dicken Hälse, die gerade in Bayern besonders häufig waren. Daher auch der Name: Kropfband.

Über den Namen hab ich mir noch nie Gedanken gemacht.

Wirklich ned? Ihnen als Medizinjournalistin müsste doch die Geschichte bekannt sein. Heute kann man in jedem Supermarkt Jodsalz kaufen. Früher war das anders: Gerade Bayern war ein Jodmangelgebiet. Das führte oft zu Problemen mit der Schilddrüse, die Jod braucht, um lebenswichtige Hormone herzustellen. Fehlt das, vergrößert sie sich und bildet Knoten. Am Ende haben sie einen Kropf. Mit einem breiten Schmuckband konnte man das verdecken. Von mir aus können die Leute heute aber gern lockere Ketterl tragen. Was mich auf der Wiesn stört, sind ganz andere Dinge.

Zum Beispiel?

Wenn die Leut schon wankend ins Festzelt kommen. „Vorglühen“, nennen das manche. Da gräßte Schmarrn, den’s gibt. A zünftige Maß g‘hört dazu. Aber bitte in Maßen! Wie viel teure Dirndl aus Spitze und Seide habe ich schon gesehen, die völlig ruiniert waren. Nur weil jemand seinen Bierkrug nicht mehr halten konnte. Von den Folgen der Übelkeit, die zu viel Alkohol oft bewirkt, will ich gar nicht reden. Auch steigt das Bier den Menschen nicht nur zu Kopf. Es geht auch auf’s Herz.

Wie das?

Das haben Münchner Mediziner vor ein paar Jahren gemessen. Sie untersuchten mehr als 3000 Besucherinnen und Besucher. Das Ergebnis: Mit jedem Schluck Bier steigt das Risiko, dass das Herz aus dem Takt gerät. Fast ein Drittel der Leute im Bierzelt hatte akute Herz-Rhythmusstörungen, ein Viertel Herzrasen. In einigen Fällen kam es sogar zu Vorhofflimmern, was das Risiko für eine Schlaganfall stark ansteigen lässt.

Herrschaft! Und dabei sollte die Wiesn selbst das Herz höherschlagen lassen!

Jetzt sam ma beinand! Genauso sehe ich das auch. Und zum Schluss noch ein Tipp: Holen Sie mich doch auch einfach mal unterm Jahr aus dem Schrank. Ein Dirndl ist zu jeder Jahreszeit ein fesches Gwand – für jedes Dirndl. Und wenn’s eng wird, merken Sie es rechtzeitig. Dann gibt es halt eine Zeit lang keine Krapfen und kein Hendl mehr. Und wenn’s wieder heißt „O‘zapft is“, können Sie beim Tanzen im Festzelt tief durchatmen.


Quellen: