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Wo liegen die Mandeln?

Krankheitserreger können über Mund und Nase in den Körper eindringen. Dabei müssen sie die Mandeln passieren. Ihre Aufgabe es ist, die oberen Atemwege vor Bakterien und Viren zu schützen. Im Kindesalter unterstützen die Mandeln die Reifung des Immunsystems.

Die beiden Gaumenmandeln befinden sich rechts und links im Rachen. Sie   sind hinter den seitlichen Gaumenbögen zumindest teilweise zu sehen. Die   Rachenmandel sitzt am oberen Gaumen. Die Zungengrundmandel liegt im   hinteren Zungendrittel. Die Mandeln gehören zu einem speziellen   Abwehrgewebe, dem lymphatischen Rachenring.

Hier liegen Rachenmandel, Zungengrundmandel und die beiden Gaumenmandeln

Hier liegen Rachenmandel, Zungengrundmandel und die beiden Gaumenmandeln

Mandelentzündung: Ansteckung und Ursachen

Verschiedene Viren oder Bakterien können sich in den Geweben des lymphatischen Rachenrings vermehren. Das Gewebe schwillt an, es kommt zu Halsschmerzen und Schluckbeschwerden.

Eine akute Mandelentzündung wird oft durch Erkältungs- oder Grippeviren verursacht. Aber auch andere Viren und Bakterien wie Streptokokken, Pneumokokken oder Hämophilus influenzae können zum Auslöser werden. Die Mandeln entzünden sich auch im Rahmen eines Pfeifferschen Drüsenfiebers. Hierzulande selten tritt eine Mandelentzündung als Zeichen einer Diphtherie auf.

Bakterien wie Streptokokken können eine Mandelentzündung verursachen

Bakterien wie Streptokokken können eine Mandelentzündung verursachen

Wer eine akute Mandelentzündung hat, kann die Erreger beim Sprechen,  Niesen, Husten oder Küssen in Form von Speicheltröpfchen weitergeben  (Tröpfchen-Infektion) – auch über gemeinsam genutzte, verunreinigte Oberflächen wie Türgriffe.
Vor allem in den ersten Tagen ist eine Mandelentzündung meistens sehr ansteckend. Deshalb sollten beispielsweise Kinder erst einmal zu Hause bleiben und nicht in den Kindergarten oder zur Schule gehen.

Wird die  Mandelentzündung mit einem Antibiotikum behandelt (siehe Abschnitt  Therapie), sinkt die Ansteckungsgefahr innerhalb eines Tages nach  Therapiebeginn deutlich. Sind Viren der Auslöser, verschreibt der Arzt  kein Antibiotikum. Dann lässt die Ansteckungsgefahr häufig erst nach,  wenn die Symptome verschwinden – nach zirka ein bis zwei Wochen.

Wer sich infiziert hat, kann Erreger möglicherweise auch schon ein  bis zwei Tage lang verbreiten, bevor sich erste Symptome zeigen.

Manche Menschen tragen dauerhaft potenziell krank machende Bakterien  im Rachen, ohne selbst zu erkranken. Sie können – selten – andere  Menschen damit anstecken.

Nach einer Mandelentzündung ist man nicht etwa immun dagegen, man  kann also immer wieder erneut erkranken. Ein Haustier oder die  Zahnbürste können beispielsweise als Erregerreservoirs zu Reinfektionen führen.

Mandelentzündung: Symptome

Eine Mandelentzündung kann unterschiedliche Beschwerden hervorrufen – je nachdem, um welche Form es sich handelt, welche Bakterien oder Viren die Erkrankung verursacht haben.

Häufige Symptome bei akuter, bakterieller Mandelentzündung:

  • Schluckbeschwerden und Halsschmerzen, die in die Ohren und den Kiefer ausstrahlen können
  • die Gaumenmandeln sind gerötet, geschwollen und mit gelblich-weißlichen Eiterflecken (Stippchen) belegt
  • vermehrter Speichelfluss, Mundgeruch
  • Fieber
  • allgemeines Krankheitsgefühl, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit
  • die Lymphknoten am Hals und Kiefer sind geschwollen

Bei Kindern kann eine Mandelentzündung auch zu Bauchschmerzen und Erbrechen führen.

So kann sich eine Mandelentzündung zeigen: Die Gaumenmandeln (1, 2) sind gerötet, geschwollen und mit Eiterflecken belegt (3 = Zunge, 4 = Zähne)

So kann sich eine Mandelentzündung zeigen: Die Gaumenmandeln (1, 2) sind gerötet, geschwollen und mit Eiterflecken belegt (3 = Zunge, 4 = Zähne)

Tritt die Mandelentzündung im Rahmen einer Scharlach-Erkrankung auf, färbt sich die Zunge oft tiefrot. Außerdem zeigt sich in der Regel ein typischer Hautausschlag.

Bei der eher seltenen Angina Plaut-Vincent ist in der Regel nur eine Gaumenmandel betroffen, die Symptome treten einseitig auf. Die Mandel ist entzündlich gerötet, und es bilden sich großflächige schmierige, grau-weißliche, stinkende Beläge. Es kommt zu Schluckschmerzen und Schwellungen der Hals-Lymphknoten. Das Allgemeinbefinden ist oft wenig beeinträchtigt. Ursache ist eine Infektion mit zwei speziellen Bakterien.

Typisch für die hierzulande selten gewordene, aber gefährliche Diphtherie sind schmutzig-graue Beläge auf den geschwollenen Mandeln. Sie riechen auffällig süßlich nach Aceton und bluten bei Berührung. Die Patienten fühlen sich meistens sehr krank und müssen sofort auf eine Isolierstation.

Was deutet auf einen Abszess hin?

Eine Eiteransammlung zwischen der Mandel und der umgebenden Kapsel (ein Peritonsillarabszess) führt oft zu starken Schluckbeschwerden. Die Stimme hört sich eventuell verändert an. Betroffene haben verstärkten Speichelfluss und können den Mund kaum noch öffnen. Meist ist eine rundliche Vorwölbung im Bereich einer Mandel zu erkennen und das Gaumenzäpfchen weicht zur Seite ab. Ein Mandelabszess muss umgehend behandelt werden.

Mandelentzündung: So stellt der Arzt die Diagnose

Der Arzt erkundigt sich genau nach den Beschwerden und der Krankheitsgeschichte. Dann erfolgt eine gründliche Untersuchung von Mund, Rachen, Nase und Ohren mit speziellen optischen Geräten.

Ärzte verwenden Punkte-Systeme (Scoring-Systeme), um besser einschätzen zu können, ob die Mandelentzündung durch Viren oder Bakterien verursacht ist. In die Bewertung fließt unter anderem mit ein, ob Fieber vorliegt und ob die Halslymphknoten vergrößert sind.

Ein Schnelltest auf Streptokokken kann zusätzliche Hinweise liefern. Dazu streicht der Arzt mit einem Wattestäbchen über verschiedene Stellen im Rachen (Abstrich). Das Ergebnis liegt nach wenigen Minuten vor. Ein unauffälliges Testergebnis schließt allerdings eine Streptokokken-Infektion nicht aus. In diesem Fall kann der Arzt eine Probe im Labor untersuchen lassen. Das Ergebnis ist genauer, dauert aber einige Tage. Den Schnelltest zahlen die gesetzlichen Krankenkassen nur bis zum 16. Lebensjahr.

Blutuntersuchungen sind nur in manchen Situationen angebracht, etwa beim Verdacht auf ein Pfeiffersches Drüsenfieber.

In bestimmten Fällen kann eine Ultraschall-Untersuchung der Halsweichteile (zum Beispiel zum Nachweis eines Abszesses) oder die Entnahme einer Gewebeprobe sinnvoll sein.

Antbiotikum gegen Bakterien: Manchmal nötig bei einer Mandelentzündung

Antbiotikum gegen Bakterien: Manchmal nötig bei einer Mandelentzündung

Therapie: Wie wird eine Mandelentzündung behandelt?

Oft entzünden sich die Mandeln im Rahmen einer Erkältung. Dann sind in der Regel Viren der Auslöser. Ein Antibiotikum hilft in solchen Fällen nicht.

Eitrig belegte Mandeln, Fieber, aber kein Husten – diese Kombination deutet auf eine bakterielle Infektion der Mandeln hin. Der Arzt wird dann eventuell ein Antibiotikum verschreiben, um das Risiko von Komplikationen zu senken.

Bleibt eine bakterielle Mandelentzündung unbehandelt, steigt die Gefahr vermutlich etwas an, dass sich eine Mittelohrentzündung oder ein Abszess im Bereich der Mandel entwickelt. Seltener kommt es zur Entzündung der Nieren oder von Herz und Gelenken (rheumatisches Fieber).

Ein Mandelabszess erfordert in der Regel eine sofortige Antibiotikatherapie oder sogar eine Operation.

Falls ein Antibiotikum nötig ist, sollte das Medikament über die  empfohlene Therapiedauer eingenommen werden. Andernfalls können  Folgeerkrankungen nicht sicher verhindert werden. Nebenwirkungen wie Durchfall kommen vor. Patienten sollten sich in solchen Fällen an ihren Arzt wenden.

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Mandelentzündung: Welche (Haus-)mittel helfen gegen Beschwerden?

  • Bei Fieber und gegen Schmerzen kann zum Beispiel Ibuprofen helfen. Kinder sollen keine Acetylsalicylsäure einnehmen
  • In der Apotheke gibt es viele pflanzliche Wirkstoffe in verschiedenen Darreichungsformen, die bei Halsschmerzen lindernd wirken sollen. Ihre Wirksamkeit ist allerdings nicht immer zweifelsfrei durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen
  • Antientzündliche und abschwellende Mittel, etwa Rachen-Sprays, Lutschtabletten oder Lösungen zum Gurgeln aus der Apotheke, können Halsschmerzen eventuell mildern. Wissenschaftlich eindeutig gesichert ist das nicht
  • Manche Patienten empfinden warme oder kühle Halswickel als wohltuend

Wichtig: Zur Auswahl, Anwendung und Dosierung geeigneter Präparate von Arzt oder Apotheker beraten lassen und Packungsbeilage beachten.

Was soll man essen und trinken?

Um die entzündeten Mandeln nicht zusätzlich zu reizen, empfiehlt es sich, nur weiche und kühle Nahrungsmittel zu sich zu nehmen. Starke Gewürze und säurehaltige Produkte lieber meiden, sie brennen im Rachen. Speiseeis kann die Schmerzen beim Schlucken etwas reduzieren.

Viel trinken, sofern aus ärztlicher Sicht nichts dagegen spricht: Kalte Getränke, zum Beispiel kühler Salbei- oder Kamillentee können die Halsschmerzen bessern. Bei Fieber ersetzt häufiges Trinken den Flüssigkeitsverlust, der durchs Schwitzen entsteht. Nicht so gut geeignet sind Fruchtsäfte, da die enthaltene Säure die entzündeten Mandeln reizt.

Auf das Rauchen verzichten Betroffene besser – es verschlimmert die Beschwerden.

Etwas Ruhe und Schonung unterstützt den Heilungsprozess.

Mandelentzündung: Wann operieren?

Wenn eine Mandelentzündung immer wieder auftritt, kann es ratsam sein, die Mandeln zu entfernen. Der Eingriff will allerdings gut überlegt sein. Denn zum einen schützt eine Mandelentfernung (Tonsillektomie) nicht automatisch vor weiteren Halsentzündungen. So kann sich nach dem Eingriff zum Beispiel noch Abwehrgewebe im seitlichen, hinteren Rachen entzünden (Seitenstrang-Angina).

Zum anderen ist die Operation mit Schmerzen und gewissen Risiken verbunden. In etwa vier bis zehn Prozent der Fälle kommt es zu Nachblutungen, die in Einzelfällen lebensbedrohlich bis tödlich sein können. Vor- und Nachteile sollten deshalb sorgfältig abgewogen werden. Ärzte operieren Kinder und Jugendliche heute deutlich seltener an den Mandeln als es früher der Fall war. Insgesamt ist der Eingriff bei Kindern aber immer noch häufig.

Wann kommt eine Mandeloperation infrage?

Ein Anhaltspunkt ist die Zahl eitriger, mit Antibiotika behandelter Mandelentzündungen in den letzten 12 Monaten:

< 3: Operation nicht empfehlenswert

3 – 5: Operation kann erwogen werden, wenn es in den folgenden sechs Monaten zu weiteren Mandelentzündungen kommt

> = 6: Operation kann erwogen werden

Hat sich ein Abszess gebildet, ist häufig eine Operation zur Eröffnung der Eiterhöhle nötig. Eine vollständige Entfernung der betroffenen Mandel wird heute nicht mehr routinemäßig empfohlen.

Bei Kindern ist eine Operation oft nur dann erforderlich, wenn die Gaumenmandeln extrem groß sind und es dadurch zu Atem-, Schluck- oder Sprech-Problemen kommt. Dann genügt eventuell eine Verkleinerung der Mandeln (Tonsillotomie). Das Risiko einer Nachblutung wird bei dieser Operation als deutlich geringer angegeben als bei der Mandelentfernung.

Vergrößerte Rachenmandeln (sogenannte Polypen) können in der Regel in einem kürzeren, ambulanten Eingriff entfernt werden, falls nötig. Das Nachblutungsrisiko ist hier eher gering.

Was ist eine "chronische" Mandelentzündung?

Der Begriff "chronische Mandelentzündung" ist zwar verbreitet, aber unpräzise. Er sollte nicht mehr verwendet werden. Ärzte sprechen statt dessen lieber von rezidivierenden (also wiederkehrenden) Mandelentzündungen.

Da die Mandeln ständig Krankheitserreger abwehren müssen, ist eine gewisse Entzündungsaktivität in ihrem Gewebe ganz normal. Bei häufigen Mandelentzündungen können sich Bakterien in den Grübchen (Krypten) der Mandeln ansammeln. Eventuell entstehen Vernarbungen und die Mandeln sind weniger beweglich, "verkleben" mit ihrer Umgebung. 

Die Beschwerden können in manchen Phasen gering ausgeprägt sein. Betroffene bemerken zum Beispiel nur einen schlechten Geschmack im Mund und Mundgeruch. Weitere mögliche Symptome sind Schluckbeschwerden und ein Kratzen im Hals, häufige Infekte und ein allgemeines Schwächegefühl. Die Entzündung kann aber auch immer wieder spürbar aufflammen (rezidivierende akute Mandelentzündung).

Kommt es zu Komplikationen wie einem Abszess oder breitet sich die Entzündung auf andere Körperregionen aus, etwa auf Herz und Gelenke, muss meist eine Mandelentfernung erfolgen.

Dr. med. Frank Waldfahrer

Dr. med. Frank Waldfahrer

Beratender Experte

Dr. med. Frank Waldfahrer, Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, arbeitet seit 2002 als Oberarzt an der Hals-Nasen-Ohren-Klinik, Kopf- und Halschirurgie des Universitätsklinikums Erlangen (Direktor: Professor Dr. Dr. H. Iro).

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.

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