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Gewiss, große Augen wirken oft anziehend. Übermäßig groß sollten sie aber nicht sein. Denn sonst schlägt der positive Eindruck schnell ins Gegenteil um. Sie erscheinen glubschig, der Blick wirkt starr. Wenn ein oder beide Augen zu weit hervortreten, steht allerdings weit mehr auf dem Spiel als das Aussehen: Das Sehen kann behindert oder gefährdet sein, zudem können Augenschmerzen den Alltag belasten.

Was ist ein Exophthalmus?

Der Fachbegriff steht für das krankhafte Hervortreten eines oder beider Augen aus der Augenhöhle. Die Vorverlagerung des Augapfels führt unter anderem dazu, dass die Lidspalte, also die Öffnung zwischen dem Oberlid und dem Unterlid, zunimmt. Die Veränderungen müssen von einem Augenarzt abgeklärt werden, zumal häufig noch weitere Beschwerden dazukommen, etwa Doppelbilder oder andere Sehstörungen.

Bei einem Exophthalmus (weitere Fachbegriffe: Protrusio bulbi, Proptosis  bulbi oder, weniger wohlwollend: Glubsch- oder Glotzauge) denken viele  gleich an die Schilddrüse. In der Tat ist die Basedowsche Krankheit mit Abstand die häufigste Ursache. Die Autoimmunkrankheit betrifft vor  allem Frauen, meist zwischen 20 und 40 Jahren. Sie geht mit einer  Überfunktion der Schilddrüse einher. Dazu kommen hervortretende Augen, Fachbegriff: endokrine  Orbitopathie. Orbitopathie steht für Erkrankung der Augenhöhle, endokrin  bezieht sich auf Organe, die wie die Schilddrüse ihre Hormone ins Blut abgeben. Andere mögliche Krankheiten der Augenhöhle sind  dagegen deutlich  seltener der Grund für ein Hervortreten der Augen. Mitunter  täuscht eine  Veränderung der Augen einen Exophthalmus nur vor.

Exophthalmus: Wann zum Arzt?

In Kürze: Das Auge und die Augenhöhle

Der Durchmesser des fast kugelrunden Augapfels beträgt bei Erwachsenen etwa 2,5 Zentimeter. Er liegt in der knöchernen Augenhöhle. Seitlich und hinten ist er von Fettgewebe, Bindegewebe und Muskeln umgeben. In der Augenhöhle sind auch der Sehnerv, andere Nerven des Auges, Gefäße sowie die Tränendrüse untergebracht. Sie füllen Dreiviertel des Platzes aus, sodass für das Auge relativ wenig übrig bleibt. Bei einer Schwellung   in der engen Umgebung bleibt dem Auge daher nur "die   Flucht nach vorne" – mit der Folge eines Exophthalmus.

Normalerweise wölbt es sich nur leicht vor. Lediglich von der dünnen Bindehaut, den Lidern und dem Tränenfilm geschützt, hat das Auge genügend Spielraum, um einen weiten Bereich zu erfassen.

Zwölf Muskeln, pro Auge sechs, steuern das genau aufeinander abgestimmte Bewegungsspiel der Augäpfel. Synchron scannen die Augen ihr Blickfeld ab, Millionen Impulse erreichen über die Netzhaut und den Sehnerv das Gehirn. Daraus macht das Denkorgan nicht nur Bilder, sondern öffnet Räume für Wahrnehmungswelten.

Mit dem Exophthalmometer kann der Augenarzt nachmessen, wie weit die Augen hervortreten

Mit dem Exophthalmometer kann der Augenarzt nachmessen, wie weit die Augen hervortreten

Exophthalmus: Diagnose

Treten ein oder beide Augäpfel stärker nach vorne, lässt sich das kaum verbergen. Das macht den meisten Betroffenen sehr zu schaffen. Umso wichtiger ist es, dass der Arzt abklärt, was dahinter steckt, um die Veränderung bestmöglich zu behandeln. Die Augen und Augenhöhlen überprüft der Augenarzt, um die Schilddrüse kümmert sich ein Endokrinologe. Bei Bedarf stimmen sie sich über mögliche Folgeuntersuchungen miteinander ab.

Augen: Bei der Untersuchung geht es um ihre genaue Stellung und Beweglichkeit, den Zustand der Bindehaut, die Lage und Funktion der Lider, das Gesichtsfeld und das Sehvermögen (Sehtest). Mithilfe der Spaltlampe und verschiedener Zusatzoptiken kann der Arzt die vorderen und hinteren Augenabschnitte einschließlich Netzhaut anschauen. Bei Bedarf kontrolliert er auch den Augeninnendruck.

Das richtige Augenmaß

Ob und wie weit das Auge hervorsteht, genauer: den Abstand zwischen Hornhaut und Vorderrand der Augenhöhle, misst der Augenarzt mithilfe eines Exophthalmometers auf beiden Seiten. Die Normwerte variieren individuell nur um wenige Millimeter. Für Frauen beträgt der Mittelwert 16 Millimeter, für Männer 17. Als krankhaft und damit abklärungsbedürftig gelten Werte über 20 Millimeter oder ein Seitenunterschied über zwei Millimeter. Bei schwerem Exophthalmus können Werte bis 30 Millimeter auftreten.

Augenhöhle: Untersuchungsverfahren wie Ultraschall (Sonografie) und Dopplersonografie, Magnetresonanztomografie (MRT) und Computertomografie (CT) bilden die Augenhöhle, in die der Arzt nicht direkt Einblick nehmen kann, detailiert ab. So lassen sich Gewebeschwellungen bestätigen und die zwar nur seltenen, aber prinzipiell möglichen Geschwulstbildungen erkennen. Bei Verdacht auf eine spezielle Grunderkrankung der Augenhöhle können  ergänzende bildgebende Untersuchungen, Bluttests und Analysen von  Gewebeproben (Biopsien) die Diagnose sichern. Zur Verlaufskontrolle gutartiger Veränderungen genügen meist Sonografien. Für die Diagnose einer endokrinen Ophthalmopathie sind die Augenbefunde wegweisend.

Schilddrüse: Blutwerte wie TSH und T4 geben Aufschluss über die Funktionslage. Meist liegt eine Überfunktion der Schilddrüse vor. Darauf können auch weitere Beschwerden hinweisen wie Gewichtsabnahme trotz Heißhungers, vermehrtes Schwitzen, warme, feuchte Haut, schneller Herzschlag, Haarausfall. Der Nachweis sogenannter Autoantikörper namens TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK) belegt die Autoimmunerkrankung. Die Schilddrüse lässt sich außerdem mittels Ultraschall und Szintigrafie näher untersuchen, zum Beispiel hinsichtlich Knoten (siehe auch Ratgeber "Schwellung am Hals", Kapitel "Schilddrüse") und Funktionsstörungen.

Hinter hervorstehenden Augen steckt häufig eine Schilddrüsenerkrankung

Hinter hervorstehenden Augen steckt häufig eine Schilddrüsenerkrankung

 Hervortretende Augen - Ursache Nr. 1: Endokrine Orbitopathie

Die endokrine Orbitopathie ist eine Autoimmunerkrankung. Dabei entzündet und verdickt sich das Gewebe in der Augenhöhle. In der Folge treten die Augen hervor. In den meisten Fällen besteht zugleich die Basedow-Krankheit mit Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose). Es kann auch ein Kropf, also eine Vergrößerung der Schilddrüse, entstehen (siehe unten, Abschnitt "Symptome").

Nur bei zehn Prozent der Patienten mit endokriner Orbitopathie ist die Schilddrüsenfunktion normal. Dennoch finden sich auch bei ihnen die krankheitstypischen Antikörper im Blut, vor allem sogenannte TSH-Rezeptor-Autoantikörper, abgekürzt TRAK. Autoantikörper richten sich gegen körpereigenes Gewebe. TRAK sind Ausdruck der gegen Schilddrüsen- und Augenhöhlengewebe gerichteten Immunstörung. Raucher/Innen erkranken bei gleicher erblicher Veranlagung doppelt so häufig wie Nichtraucher und haben auch häufiger  eine Augenbelastung.

Die endokrine Orbitopathie verläuft unterschiedlich: zu Beginn manchmal ohne Beschwerden, später mit gleichbleibenden Symptomen, allmählicher Besserung, Verschlechterung oder sehr schwankend. Teils geht sie einer Überfunktion der Schilddrüse voraus, teils tritt sie unter deren Behandlung oder erst Jahre später auf. Anfangs stehen oft entzündliche Veränderungen an den Augen im Vordergrund: Schwellungen und Rötung der Lider, gerötete Bindehaut, vermehrtes Tränen, Druckgefühl hinter dem Auge. Später sind es meist Probleme wie Exophthalmus, Bewegungsstörungen der Augen und Sehbehinderungen. Häufig sind beide Augen betroffen, aber nicht immer im selben Maße. Eine endokrine Orbitopathie lässt mehrheitlich auch auf das Vorhandensein einer Basedow-Krankheit schließen.

Kropf und hervortretende Augen: Typisch für Morbus Basedow

Kropf und hervortretende Augen: Typisch für Morbus Basedow

Symptome:

- Hervortretende(s) Auge (n): Das ist mehr oder weniger sichtbar, genau messen kann es der Augenarzt (siehe oben, "Exophthalmus: Diagnose"). Die Verlagerung ist in verschiedenen Ebenen möglich, manchmal auch zur Seite hin (Schielstellung).

Der Merseburger Arzt Karl Adolf von Basedow, Namensgeber der Erkrankung im deutschen Sprachraum, beschrieb 1840 erstmals die Kombination Kropf, schneller Puls und hervortretende Augen bei Patienten. Seitdem ist das Phänomen als Merseburger Trias bekannt. Weder muss bei Basedow jedoch die Schilddrüse immer vergrößert sein oder Herzrasen verspürt werden, noch müssen die Augen immer hervorstehen. Dennoch treten die drei Veränderungen im Rahmen der Krankheit oft gemeinsam auf.

Weitere Symptome:

- Beim Blick geradeaus wird das Augenweiß zwischen Oberrand der Regenbogenhaut und Oberlid sichtbar (Dalrymple-Zeichen). Die Lidspalte, also der Abstand zwischen Oberlid und Unterlid, ist erweitert.

- Das Oberlid bleibt zurück (Lidretraktion): Beim Herabblicken fällt das besonders auf: Es wird noch mehr Augenweiß unterhalb des Oberlides frei (Von-Graefe-Zeichen). Der Blick wirkt starr, die Lider schließen unvollständig, der Lidschlag ist selten (Stellwag-Zeichen).

- Austrocknung und Schwellung der Bindehaut, Benetzungsstörung der Hornhaut: Es kommt zu trockenen, geröteten Augen, besonders bei kalter Luft, Wind und hellem Licht (erhöhte Lichtempfindlichkeit). Die Lider schwellen deutlich an, die Betroffenen verspüren ein Fremdkörpergefühl, das Sehen ist mitunter verschwommen. Lidschwellungen können den Exophthalmus teilweise verdecken.

- Möglich: ein Druckgefühl hinter dem Auge; Schmerzen sind eher nicht typisch.

- Schlechtere Augenbeweglichkeit, Sehstörungen: Häufig treten Doppelbilder auf. Sie entstehen durch Störungen entzündeter und verdickter Augenmuskeln. Allerdings gibt es noch andere Ursachen für Doppelbilder. Druck auf den Sehnerv am Augenhintergrund kann das Sehvermögen beeinträchtigen.

Diagnose: siehe Abschnitt "Exophthalmus: Diagnose" weiter oben.

Therapie: Gegen die Schilddrüsenüberfunktion bei Basedowscher Krankheit mit Orbitopathie können Schilddrüsenblocker wirken. Während der Behandlung muss die Schilddrüse regelmäßig kontrolliert werden. Falls der Exopthalmus nur leicht ausgeprägt ist, können sich die Beschwerden teilweise nach einiger Zeit spontan bessern. Zusätzlich verordnen Ärzte häufig Selen für sechs Monate. Die Studienergebnisse dazu sind unterschiedlich.

Bleiben die Augenveränderungen jedoch bestehen, kommt eine Radiojodtherapie der Schilddrüse infrage. In ausgeprägteren Fällen jedoch eher nicht, da die Radiotherapie die Augenkrankheit verschlechtern oder bei bislang noch ausgebliebenen Augenproblemen diese hervorrufen kann. Eine Alternative ist hier die operative Entfernung der Schilddrüse.

Bei trockenen Augen sind Tränenersatzmittel ("künstliche Tränen") angezeigt. Befeuchtungsmittel für die Augen auch in der Nacht, etwa als Gel oder Lidspray, tagsüber getönte Brillengläser als Lichtschutz, Verordnung von Prismengläsern für Patienten, die Doppelbilder sehen, Schlafen mit erhöhtem Oberkörper zum leichteren Abschwellen der Lider sind weitere Hilfsmaßnahmen. Gegen entzündliche Beschwerden wie Rötung, Schwellung und vermehrtes Tränen der Augen im Rahmen der Orbitopathie setzen Ärzte häufig einen Entzündungshemmer ein.

Schreitet die Augenerkrankung schnell fort, erfolgt zusätzlich eine Therapie mit Kortison. Bei Gegenanzeigen oder unzureichender Wirkung kommt ein sogenanntes Biological (monoklonaler Antikörper) zum Einsatz. Verschlechtern sich die Beschwerden weiter oder besteht durch den Druck in der Augenhöhle Gefahr für den Sehnerv, ist eine Operation zur Entlastung (sogenannte Dekompressions-Operation) angezeigt.

Im Allgemeinen steht dieser Eingriff eher am Ende der Therapie, zumal der Krankheitsverlauf bei Basedow am Anfang meist nicht vorhersehbar ist. Bei stärkerem Exophthalmus dient er auch kosmetischen Zwecken. Außer im Notfall wird empfohlen, die Operation erst nach längerem Stillstand, mindestens etwa sechs Monate, der akuten Krankheitsphase durchzuführen. Manchmal sind dabei noch weitere Korrektureingriffe am Auge – an den Lidern und Augenmuskeln – nötig, um ein befriedigendes Ergebnis zu erreichen.

Auch Bestrahlungsbehandlungen der Augenhöhle sind bei schweren Fällen eine Option, die Ergebnisse jedoch uneinheitlich.

Mehr in den Ratgebern "Basedowsche Krankheit (Morbus Basedow)" und "Schilddrüsenüberfunktion".

! Achtung: Wenn Sie auf das Rauchen verzichten, verbessern Sie Ihre Behandlungschancen bei der Basedow-Erkrankung und der endokrinen Orbitopathie nachhaltig.

Selten greift eine Nebenhöhlenentzündung auf die Augenhöhle über

Selten greift eine Nebenhöhlenentzündung auf die Augenhöhle über

Exophthalmus - Ursachen: Andere Krankheiten der Augenhöhle 

Auch die nachfolgend beschriebenen, überwiegend seltenen Krankheiten können hervortretende Augen verursachen. Teilweise spielen Rheuma-Erkrankungen und Immunstörungen, was wiederum miteinander zusammenhängen kann, eine Rolle.

  • Infektion in der Augenhöhle (Orbitaphlegmone, orbitale Zellulitis): Selten greift eine bakterielle Entzündung auf die Augenhöhle, also das dort ansässige Fett- und Muskelgewebe über. Ausgangspunkt kann zum Beispiel eine bakterielle Entzündung der Nebenhöhlen, etwa der sogenannten Siebbeinzellen sein. Das kommt mitunter bei Kleinkindern vor.Bei Erwachsenen sind eher Verletzungen oder Eingriffe am Auge, eine Kieferentzündung oder ein Gesichtsfurunkel im Bereich oberhalb der Oberlippe schuld.
    Symptome: Das hervortretende Auge (meist ist eins betroffen) schmerzt stark, vor allem bei Bewegungen, oder es lässt sich kaum noch bewegen. Die Lider sind massiv geschwollen und gerötet. Die Infektion kann zum Sehverlust führen, wenn sie auf den Sehnerv übergreift. Oder wenn durch eine Schwellung Druck auf ihm lastet oder die Durchblutung beeinträchtigt ist. Die Betroffenen haben häufig Fieber und machen einen sehr kranken Eindruck.
    Diagnose: Anhaltspunkte sind eine bestehende Nebenhöhlenentzündung und die klinischen Untersuchungsbefunde. Die Diagnose bestätigt eine Magnetresonanztomografie (MRT) oder Computertomografie (CT). Da die CT mit einer Strahlenbelastung verbunden ist, wird sie bei Kindern nach Möglichkeit nur in absolut notwendigen Fällen eingesetzt, zum Beispiel bei dringendem Verdacht auf eine Infektion der Augenhöhle oder eine damit verbundene Komplikation. Zur Durchführung einer MRT zum Beispiel muss ein Kind ruhiggestellt werden.
    Die Therapie erfolgt umgehend mit intensiver Antibiotikagabe, je nach Verlauf und Befund kann auch eine operative Bereinigung des infizierten Herdes notwendig sein.
  • Entzündung der Augenhöhle (orbitaler Pseudotumor): Dabei geht es um verschiedene, ursächlich unklare, meist schmerzhafte Entzündungen der Augenhöhle. Wegen der Ähnlichkeit mit einem Tumor werden sie als "Pseudotumor" bezeichnet.
    Symptome: Gemeinsam haben die Erkrankungen unter anderem ein hervortretendes Auge (meist einseitig, selten beidseitig) mit eigeschränkter Beweglichkeit, Doppeltsehen, Schmerzen im Bereich der Augen beziehungsweise der Augenhöhle, Rötung und Schwellung der Bindehaut, eventuell auch der Lider.
    Diagnose: Neben der augenärztlichen Untersuchung sind bildgebende Diagnoseverfahren wie MRT oder CT notwendig, um die Diagnose zu stellen. Mitunter lässt sie sich erst durch eine Gewebeentnahme (Biopsie) mit feingeweblichen Tests bestätigen.
    Therapie: Kortison in hoher Dosierung führt meist zu deutlicher Besserung der Beschwerden. Dies wirdhier auch als Bestätigung der Diagnose gewertet.

    Beispiele für entzündliche Krankheiten der Augenhöhle:

    Idiopathische okuläre Myositis: Die gutartige, örtlich begrenzte Muskelentzündung betrifft häufiger einen der langgestreckten Augenmuskeln, die das Auge in Richtung Nase wenden.

    Tolosa-Hunt-Syndrom: Seltene  Erkrankung, bei der besonders im oberen Anteil der Augenhöhle eine sehr schmerzhafte Entzündung auftritt.

    Entzündung der Tränendrüse (Dakryoadenitis): Sie kann sich als akute, meist schmerzhafte Krankheit (ein typisches Zeichen: die sogenannte Paragraphenform des Oberlids, mehr dazu unter "Lidschwellung") zeigen. Dagegen verursachen chronische Entzündungen der Tränendrüse eher weniger Schmerzen. Sie treten mitunter auch bei Rheuma- oder Systemkrankheiten wie Sjögren-Syndrom und Sarkoidose auf, selten bei bestimmten Formen von Lymphknotenkrebs (Lymphome, siehe unten).

    Auch eine Entzündung des hinteren Anteils der Lederhaut (posteriore Skleritis), der Bindegewebskapsel des Auges oder der Hülle des Sehnervs (Perineuritis) sind mögliche Ursachen eines Pseudotumors der Augenhöhle(n) – meist steckt wiederum eine rheumatische Erkrankung dahinter.
  • Exophthalmus bei Gefäßentzündungen (Vaskulitis-Erkrankungen): Da Gefäße sich über den gesamten Körper erstrecken und mehrere Organe erkranken können, gehören Vaskulitis-Erkrankungen zu den sogenannten Systemkrankheiten. Bei einigen von ihnen kann die Entzündung auf die Augenhöhle übergreifen und einen Exophthalmus verursachen. Auch hier mit dabei sind krankhafte Immunvorgänge. Ein Beispiel:
    - Granulomatose mit Polyangiitis (früher: Wegener Granulomatose): Hier erkranken vorwiegend kleinere bis mittelgroße Gefäße, vor allem der Atemwege, zu denen auch die Nasennebenhöhlen zählen. Durch die Entzündungen können Geschwüre entstehen, Gewebe kann einschmelzen, wodurch die Entzündung sich unter Umständen weiter ausbreitet. Mehr im Ratgeber "Granulomatose mit Polyangiitis".
  • Exophthalmus bei anderen Gefäßerkrankungen und Symptome:
    Carotis-Sinus-cavernosus-Fistel: Eine Fistel ist eine krankhafte Verbindung, in diesem Fall von Gefäßen. Zwischen der inneren Halsarterie (Arteria carotis interna) und einem Venengebiet namens Sinus cavernosus kann sich eine sogenannte Carotis-Sinus-cavernosus-Fistel bilden. Ursachen können zum Beispiel Verletzungen wie ein Schädelbasisbruch oder Schädigungen der Gefäße aufgrund einer Arteriosklerose sein. In der Folge zirkuliert Blut meist unter vermehrtem Druck in der Umgebung der Augenhöhle, die über Venen mit dem Sinus cavernosus verbunden ist. Die Blutfülle nimmt zu.
    Symptome: Auf dem Augenweiß schlängeln sich erweiterte rote Gefäße, das heißt, die Augen zeigen sich stark gerötet. Die Augenbindehaut ist geschwollen, der Augapfel tritt vermehrt nach vorne, auch pulsierend, und ist möglicherweise schlechter beweglich. Der Augeninnendruck kann erhöht sein. Bei hohem Blutfluss in der Fistel kann der Patient selbst eventuell ein pulssynchrones Geräusch am Auge bemerken. Der Arzt kann es mit dem Stethoskop über dem Lid hören!
    Bei einer Verstopfung (Thrombose) des Sinus-Cavernosusstaut sich Blut zurück.Dann kann die Augenhöhle stark anschwellen und das Auge pulsierend hervortreten (pulsierender Exophthalmus).

    Krampfadern der Augenhöhle (knotige Aussackungen von Venen, Orbitavarizen) können spontan entstehen oder aber durch Verletzungen und bestimmte Erkrankungen wie zum Beispiel Morbus Osler. Bei erhöhtem Pressdruck, etwa beim Husten, entsteht durch vermehrte Füllung der Aussackungen vorübergehend ein Exophthalmus.
  • Exophthalmus durch eine tumorähnliche Erkrankung namens Langerhans-Zell-Histiozytose (Untergruppe: Hand-Schüller-Christian-Syndrom, früher: Histiozytosis X): Die ausgesprochen seltene Erkrankung kommt in erster Linie bei Kindern vor, Jungen erkranken häufiger als Mädchen. Es gibt unterschiedliche  Formen. Histiozytosen führen zu Schäden am Skelett, manchmal auch in inneren Organen, außerdem an der Haut.
    Symptome: An den betroffenen Stellen in Knochen kann Gewebe wuchern und zugrunde gehen (Osteolyse), was zu schmerzhaften Schwellungen, eventuell auch Knochenbrüchen führt. Die Variante der Hand-Schüller-Christian-Krankheit stellt eine chronische Form dar und betrifft fast immer das Knochensystem. Einige Patienten weisen auch die als Hand-Schüller-Christian-Syndrom bezeichnete, sehr seltene Schädigung einer bestimmten Stelle an der knöchernen Schädelbasis mit Folgen wie stark vermehrter Durst (Diabetes insipidus) und ein- oder beidseitig hervortretenden Augen auf. Die Symptome erklären sich durch Beteiligung der angrenzenden Hirnanhangdrüse, die an der Durstregelung mitwirkt, wie auch der Augenhöhle.
    Die Diagnose lässt sich durch Röntgenaufnahmen, eine Computertomografie,  Knochenszintigrafie, feingewebliche Untersuchung einer Gewebeprobe (Biopsie) und spezielle weiterführende Untersuchungen sichern.
    Therapie: Behandelt wird die Krankheit abhängig von ihrer Ausprägung. Zum Beispiel kann ein begrenzter peripherer Knochenschaden sehr gut auf eine Kortisongabe in den erkrankten Bereich ansprechen. Falls mehrere Organe betroffen sind, kommen Kortison und zytostatische Medikamente innerlich zum Einsatz (eine zytostatische Therapie wirkt wachstumshemmend auf Zellen und wird daher auch gegen Krebs angewandt; die Langerhanszell-Histiozytose gilt allerdings nicht als bösartige Erkrankung). Auch eine Bestrahlung kann mitunter angezeigt sein.
  • Exophthalmus als Folge einer Tumor-Erkrankung: Geschwülste durch tumorartig wachsendes Gewebe in der Augenhöhle sind selten. Es kommen gut- und bösartige Tumoren vor. Betroffen sein können Kinder wie Erwachsene. Die Veränderung tritt in der Regel an einem Auge auf. Die wichtigsten Diagnose-Maßnahmen sind Computertomografie (CT) und Biopsie. Abgesehen von "gut" oder "böse" spielt für die Behandlung am Auge immer auch eine Rolle, ob die Erkrankung den Sehnerv schädigen oder die Durchblutung gefährden und einen Sehverlust verursachen kann.

Scheinbarer Exophthalmus: Pseudoexophthalmus

Sind ein oder beide Augen scheinbar oder tatsächlich sehr groß, kann das einen Exophthalmus vortäuschen. Hier einige Ursachen:

Angeborene Veränderungen:

  • Bei Säuglingen
    - Angeborenes Glaukom auf einem oder beiden Augen (sogenannter Hydrophthalmus, auch  Buphthalmus): Der oder die Augäpfel sind krankhaft vergrößert. Die Augen  erscheinen auf den ersten Blick "so schön groß"; weniger normal sind  allerdings die deutliche Lichtscheu und vermehrt tränende Augen.  Unbedingt Kontrolle beim Augenarzt!
    - Flache Augenhöhlen: Selten kommt ein Neugeborenes mit zu flachen Augenhöhlen auf die Welt. Die Augen erscheinen vergrößert.
  •  Bei Erwachsenen

    - Hohe Kurzsichtigkeit (hohe Achsenmyopie): Bei Myopie ist meistens der Augapfel im Verhältnis zur Brechkraft zu lang; die  Lichtstrahlen bündeln sich schon vor der Netzhaut. Dadurch entstehen  unscharfe Bilder. Die Anlage zu dieser Fehlsichtigkeit  ist angeboren.  Eine Myopie beginnt normalerweise mit zehn bis zwölf Jahren und nimmt  nach dem 25. Lebensjahr nicht mehr zu. Hohe Achsenmyopie dagegen ist  eine fortschreitende Augenkrankheit, bei der es auch zu Veränderungen am  Augenhintergrund kommt. Der hintere Augenpol neigt zu einer Ausbuchtung  (Staphylom), und es zum Beispiel kann schon frühzeitig zu  Netzhautablösungen kommen.

Seitenunterschiede der Augen: Eine Asymmetrie vermittelt manchmal fälschlicherweise den Eindruck, dass ein Auge hervortritt. Mögliche Gründe:

- Enophthalmus eines Auges (Partnerauge): Es ist eingesunken (Enophthalmus) oder scheinbar eingesunken, zum  Beispiel als zu kleines, geschrumpftes Auge nach einer Verletzung.  

- Unterschiedlich weite Lidspalten: Ursache eines scheinbaren Exophthalmus kann auch ein hochgezogenes  Oberlid eines Auges sein. Zum Beispiel kann eine Überfunktion des  Lidhebermuskels vorliegen, wenn ein anderer Augenmuskel gelähmt ist.  Oder das Oberlid des Partnerauges hängt vermehrt herab. Was dahintersteckt, wird der Augenarzt abklären, bei Bedarf in Abstimmung mit einem Neurologen.

Allgemeine Tipps für die Augen

Die Augen sind empfindlich und unersetzlich. Daher sollte man grundsätzlich pfleglich mit ihnen umgehen. Stichworte hier: Genussmittel, Lebensstil, Sonnenschutz, Vorsorge beim Augenarzt.

Genussmittel: Rauchen greift die Gefäße an und kann Schäden an der Netzhaut sowie am Sehnerv begünstigen. Im Zusammenhang mit der Basedowschen Krankheit, der häufigsten Ursache für hervortretende Augen, gilt Rauchen als Risikofaktor. Alkohol ist keineswegs harmloser. Regelmäßig überhöhter Konsum kann den Blick buchstäblich durch Veränderungen der Augenlinse und Netzhaut trüben. Am besten von beidem Abstand nehmen.

Lebensstil: Eine ausgewogene Ernährung mit viel pflanzlichen Zutaten, insbesondere grünem Gemüse, regelmäßige Bewegung und ausreichend Schlaf sind auch für die Augen gute Voraussetzungen, um lange gesund zu bleiben.

Sonnenschutz: Hochwertige Sonnengläser mit Breitband-UV-Schutz schirmen die Augen vor zu intensivem Sonnenlicht ab. Dieses kann einen grauen Star und Netzhautschäden begünstigen.
Sanfte Augenpflege: Die Haut der Lider und um die Augen ist empfindlich und trocknet schnell aus, denn schützende Fettpolster und Talgdrüsen sind hier nur spärlich vorhanden. Umwelteinflüsse hinterlassen leichter ihre Spuren. Die Hautqualität lässt früher nach. Umso wichtiger ist eine gute Pflege, am besten mit Feuchtigkeit spendenden Augencremes oder Gels. Das Produkt sanft um die Augen herum massierend oder tupfend auftragen. Kosmetika vor dem Schlafengehen entfernen. Dazu ein sanftes Reinigungsmittel nehmen und niemals rubbeln oder reiben. Auch in Ihrer Apotheke können Sie sich beraten lassen. Bei Verdacht auf eine Allergie sollten Sie den Hautarzt hinzuziehen.

Früherkennungsuntersuchungen: Augenärzte empfehlen im Allgemeinen, ab 40 Jahren alle zwei Jahre die Augen kontrollieren zu lassen. Unter anderem kann dabei der Augeninnendruck überprüft werden. Dafür kommen Krankenkassen allerdings nicht auf. Schon ab 20 Jahren ist ein Sehtest etwa alle zwei Jahre empfehlenswert, vor allem, wenn man eine Sehhilfe trägt.
Bei Augenkrankheiten, zum Beispiel trockenen Augen: Es ist absolut wichtig, sich an die Vorgaben des Augenarztes zu halten, etwa bei der Anwendung von Augentropfen. und gehen Sie dabei hygienisch vor. Bei Unverträglichkeiten oder anderen Nebenwirkungen die Behandlung nicht von sich aus unterbrechen, sondern um Arzt gehen.

Fachliteratur zu diesem Ratgeber


Grehn, F: Augenheilkunde, 31. Auflage, Springer 2012

Michael N Pakdaman, Ali R Sepahdari, and Sahar M Elkhamary
Orbital inflammatory disease: Pictorial review and differential diagnosis. World J Radiol. 2014 Apr 28; 6(4): 106–115.
Published online 2014 Apr 28; doi: 10.4103/2156-7514.133265
Online:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4000606/ (Abgerufen am 21.12.16)

Leitlinien Berufsverband der Augenärzte Deutschlands (BVA) und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG): Leitlinie Nr. 28, Stand: 20.12.1998: Orbitaerkrankungen / Exophthalmus. Online: http://augeninfo.de/leit/leit28.htm (Abgerufen am 04.01.2017)

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Informationen und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.