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Den einen verheißt sie Wärme, eine Auszeit vom Alltag, Erholung, ein gesundes Körpergefühl. Für andere bedeutet sie Schweißrinnsale, Klaustrophobie, Schamgefühle. Unbestritten ist jedoch: Ein Sauna­besuch gehört für viele Deutsche zur kalten Jahreszeit dazu.

Wie finnische Schwitzstuben populär wurden

Rund 32 Millionen Menschen zählen sich hierzulande zu den Saunagängern, vermeldet der Deutsche Sauna-Bund. Dort weiß man auch, dass den Deutschen etwa 10 000 öffentliche und 1,7 Millionen private Saunen zur Verfügung stehen. "Was die absoluten Zahlen angeht, sind die Deutschen Sauna-Vizeweltmeister", sagt Hans- Jürgen Gensow vom Sauna-Bund. Nur in Finnland, das als Heimat der Schwitzkultur gilt, gibt es mehr.

Schon das Wort Sauna stammt aus dem Finnischen, es bedeutet Schwitzstube. Dass diese heute in Deutschland so populär ist, verdanken wir ebenfalls maßgeblich den Finnen. Genauer: finnischen Sportlern, die zu den Olympischen Spielen 1936 nach Berlin reisten und im Olympischen Dorf eine eigens für sie errichtete Sauna nutzen konnten.

Dass die Regisseurin Leni Riefenstahl die nackten Athleten beim gemeinsamen Schwitzen filmte und die Nackt­szenen später im Propagandafilm "Olympia – Fest der Schönheit" zeigte, soll der deutschen Saunabegeisterung Vorschub geleistet haben.

Wie der Körper profitiert

Wer heute eine Sauna besucht, hofft meist auf positive Effekte für den Körper. Die Definition des Sauna-Bundes lautet denn auch: "gesundheitsförderndes und entspannendes Heißluftbad, in dem Überwärmung und Abkühlung miteinander abwechseln".

Wenn der Schweiß rinnt und man sich danach mutig ins Tauchbecken oder unter die kalte Dusche begibt, werden Abwehrkräfte gestärkt, Giftstoffe ausgeschieden, und die Haut wird zum Strahlen gebracht. So die Annahme. Bei so viel Positivem muss man fast misstrauisch fragen: Stimmt das denn auch?

Mythos Entschlackung

Nüchtern betrachtet, bedeutet ein Saunabesuch für den Organismus erst einmal eine Zumutung. In der klassischen finnischen Sauna liegen die Temperaturen zwischen 80 und 100 Grad. Hoch genug, um Fleisch zu garen oder Eiweiß zum Stocken zu bringen, sagt Dr. Heinz Leuchtgens, Allgemeinmediziner und Präsident des Kneipp- ärztebundes aus Bad Wöris­­hofen. "Für den Körper bedeuten diese Temperaturen viel Arbeit."

Um bei so einer Hitze die eigene Temperatur von 37 Grad halten zu können, produziert der Körper Schweiß. Etwa ein halber Liter pro Saunagang ist keine Seltenheit. Wissenschaftler haben den Schweiß von Saunierern bereits eingehender untersucht – und deshalb weiß man: Es sind darin nicht mehr Gifte enthalten als in anderen Körperflüssigkeiten. In der Schwitzstube "entschlacken" oder entgiften, das funktioniert also schon einmal nicht.

Schwitzen für das Herz-Kreislauf-System

Eine Abkühlung der Haut wird durch das Schwitzen jedoch erreicht. Die Hitze weitet außerdem die Blutgefäße, das Herz schlägt schneller. Und auch die Abkühlung zum Abschluss lässt den Körper noch einmal ordentlich arbeiten. All das scheint das Herz- Kreislauf-System günstig zu beeinflussen.

Nachgewiesen wurde das zum Beispiel 2015 von Wissenschaftlern aus – natürlich – Finnland. Dort hat die Saunaforschung eine lange Tradition. 2300 Männer wurden für die Studie über 20 Jahre hinweg nach ihren Sauna­­gewohnheiten befragt, außerdem dokumentierte man Todesfälle, Herz­­infarkte und andere Herz-Kreislauf-Probleme. Wie die Forscher in dem Fachmagazin JAMA berichteten, zeigte sich: Regelmäßiges Saunieren könnte das Risiko senken, an den Folgen ­einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben.

Geringeres Risiko für Schlaganfall

Eine weitere, erst im vergangenen Jahr veröffentlichte Studie zu dem Thema belegte recht eindrucksvoll ­positive Langzeiteffekte auf das Schlaganfall­­risiko – bei Frauen und Männern. Unter den Probanden, die vier bis sieben Mal pro Woche schwitzten, lag die Schlaganfallrate 60 Prozent niedriger als bei denen, die nur selten in die Sauna gingen.

Die Untersuchungen wurden einerseits gelobt, weil sie mit vielen Teilnehmern und über einen langen Zeitraum durchgeführt wurden. Andererseits mussten die Wissenschaftler viel Kritik einstecken. Denn: Ihre Studienobjekte waren allesamt Finnen, die zwischen ein und sieben Mal pro Woche saunierten. Auf andere Länder sind die Ergebnisse deshalb nicht unbedingt übertragbar.

Blutdruck sinkt nach Saunabesuch

Doch auch eine einmalige Sauna­sitzung wirkt auf den Körper, wie dieses Jahr eine Arbeit deutscher Forscher zeigen konnte. Die Experten beschäftigten sich mit den unmittelbaren Aus­wirkungen von Schwitzbädern auf den Kreislauf, vor allem auf den Blutdruck.

"Lange nahm man an, dass der Blutdruck in der Sauna sinkt", erläutert Reinhard Ketelhut, Professor für Sport­­medizin der Humboldt-Universität zu Berlin. Wie das jedoch genau passiert und was das für Patienten mit hohem Blutdruck bedeutet, wusste man bisher nicht im Detail.

Saunieren wirkt wie leichter Sport

Die Mediziner und Sportwissenschaftler aus Berlin und Halle-Wittenberg beobachteten deshalb Blutdruck und Puls von Probanden während ­einer 25-minütigen Saunasitzung. Das Ergebnis: Der Blutdruck fiel keineswegs, sondern stieg zunächst. Erst nach Verlassen der Hitze sank er – und zwar unter den Wert, der vor dem ­Saunagang gemessen worden war.

Im zweiten Schritt mussten die Teilnehmer auf ein Fahrradergometer, erneut wurden Puls und Blutdruck kontrolliert. Der Vergleich der Werte ergab: "Saunieren wirkt sich auf das Herz-Kreislauf-System ähnlich aus wie moderater Sport", berichtet Ketelhut. Der Effekt entspreche etwa der Leistung beim Treppensteigen.

Vorsicht bei Fieber, Bluthochdruck und Diabetes

Bluthochdruckpatienten oder Menschen mit Herzkrankheiten sollten die Belastung durchs Saunieren nicht unterschätzen – und vorher mit ihrem Arzt Rücksprache halten. Gleiches gilt für Diabetiker, die sich Insulin spritzen. Die Wärme führt zu einer schnelleren Aufnahme des Medikaments ins Blut. Wird die Therapie nicht angepasst, kann es zu einer Unterzuckerung kommen.

Akut Erkrankte, die zum Beispiel erkältet sind oder Fieber haben, sollten nicht ins Schwitzbad gehen. Keinesfalls dürfe man sich an den Finnen orientieren, scherzt Ketelhut. "In Finnland sagt man: Wer es schafft, bis zur Sauna zu gehen, der darf auch hinein." Aus medizinischer Sicht müsse man dem entschieden widersprechen.

Für Gesunde überwiegen die positiven Effekte der Sauna, nur einige wenige Studien berichten von möglichen Schäden. Eine Untersuchung zum Beispiel – nicht aus Finnland, sondern Italien – zeigte, dass intensives Sau­nieren bei Männern die Spermienqualität beeinträchtigt. Doch die Studie untersuchte lediglich zehn Probanden.

Tod durch Alkohol

Gravierendere Probleme hat die Wissenschaft im Zusammenhang mit Schwitzbädern nur dann festgestellt, wenn Alkohol getrunken wird. "Das ist mit das Dümmste, was man beim Saunieren tun kann", sagt Leuchtgens. Alkohol weitet die Blutgefäße zusätzlich und beschleunigt den Herzschlag. Der Sauna-Effekt wird also verstärkt, gleichzeitig lässt das Risikobewusstsein nach.

Warnsignale wie Kreislaufprobleme werden leichter übersehen. Mit tragischen Folgen, wie eine finnische Forschergruppe zeigte. Sie untersuchte Sauna-Todesfälle in ihrer Heimat. Davon gab es zwar sehr wenige, doch die Autopsieberichte belegten: Bei vermeidbaren Todesfällen war fast immer Alkohol im Spiel.

Den meisten Saunabesuchern geht es ohnehin nicht um warmes Bier. Schon eher ums Ausspannen und das wohlige Gefühl hinterher. Und dass die Sauna dafür gut geeignet ist, das darf man auch ohne finnische Saunaforschung glauben.

Tipp:

Ein Saunabad muss keinen starren Zeitregeln folgen. Wie lange Sie in der Kabine bleiben, sollte Ihr Körpergefühl ent­scheiden – nicht die Sanduhr

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