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Akupunktur, die Therapie mit den Nadeln, wurde vor circa 3000 Jahren in China entwickelt. Ihre älteste schriftliche Erwähnung findet sich bereits im zweiten Jahrhundert vor Christus. In der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts verbreitete sich diese Behandlungsmethode in Europa. Heute wird sie oft ergänzend zur Schulmedizin angewandt.
Allerdings sollte die Akupunktur nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen und bei manchen Erkrankungen nicht die einzige Behandlungsmethode sein.

Die Akupunktur soll das Qi in die richtige Bahn lenken

Das Wort Akupunktur hat ihren Ursprung im Lateinischen und kommt von acus, die Nadel, und punctio, das Stechen. Grundlage der Akupunktur ist eine traditionelle asiatische Vorstellung vom Körper, welche sich von den westlichen Erkenntnissen zu Anatomie und Körperfunktionen unterscheidet: Nach asiatischem Verständnis wird der Mensch von der Lebensenergie Qi durchflossen. Sie soll laut der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) in den Leitbahnen, den sogenannten Meridianen, durch den Körper strömen und an mehr als 700 Punkten dicht unter der Hautoberfläche leicht erreichbar sein. Ungefähr 400 davon werden als Akupunkturpunkte genutzt.

Akupunktur-Puppe mit aufgezeichneten Meridianen

Akupunktur-Puppe mit aufgezeichneten Meridianen

Laut dieser alten Lehre ist der Mensch gesund, wenn die Energie harmonisch fließt. Wird der Qi-Fluss aber gestört, was zum Beispiel durch Kälte, Wärme, falsche Ernährung oder psychische Faktoren geschehen soll, dann können Krankheit und Schmerz auftreten. Die Akupunktur soll diese Blockaden des Qi-Flusses beseitigen.

Die chinesischen Beschreibungen der Organe entsprechen weniger festen anatomischen Einheiten, sondern sind eher Konzepte von Funktionskreisen, die organübergreifende Funktionszusammenhänge beschreiben – wie zum Beispiel das Immunsystem, das die Medizin auch nicht einem konkreten Organ zuschreiben würden.

Wirken Glückshormone bei der Akupunktur?

Was genau bei einer Akupunktur im Körper abläuft, ist noch nicht vollständig geklärt. Neue Studien deuten darauf hin, dass der Nadelstich im Gehirn eine vermehrte Ausschüttung schmerzlindernder und stimmungsaufhellender Substanzen auslösen kann. Zu diesen Substanzen, umgangssprachlich oft als "Glückshormone" bezeichnet, gehören unter anderem Serotonin und Endorphine.

Behandlung durch kleine Nadelstiche

Bei einer Akupunkturbehandlung, die meistens im Liegen stattfindet, werden dem Patienten je nach Erkrankung an ausgewählten Stellen Nadeln in die Haut eingestochen. Die sterilen Einmal-Nadeln sind speziell geschliffen, der Patient spürt daher nur wenig, gelegentlich einen minimalen, anfänglichen Einstichschmerz. Nach einiger Zeit kann ein dumpfes Schwere- oder Wärmegefühl in den behandelten Bereichen entstehen. Die Nadeln verbleiben etwa 20 bis 30 Minuten in der Haut. Um bestimmte Wirkungen zu erzielen, werden spezielle Stimulationstechniken angewendet. So können die Nadeln zusätzlich erwärmt (Moxibustion), mit unterschwelligem Reizstrom stimuliert oder auf und ab bewegt werden.

Bei der Akupressur verzichtet der Therapeut auf Nadeln

Bei der Akupressur verzichtet der Therapeut auf Nadeln

Es gibt außerdem weitere Verfahren, die Akupunkturpunkte zu beeinflussen. Bei der Akupressur massiert der Therapeut Akupunkturpunkte mit den Fingern. Bei der Laser-Akupunktur wird der Punkt mit einem schwachen, nicht spürbaren Laserlichtimpuls erreicht.

Wann kann die Akupunktur helfen?

In den letzten Jahren konnte in mehreren Untersuchungen nachgewiesen werden, dass Akupunktur bei der Behandlung bestimmter Schmerzarten, aber auch zur Linderung bei Übelkeit und Erbrechen sowie bei der Erleichterung der Geburt hilfreich sein kann. So konnte in einer großen deutschlandweiten Studie die Therapie mit den Nadeln bei Kniearthrose-, Kopf-, und Rückenschmerzen dazu beitragen, die Schmerzen deutlich zu lindern und beispielsweise bei Spannungskopfschmerzen die Tage mit Kopfschmerzen auf die Hälfte reduzieren.

Zusätzlich gibt es auch Hinweise darauf, dass Akupunktur bei einer Reihe weit verbreiteter Erkrankungen wie Heuschnupfen, Tennisellbogen, Menstruationsbeschwerden, allergischem Asthma oder funktionellen Magen- und Darmbeschwerden helfen könnte.

Auch Abwandlungen können Effekte auslösen

Allerdings zeigte sich in Studien auch, dass ebenso eine Wirkung erzielt werden kann, wenn nicht korrekt an bestimmten Punkten gestochen wird. Eine Scheinbehandlung mit "zufälligem Stechen" an benachbarten Punkten hatte ähnliche positive Effekte. Daher verwenden manche Therapeuten die sogenannte unspezifische oder Minimal-Akupunktur, bei der im Vergleich zur traditionellen chinesischen Form die Nadeln nicht direkt an den traditionellen Therapiepunkten in die Haut gestochen werden. Eine Studie der Techniker Krankenkasse fand keine messbaren Unterschiede in der Wirksamkeit der beiden Formen.

Bei welchen Beschwerden eignet sich die Akupunktur?

Akupunktur wird laut der Indikationsliste der Weltgesundheitsorganisation beispielsweise bei chronischen Schmerzen, Erkrankungen der Atemwege, Allergien, Magen-Darm-Problemen und gynäkologischen Erkrankungen eingesetzt. Akupunktur während der letzten Wochen der Schwangerschaft kann dazu beitragen, den Geburtsvorgang zu verkürzen. Aber auch hier gilt: Die Behandlung sollte mit dem Arzt abgesprochen sein.

Abgeraten wird von Akupunktur zum Beispiel bei starken Gerinnungsstörungen, schweren psychiatrischen Erkrankungen und unklaren Befunden, die einer sofortigen Abklärung bedürfen.

Zahlt die Krankenkasse?

Seit 2007 zahlen deutsche gesetzliche Krankenkassen eine Akupunkturbehandlung im Rahmen einer Schmerztherapie der Lendenwirbelsäule oder der Kniegelenksarthrose, wenn der behandelnde Arzt eine qualitativ hochwertige Akupunkturausbildung nachgewiesen hat. Alle anderen Akupunkturbehandlungen sind im Normalfall nicht Leistung der gesetzlichen Krankenkasse und müssen selbst bezahlt werden. Die Kosten für eine Behandlung liegen in etwa zwischen 30 und 70 Euro pro Sitzung.

Wo finde ich einen geprüften Therapeuten?

Zum Beispiel auf den Homepages der Akupunkturgesellschaften: Bei der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur (www.daegfa.de) oder bei der Societas Medicinae Sinensis (www.tcm.edu) kann man per Eingabe der Postleitzahl geprüfte Akupunkturärzte in der Nähe finden.

Beratender Experte: Dr. med. Stefan Englert, Facharzt für Allgemeinmedizin und Therapeut für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) aus Ravensburg

Quellen:
1. Stux G: Akupunktur - Einführung, 7. Auflage, Heidelberg Springer Verlag 2007
2. Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur e.V. Online: www.daegfa.de (Abgerufen am 14.11.2013)
3. Haake M, Müller HH, Schade-Brittinger C et al.: German Acupuncture Trials (Gerac) For Chronic Low Back Pain: Randomized, Multicenter, Blinded, Parallel-Group Trial With 3 Groups. JAMA, September 24, 2007, Vol 167, No. 17
4. Therapieempfehlungen, Evidenzbasierte Leitlinien, Herausgegeben von der Arzneimittelkommision und der deutschen Ärzteschaft, 2. überarbeitete Auflage, Köln Deutscher Ärzte-Verlag 2004
5. Gemeinsamer Bundesausschuss, Pressemitteilung April 2006: Akupunktur zur Behandlung von Rücken- und Knieschmerzen wird Kassenleistung

Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder –behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Die Beantwortung individueller Fragen durch unsere Experten ist leider nicht möglich.