Blühendes Gift: Gefährliche Pflanzen
Eine Vogelfeder besiegelte 54 nach Christus das Schicksal des römischen Kaisers Claudius: Nach einer Pilzvergiftung sollte sie bei ihm einen Würgereiz auslösen – war aber mit Eisenhut-Extrakt getränkt. Das pflanzliche Gift beförderte den Herrscher zuverlässig ins Jenseits. Man munkelt, seine Gattin Agrippina sei an dem Komplott beteiligt gewesen.
Der Blaue Eisenhut, der auch heute viele Gärten schmückt, zählt zu den tödlichsten Pflanzen Europas. Alle Teile enthalten hochgiftiges Aconitin, das die Haut durchdringt, die Atmung lähmt und schließlich zu Herzversagen führt. "Unbedingt Handschuhe anziehen, wenn man die Staude anfassen muss", rät Gärtnermeister Thorsten Emmermann, Inhaber eines Gartencenters in Wiesbaden.
Giftige Zierpflanzen
Viele Zierpflanzen sind giftig. "Sie wehren so Fressfeinde und Parasiten ab", erklärt Emmermann. Kinder und Erwachsene vergiften sich trotzdem eher selten an Pflanzen, weiß die Toxikologin Dr. Daniela Acquarone, die den Giftnotruf an der Berliner Charité leitet:
"Erwachsene vor allem, wenn sie essbare Gewächse mit ungenießbaren verwechseln, zum Beispiel Bärlauch und Herbstzeitlose. Oder wenn sie Giftpflanzen wie Hortensie oder Stechapfel als Drogen missbrauchen."
Meist enden Vergiftungen glimpflich. Todbringendes Grün wächst hierzulande kaum: In der freien Natur sind das Bilsenkraut, Stechapfel, Tollkirsche und Schierling, in Gärten Goldregen, Eisenhut, Herbstzeitlose, Engelstrompete und Rizinus.
Je nach Dosis heilend oder tödlich
Oft ist die Wirkung eine Frage der Dosis. Zwei Blätter des Fingerhuts sind tödlich, als Medikament lindert die Pflanze geringer dosiert Herzbeschwerden. Über den Giftgehalt entscheiden auch Standortbedingungen, Reifegrad – oder die Zubereitung. So werden Vogelbeeren durch Kochen genießbar.
Zum Glück schmecken Giftpflanzen in der Regel nicht: Wer Teile davon isst, spuckt sie meist sofort aus. Geraten sie trotzdem in den Magen, verhindert oft spontanes Erbrechen, dass der Körper viel Gift aufnimmt.
Ein Anruf in der Giftinformationszentrale oder beim Notruf 112 klärt, was zu tun ist. Bei starken Vergiftungserscheinungen sollte man den Notarzt rufen. Damit es nicht so weit kommt, rät Daniela Acquarone, Pflanzen nur mit fundierter Sachkenntnis zu pflücken und bei Kindern im Haushalt auf hochgiftige Gartenpflanzen zu verzichten.
Eisenhut
Wie kleine Hüte hängen die blauen Blüten von Juni bis August an ihren Stängeln – hübsch, aber todbringend. Alle Teile der Pflanze, die an Berghängen, Bachufern, Waldrändern und in zahlreichen Privatgärten wächst, sind extrem giftig: Sie enthalten sogenannte Alkaloide.
Schon bei Berührung durchdringt das Nervengift auch unverletzte Haut. Kribbeln, Brennen und Taubheit sind die ersten Symptome. Es folgen schweres Erbrechen und Herzrhythmusstörungen mit Todesfolge.
Sind Pflanzenteile in den Mund geraten, sollten sie umgehend entfernt werden. Zudem bei einer möglichen Vergiftung schnellstmöglich den Notarzt rufen.

Seidelbast - Nicht zu verwechseln mit Johannisbeeren
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Seidelbast
Er ist in allen Pflanzenteilen giftig. Problematisch sind ab Juli besonders die roten, appetitlich aussehenden Beeren, die Johannisbeeren ähneln.
Als tödliche Dosis gelten vier bis fünf Beeren bei Kindern und zehn bis zwölf bei Erwachsenen. Dem Echten Seidelbast begegnet man in Laub- und Mischwäldern, er ist aber auch eine beliebte Gartenpflanze.

Giftiges Goldlöckchen
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Goldregen
Die leuchtend gelben Blüten hängen in langen Trauben von der bis zu fünf Meter hohen Pflanze herab. Seine Blütezeit hat der Goldregen zwischen Juni und Juli. Giftige Alkaloide stecken in den Samen, Früchten und Blüten der Pflanze. Neben Magen-Darm-Problemen kann es zu erweiterten Pupillen, Zittern und Krämpfen kommen.
Falls möglich, sollten die Pflanzenteile sofort ausgespuckt und ausreichende Mengen an Wasser zugeführt werden. Deuten sich die genannten Symptome an: Notarzt rufen.
Eibe
Die bis zu zehn Meter hohe Eibe wächst als Zierpflanze in Gärten und Parkanlagen. Ihre Nadeln bleiben das ganze Jahr hindurch grün. Auffällig ist der rote, ungiftige Becher, mit dem die Pflanze ihre Samen schützt.
Nadeln und Samen enthalten Alkaloide. Wurden Pflanzenteile in den Mund genommen und zerbissen, kann es zu erweiterten Pupillen und Problemen im Verdauungstrakt kommen. Außerdem sind Herzrhythmusstörungen möglich. Unbedingt Flüssigkeit trinken und schnellstmöglich den Notarzt verständigen.

Vorsicht vor Verbrennungen!
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Bärenklau
Bis zu fünf Meter hoch wächst der Riesen-Bärenklau am Waldrändern, Wegen und Bachufern. Typisch sind die hohlen, gerippten Stängel und die weißen Blüten. Sämtliche Pflanzenteile enthalten sogenannte Furocumarine.
Diese Substanzen können unter Sonnenlicht auf der Haut Rötungen, Quaddeln, Blasen oder Juckreiz verursachen. Schlimmstenfalls entstehen Entzündungen, die schweren Verbrennungen ähneln und stationär im Krankenhaus behandelt werden müssen. Suchen Sie nach Kontakt sofort einen Hautarzt auf.
Tollkirsche
Der süße Geschmack der Beeren (Reife Juli bis Oktober) täuscht über die giftige Wirkung hinweg. Die Tollkirsche wächst auf leeren Flächen, an Wegen und in Gärten. Wurzeln, Blätter und Beeren enthalten Alkaloide. Bei Kontakt entstehen Hautrötungen.
Nach Verzehr klagen Betroffene über Durst und trockene Schleimhäute. Sie sind unruhig, haben Halluzinationen und Krämpfe und hyperventilieren. Beeren ausspucken, viel Wasser trinken und den Notarzt rufen.
Herbstzeitlose
Sie ist so schön wie tödlich: Die bis zu 40 Zentimeter große Pflanze wächst auf feuchten Wiesen und in Gärten. Ihre volle Pracht entfaltet sie im August, wenn sich die Blätter rosé und violett färben. Im Frühling, wenn sie noch nicht blüht, wird sie häufig mit Bärlauch verwechselt.
In der Pflanze steckt ein hoher Gehalt an Alkaloid, insbesondere Samen und Knolle haben es in sich. Die Folgen einer Vergiftung treten erst nach einigen Stunden auf.
Häufige Symptome sind Übelkeit bis hin zu blutigem Durchfall. Darüber hinaus kommt es zu Atemnot und infolgedessen oft zu Herzversagen. Sofern möglich, sollten Pflanzenteile ausgespuckt werden. Flüssigkeitszufuhr ist wichtig, außerdem den Notarzt rufen.

Katholische Kopfbedeckung
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Pfaffenhütchen
Die Blüten der Pflanze im Juni ähneln der Kopfbedeckung von Kardinälen. Im September zeigen sich die Früchte in auffallendem Rotton. Das Pfaffenhütchen ist häufig in Gärten und Parkanlagen zu finden und kann bis zu drei Meter hoch werden.
Verschiedene Teile des Pfaffenhütchens sind giftig: In der Pflanzenrinde, den Blättern und den Samen stecken Alkaloide und herzwirksame Verbindungen. Meist zeigen sich die Folgen einer Vergiftung erst nach Stunden.
Typisch sind Magen-Darm-Beschwerden, vereinzelt auch leichte Herzrhythmusstörungen. Auf ausreichend Flüssigkeit achten, bei Beschwerden zum Arzt gehen.

Stachelige Biowaffe
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Rizinus
Das verarbeitete Öl des Rizinusbaums ist als Abführmittel bekannt. Nur wenige wissen aber, dass die Samen eine tödliche Gefahr darstellen und als Biowaffe eingestuft werden. Wer kleine Kinder hat, sollte besonders vorsichtig sein: Am besten entfernt man die Fruchtstände bereits vor der Samenreife.
Neben dem giftigen Alkaloid Rizinin enthalten sie das hochtoxische Rizin. Das Tückische: Die marmorierten Samen sehen nicht nur sehr verlockend aus, sie haben angeblich auch einen angenehmen, haselnussartigen Geschmack. Für Kinder und Erwachsene ist der Verzehr von wenigen Samen tödlich.
Vergiftungssymptome treten erst nach Stunden auf: Übelkeit, blutiger Durchfall, Erbrechen, gefolgt von Leber- und Nierenschäden. Unbehandelt sterben Betroffene nach 48 Stunden an Herz- oder Kreislaufversagen. Beim geringsten Verdacht auf Vergiftung Notarzt holen (112).
Maiglöckchen
Die weißen Glöckchen tauchen von Mai bis Juni in Waldgebieten, Büschen und Gartenanlagen auf. Blätter, Beeren und Blüten enthalten ein herzwirksames Gift. Zu den leichteren Vergiftungssymptomen zählen Magen-Darm-Beschwerden.
Wurden größere Mengen konsumiert, können Herzrhythmusstörungen auftreten. Dann ist ein Notarzt gefragt (112). Bis dahin ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen.