Warum sollte man mit Lebenslügen aufräumen, Heino Ferch?
Sie spielen im Dreiteiler „Der Palast“ mit. Kannten Sie das berühmte Revuetheater schon zu DDR-Zeiten?
Ja, ich hatte selbst Familie in der DDR, ich kenne diese Ost-West-Situation mit Stasi und Tränenpalast und war damals auch zwei-, dreimal mit meinen Cousinen in Berlin im Friedrichstadt-Palast.
In dem Film stehen sich 1988 Chris und ihre West-Zwillingsschwester plötzlich gegenüber – nichts voneinander ahnend …
Die Geschichte von den Zwillingen, die getrennt in Ost und West aufwuchsen, gibt es wirklich, sie hatten aber andere Berufe. Der Vater ging mit dem einen Mädchen heimlich in den Westen, wollte wieder zurück – doch das war ihm über Nacht durch den Mauerbau unmöglich. Solche Schicksale gab es viele.
Sie spielen diesen Vater. Wie würden Sie ihn charakterisieren?
Der Vater ist kein verstockter Mensch, aber er trägt die Last dieser Entscheidung und das Schicksal der deutschen Teilung mit sich herum. Er hofft lange, dass seine Frau mit der anderen Tochter nachkommt. Später versucht er alles, um die Familie zusammenzuführen. Vergeblich.
Seine Argumente kann ich gut nachvollziehen, aber auch die Verletzung der Mutter. Die Eltern erzählen den Mädchen nicht, dass sie Zwillinge sind. Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, mit so einer Lüge zu leben.
Eine Tochter im Film ist Tänzerin. Sie waren Tanzakrobat, Turner …
Ich kam als Kind zum Kunstturnen und habe das bis in die Bundesliga betrieben. Als ich 15 Jahre alt war, suchte ein Regisseur in meiner Heimatstadt Artisten. So kam ich zum Theater und verbrachte dort neben der Schule und dem Kunstturnen sehr viel Zeit mit Proben und Vorstellungen. Das hat meine Jugend geprägt.
Wären Sie tänzerisch wieder einsatzfähig, wenn man Sie bitten würde?
Wenn ich genug Vorlauf hätte, um mich vorzubereiten, würde ich die Steppschuhe gerne mal wieder anziehen.
Gibt es Rollen, die Ihnen schlaflose Nächte bereiten?
Wenn ich eine Anfrage bekomme, lese ich das Drehbuch, und entweder es packt mich oder nicht. Wenn ich spüre: Das ist nicht meine Geschichte, da sehe ich mich nicht, dazu bekomme ich keinen Zugang, dann mache ich es nicht.
Abgesehen von Ihrem Bauchgefühl: Erinnern Sie sich an einen besonderen Ratschlag, den Sie als Schauspieler bekamen?
Den gab mir ein Professor an der Schauspielschule: „Ihr müsst an 1000 denken, damit 100 funktioniert.“ Also immer ganz groß denken, die Fantasie groß halten, damit sich wenigstens ein Teil davon umsetzen lässt.
Gibt es etwas, das Sie noch gerne lernen möchten?
In der Schul-Bigband habe ich Klarinette und Saxofon gespielt. Aber das Klavierspielen hat sich nie ergeben. Das würde ich gerne noch lernen.
Beschäftigt Sie das Älterwerden?
Na ja, klar ist das ein Thema. Die Zahl 60 war immer weit weg, und ich fühle mich auch nicht so. Ich habe Kinder in unterschiedlichen Altersklassen, die mich fordern und strapazieren und jung halten und glücklich machen. Gott sei Dank zwickt es noch nicht, und das mit dem Klavierspielen wird auf jeden Fall noch klappen! Ich mache nach wie vor viel Sport und versuche, topfit zu sein, um mich wohlzufühlen.
Welchen Sport treiben Sie?
Ich mache meine Workouts, ich laufe, ich habe einen Personal Trainer, hinzu kommen das Reiten und Polospielen. Ich achte sehr aufs Essen und was ich an Getränken zu mir nehme. Und ich mache seit mehr als 20 Jahren Trennkost. Das habe ich mal aus Zufall entdeckt, und es tut mir sehr gut. Was nicht heißt, dass ich nicht gerne mal ein Glas Wein trinke oder Knödel zum Schweinsbraten esse.
Welchen Anteil hat die Disziplin, welchen Anteil haben die Gene?
Ich bin von klein auf mit viel Sport und einem guten Körpergefühl aufgewachsen. Das will man irgendwann nicht mehr verlieren. Ich weiß, was ich machen muss, damit es mir gut geht. Ich habe aber auch das Glück, dass ich, wenn ich eine Tafel Schokolade anschaue, sie nicht gleich auf den Hüften sitzen habe.
Wen haben Sie als junger Mensch bewundert?
Ich war ein glühender Fan von Burt Lancaster, Fred Astaire und Gene Kelly. Von Gustav Knuth, der das Familienoberhaupt in dem Film „Salto Mortale“ spielte. Vom Meeresforscher Hans Hass. Mit Jacques Cousteau bin ich groß geworden.
Sie schwärmen auch fürs Tauchen in der Tiefsee?
Die Unterwasserwelt fasziniert mich seit meiner Jugend. Ich habe etwa 300 Tieftauchgänge gemacht, überall, wo sich die Möglichkeit bot.
Tauchen, tanzen, turnen, schauspielern und Saxofon spielen – Sie haben ziemlich viele Talente …
Es hat alles mit Leidenschaft zu tun. Wenn die in einem schlummert und man das Gefühl hat: Das macht mich an, das macht mir Spaß, dann ist es einfach die Freude am Tun. Ich bin da verführbar und lasse mich auf neue Dinge gerne ein.