Claudia Rieschel: „Es ist keine Selbstverständlichkeit, gesund zu sein“
Claudia Rieschel, geboren 1950 in Hamburg, spielte in zahlreichen TV-Formaten wie „Das Traumschiff“, „Immenhof“ oder „Rosamunde Pilcher“. Aktuell ist sie in der Komödie „Merz gegen Merz – Geheimnisse“ zu sehen. Im Interview spricht Claudia Rieschel über ihre Brustkrebs-Diagnose, ihre beruflichen Vorbilder und den Blick aufs Älterwerden.
Frau Rieschel, Sie sind in der Fortsetzung der Komödie „Merz gegen Merz“ zu sehen. Mit der gleichen Begeisterung wie beim Start vor fünf Jahren?
Claudia Rieschel: Ja, unbedingt! Unsere „Merzfamilie“ wächst immer enger zusammen. Dass auf die drei Serienstaffeln und den Fernsehfilm im vergangenen Jahr nun ein weiterer folgt, macht mich richtig glücklich. Diese Geschichte eines Paares, das sich trennt, ist so klug und lebensnah und in ihrer Turbulenz einfach saukomisch.
Ihr Filmehemann Ludwig leidet an Demenz …
Rieschel: Ja, eine Situation, die die von mir gespielte „Maria“ oft überfordert. Das versteht der Autor Ralf Husmann auf so eine anrührende, sensible und immer wieder heitere Art zu beschreiben, auch wenn einem das Lachen manchmal im Halse stecken bleibt.
Geht Ihnen das Thema Demenz auch persönlich nahe?
Rieschel: Das Thema beschäftigt uns alle, gerade auch uns Schauspieler. Ich erlebe bei vielen Kolleginnen und Kollegen, dass sie im Alter Probleme mit dem Textlernen haben. Mir ist das schon immer schwergefallen und ich arbeite deshalb seit geraumer Zeit mit Coach, um mich sicherer zu fühlen. Meine Mutter wurde 100 Jahre alt und war nur im letzten Jahr etwas dement. Manchmal wusste sie nicht, welche ihrer drei Töchter gerade vor ihr steht; damit muss man umgehen lernen.
Denken Sie viel darüber nach, wie Sie im Alter leben werden?
Rieschel: Gerade als Alleinstehende beschäftigen einen diese Gedanken. Ich treffe keine Vorsorge in dem Sinne, dass ich mir eine Wohngemeinschaft suche oder das nächste Altersheim. Obwohl es sicher ratsam wäre. Zumindest ist meine Wohnung etwas altersgerechter geworden. Ich habe für meine Mutter einen Treppenlift in den 3. Stock einbauen lassen, für den ich mittlerweile dankbar bin, auch wenn ich ihn nur für schwere Koffer und Wasserkisten benutze. Er fährt mir zu langsam und das Treppensteigen hält mich fit.
Was tun Sie noch für Ihre Gesundheit?
Rieschel: Ich gehe viel zu Fuß und erledige fast alles mit dem Rad. Ich ernähre mich gesund, wenn ich mal von meiner Vorliebe für Kuchen absehe. Außerdem trinke ich kaum noch Alkohol, weil ich merke, dass mir schon kleinste Mengen nicht mehr bekommen.
Sie hatten 2012 Brustkrebs. Hat das Ihre Lebenseinstellung verändert?
Rieschel: Ich weiß nicht, ob ich seitdem anders lebe, aber wenn man so einen Wink vom Schicksal erhält, weiß man zu schätzen, dass man noch hier sein darf und dass es keine Selbstverständlichkeit ist, gesund zu sein. Der Krebs wurde früh entdeckt, operiert und bestrahlt. Ich brauchte keine Chemotherapie. Aber vor jeder Kontrolle mache ich mir so meine Gedanken …
Wer oder was hat Ihnen in Ihrem Leben am meisten geholfen?
Rieschel: Meine zwei Schwestern und ich hatten das Glück, dass unsere Eltern immer für uns da waren. Ich denke, es ist das Wichtigste, dass man in Liebe und Geborgenheit aufwächst. Dafür bin ich unendlich dankbar.
Gibt es etwas, was Sie gerne anders gemacht hätten?
Rieschel: Mein Problem ist: Ich nehme mir etwas vor und bleibe dann nicht dabei, etwa Klavier spielen oder Spanisch lernen. Das würde ich gerne ändern. Ich habe mich oft treiben lassen und mit einem gewissen Gottvertrauen gesagt: Da wird schon wieder was kommen. Auch durch die Schule habe ich mich eher durchgemogelt. Aber eine große Fehlentscheidung kann ich nicht ausmachen. Das ist ein ganz gutes Gefühl.
Wer waren Ihre beruflichen Vorbilder?
Rieschel: In meiner Schulzeit wollte ich ein „Mittelding“ aus Grethe Weiser und Liselotte Pulver werden. Später wurde Meryl Streep ein ganz großes Idol für mich. Ihre facettenreiche Darstellung der unterschiedlichsten Charaktere finde ich einfach bewundernswert!
Was würden Sie sie fragen, wenn Sie sie treffen würden?
Rieschel: Wie sie es geschafft hat, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Der Spagat, den Kolleginnen mit Kindern leisten, ist oft mit großem Verzicht und Schuldgefühlen verbunden, einer Seite nicht gerecht zu werden. In den Beziehungen, in denen ich war, hat es nicht sein sollen. Umso froher bin ich, dass ich jetzt meiner Nichte hin und wieder helfen kann, ihre vier- und siebenjährigen Jungs zu betreuen. Das macht mir große Freude, auch wenn ich abends fix und fertig bin. Kinderbetreuung ist oft anstrengender als so mancher Drehtag.