Ultraschall mit fünf Griechen

Daniela Frank ist Baby-und-Familie-Redakteurin und schwanger
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Eigentlich wollten wir ja nach Kroatien. Doch als ich schwanger war, änderte ich meine Meinung. "Athen reizt mich schon sooo lange", sagte ich zu meinem Freund. Noch einmal in eine Großstadt mit Marktgetümmel, Kunst und Subkultur! Denn auf Hitze, Lärm und stinkenden Verkehr hatte ich mit Baby wahrscheinlich erstmal keine Lust. "Das klingt auch jetzt schon stressig", maulte er. "Danach will ich aber noch an den Strand."
Also fuhren wir nach fünf Tagen Großstadt für sieben Tage auf eine kleine Insel. Außer Wochenendgästen aus Athen gab es nur wenige Touristen. Türkisblaue Buchten, schnuckelige Fischtavernen, leckeres Essen – alles da, was wir brauchten. Oder fast alles. Denn am dritten Tag hatte ich morgens eine kleine Blutung. Wirklich winzig. Aber eben eine Blutung. "Wenn Sie zuhause wären, würde ich sagen: Kommen Sie kurz vorbei", ließ mir meine Gynäkologin durch ihre Sprechstundenhilfe am Telefon ausrichten. Sie empfahl, zu einem Frauenarzt zu gehen. Nur gab es keinen auf der Insel. Über Google fanden wir zwar auf der Nachbarinsel drei. Doch keiner davon ging ans Telefon.
"Einen habe ich auf dem Handy erreicht", sagte die inzwischen eingeschaltete Hausherrin unserer Ferienwohnung. "Er fragt, ob ihr auch übermorgen kommen könnt?" Ich erklärte ihr, was passiert war, sie erklärte es dem Arzt. "Sofort hinlegen, hat er gesagt", rief sie. "Und am besten erstmal im Bett bleiben." Sie fand für uns eine Klinik mit Notaufnahme in Piraeus, dem Hafen von Athen. Ein Arbeiter, der gerade den Keller renovierte, brachte uns zur Fähre und bestellte uns einen befreundeten Taxifahrer zum Hafen in Piraeus. Der war in seinem Übereifer direkt auf das Pier gefahren und hatte sich mit der Polizei angelegt. Nachdem wir als Beweismittel für sein Vergehen den Ordnungshütern vorgeführt worden waren, war es schon nachmittags.
"Was machen wir, wenn wir die Fähre zurück nicht mehr schaffen?", fragte mein Freund panisch im Taxi. Er ging von mehreren Stunden Wartezeit in der Notaufnahme aus. "Wir fahren einfach wieder, wenn es knapp wird", beschloss ich. Mittlerweile kam mir der ganze Aufwand wegen so einer kleinen Blutung äußerst übertrieben vor. Doch auch die netten Ärzte am Klinik-Empfang nickten sofort beflissen, als sie davon hörten. Schon zehn Minuten später leuchtete unsere Wartenummer auf dem großen Display in der Halle. Wir stolperten in ein winziges Zimmer, in dem sich fünf Personen in weißen Kitteln drängten: Drei Männer und zwei Frauen. Meinen Freund schickten sie achselzuckend vor die Tür – es seien ja schon so viele Leute im Zimmer, das müsse er verstehen. Einer der Ärzte untersuchte mich sorgfältig. Auf dem Ultraschallbild war das Herz des Babys erkennbar: es schlug, alles sah gut aus.
Dann folgte ein vaginaler Ultraschall, um die Ursache der Blutung zu bestimmen. Vier Köpfe reckten sich durch den Spalt des Vorhangs, der eigentlich für ein bisschen Privatsphäre sorgen sollte. "Spätestens bei der Geburt ist mir das eh egal", beschwichtigte ich mein angekratztes Schamgefühl und starrte an die Decke. Doch da war der Arzt auch schon fertig. "Ihre Plazenta ist etwas nah am Muttermund", erklärte er professionell. "Reibung kann da eine leichte Blutung hervorrufen." Er verschrieb mir Tabletten und empfahl, größere Anstrengungen zu vermeiden. Erleichtert stürzte ich aus dem Zimmer. "Alles gut", verkündete ich meinem Freund, der ziemlich blass um die Nase war. "Oh Mann, das hat ja ganz schön lange gedauert", stöhnte er. Und fügte hinzu: "Das mit der Insel war vielleicht doch keine so gute Idee."