Jagd nach einer Geburtsklinik

Daniela Frank ist Baby-und-Familie-Redakteurin und schwanger
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Wer in einer Babyboom-Stadt wie München schwanger wird, muss sich klar sein: Es wird ein Kampf. Hebammen, Kinderärzte, Krippenplätze – alles Mangelware. Schnell sein ist jetzt das Wichtigste, mindestens für die nächsten zwei Jahre. Kurz nachdem meine Ärztin Gestationsalter und Geburtstermin bestimmt hatte, suchte ich deshalb nach einer Hebamme. Und fand auf Anhieb eine.
Euphorisch wollte ich mich gleich auch um eine Geburtsklinik kümmern. "Die Bewertungen in den Foren machen einen nur verrückt", sagte ich zu meinem Freund. "Zu jeder Klinik gibt es absolute Horrorgeschichten. Ich versuch’s einfach in der begehrtesten, die wird dann schon passen." Ich griff zum Telefon. "Nehmen Sie Anmeldungen vor der 12. Woche überhaupt?", fragte ich die Dame am anderen Ende der Leitung. "Ich bin jetzt in der zehnten." Ihr Schnauben wusste ich zuerst nicht recht zu deuten. "Ich schaue mal in den Kalender", sagte sie bemüht zuversichtlich. "Alles voll", befand sie dann. "Nur Schwangere in der fünften oder sechsten Woche haben derzeit eine Chance."
Na toll. Dann also doch der Info-Marathon. Trotz guter mentaler Vorbereitung fand ich die Foreneinträge ziemlich besorgniserregend. Von unfreundlichem oder mangelndem Personal über zerbissene Brustwarzen aufgrund von schlechter Stillberatung bis hin zu Geburten auf dem Gang oder sogar abgewiesenen Frauen in den Wehen war alles dabei. "Jetzt weiß ich, warum Flo und Lydi ins Geburtshaus gehen", keuchte mein Freund. Kurze Zeit zuvor hatte er noch den Kopf geschüttelt, als ihm sein Kumpel diesen Plan eröffnete. Trotzdem war das für uns in dem Moment keine Option. "Dann fragen wir einfach alle unsere Bekannten und nehmen die Klinik, mit der keiner Probleme hatte", schlug ich vor. Etliche Horrorgeschichten später hatten wir eine Einrichtung ausgemacht, die uns zusagte. Eine Freundin hatte dort beide Kinder bekommen und war zufrieden.
Zur Sicherheit wollten wir uns noch die nächstgelegene Klinik anschauen. Mit etwa 150 anderen werdenden Eltern strömten wir in einen riesigen Vortragsraum. Neben dem Beamer-Bild wartete der großgewachsene, weißhaarige Direktor der Geburtshilfe. "Willkommen", sagte er in bedeutungsvollem Tonfall und erläuterte anhand von Zahlen, wie renommiert und erfahren das Haus war. "Ich muss Ihnen sagen – wir haben hier alle modernen Methoden – um Ihre Schmerzen – zu lindern". Die Pausen nach jedem Halbsatz verliehen seinen Worten noch mehr Nachdruck. "Ha, cool, von dem hat mir schon der Max erzählt", flüsterte mir mein Freund zu. "Wie ein Verkäufer auf einem Shoppingkanal." Es folgten Bilder von Räucherstäbchen und homöopathischen Kügelchen.
Dann eine halbnackte schwangere Frau, der ein Schlauch aus dem Rücken hing. "Bei einer PDA – stechen wir Ihnen mit einer Nadel – am unteren Rücken – zwischen zwei Wirbel – in den Periduralraum", erklärte der Mediziner beflissen weiter. Mir wurde schlecht. Ich wusste, was eine PDA war. Aber ich hatte mir noch nie vorgestellt, selbst eine zu bekommen. "Puh", stöhnte ich in Richtung meines Freundes, als ich meine Übelkeit etwas im Griff hatte. "Das ist mir jetzt ein bisschen zu heftig."
Doch er hörte mich nicht. Verzückt lauschte er dem Arzt, der gerade von einem Bier-Automaten im Aufenthaltsraum erzählte. "Also ich tendiere immer noch zur anderen Klinik", sagte ich beim Rausgehen. "Joa", machte mein Freund. Er klang enttäuscht. "Aber als Backup ist die ja nicht schlecht", fügte ich schnell hinzu.