Baby und Familie

Ich hatte ja mit allem Möglichen gerechnet. Denn in den letzten Jahren hatte ich gelernt, dass Schwangere so ziemlich alle vorstellbaren Beschwerden kriegen können. Unerträglichen Juckreiz am ganzen Körper zum Beispiel. Oder fiese Schmerzen in der Schambeingegend. Stattdessen hatte ich lange: nichts. Ein bisschen Zahnfleischbluten vielleicht. Aber im Grunde war ich genauso fit wie vorher.

Wie ich zunächst selbst nahm aber wohl mein komplettes Umfeld an, dass ich in irgendeiner Hinsicht eingeschränkt war. "Und, wie geht’s dir?", fragte mich nun oft jemand mit Anteil nehmendem Blick. Eigentlich ja echt nett. Aber anfangs war ich immer völlig überrascht. Dann fiel mir wieder ein, dass ich ja mittlerweile eine deutliche Kugel vor mir herschob.

In meinem Swing-Tanzkurs musterten alle meinen Bauch, als hätten sie noch nie zuvor eine Schwangere gesehen. Tatsächlich war mir bisher dort auch noch keine aufgefallen. "Und wie lange darfst du noch mitmachen?", fragte einer der Jungs. "Wenn’s mir gut geht, bis zum Schluss", sagte ich. Und dozierte: "Die Geburt ist wie ein Marathonlauf. Dafür muss man fit sein." Ich tanzte besonders sportlich, damit niemand den Eindruck bekam, ich würde den anderen zur Last zu fallen.

Nur beim Pilates war ich ab der 20. Woche nicht mehr. Zuvor musste mir meine Trainerin schon alternative Übungen geben, wenn alle auf dem Bauch lagen und mit Armen und Beinen in der Luft ruderten. Ab der 20. Woche durfte ich auch die geraden Bauchmuskeln nicht mehr trainieren. Noch mehr Extra-Übungen wären mir unangenehm gewesen. Zu einem Workout zu Hause auf dem Teppich hatte ich mich aber noch nie aufraffen können.

Das rächte sich bald: Einige Wochen später waren mein Freund und ich bei seiner Mutter in Berlin. Meine Eltern waren für den darauffolgenden Tag angekündigt, um endlich seine Familie kennenzulernen. Da musste ich absolut einsatzbereit sein! Doch plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz im unteren Rücken. Er strahlte in die linke Pohälfte aus – dauerhaft kaum erträglich. Panisch googelte ich, was im Akutfall zu tun war. Kurz vor Ladenschluss stürzte ich in die Apotheke, um die im Netz empfohlenen Wärmepflaster zu besorgen. Die Angst, nun meine restliche Schwangerschaft mit Rückenschmerzen zu kämpfen, trieb mich sogar zu abendlichen YouTube-Übungen auf dem Teppich. Nach einer Nacht auf dem Heizkissen schlang ich mir am nächsten Morgen trotz 31 Grad Außentemperatur ein riesiges Pflaster mit Aktivkohle um den unteren Rücken. "Andere Wirkstoffe sind für Schwangere nicht geeignet", hatte die Apothekerin gewarnt. Glücklicherweise ging der Klettverschluss unter meinem Babybauch gerade noch zu. (Anmerkung der Redaktion: Ob Wärmepflaster im individuellen Fall geeignet sind, sollten Schwangere mit ihrem Arzt klären!)

Die Wärme war angenehm und die Übungen beruhigten mein Gewissen. Der erste Tag mit der Familie lief super und lenkte mich von dem übrig gebliebenen Ziehen ab. Noch einmal dasselbe Programm und es wurde langsam besser. Die Angst trieb mich weiter an: "Bei mir wurde es nach der Schwangerschaft sogar noch schlimmer", hatte eine Freundin erzählt. "Da trägt man ja die ganze Zeit das Kind rum." Sie mache derzeit zweimal täglich zu Hause ihre Übungen. Eine Horrorvorstellung für mich. Doch glücklicherweise lohnte sich mein Einsatz nach einiger Zeit. Mittlerweile reicht einmal pro Woche Teppich-Strampeln völlig aus, damit ich schmerzfrei bleibe – eigentlich genau wie früher auch!

Kolumne "Praxistest Baby"

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