Logo der Apotheken Umschau

Zusammenfassung:

  • Für Vorsorge- und Früherkennungsprogramme wie zum Beispiel Darmspiegelung, Genitaluntersuchung auf Gebärmutterhalskrebs und Mammografie-Screening ist erwiesen, dass sie Leben retten.
  • Allerdings nehmen teilweise noch erschreckend wenige Menschen diese Untersuchungen wahr.
  • Unser Vorsorgekalender zeigt auf einen Blick, auf welche Untersuchungen man einen Anspruch hat.
  • Neben Vorsorgeuntersuchungen ist aber vor allem auch der individuelle Lebensstil entscheidend für den Erhalt der Gesundheit.

Was bringen Vorsorgeuntersuchungen?

Von 1000 Frauen würden normalerweise im Schnitt 30[1] im Laufe ihres Lebens an Gebärmutterhalskrebs erkranken. Eine einfache Untersuchung reduziert diesen Anteil drastisch: Durch einen Abstrich beim Gynäkologen können Zellveränderungen frühzeitig entdeckt werden. Folge der Früherkennung: Statistisch gesehen erhält nicht einmal mehr eine von 1000 Frauen die Diagnose Gebärmutterhalskrebs.

Auch die Darmspiegelung erkennt nicht nur bereits bestehende bösartige Tumore. Polypen werden entdeckt und entfernt, ehe sie entarten. Laut Statistik erkranken von 1000 Frauen im Alter von 65 innerhalb von zehn Jahren bis zu 14[2] an Darmkrebs. Durch die Vorsorge sind es bis zu zehn weniger.

"Stellen Sie sich vor, Sie haben Ihr ganzes Leben auf Ihre Gesundheit geachtet, sich ausgewogen ernährt und viel Sport getrieben, um gesund alt zu werden. Aber am Ende erkranken Sie mit 60 an einem Darmkrebs, den man einfach mit einer Vorsorgeunter­suchung verhindern hätte können", sagt Dr. Markus Frühwein.

Der Münchner Facharzt für Allgemein- und Ernährungsmedizin betont: "Ich glaube, dass wir Ärzte am besten fahren, wenn wir nicht warten, bis die Leute krank zu uns kommen, sondern wenn wir schon vorher Gesundheits­­risiken herausfinden und Gegenmaßnahmen ergreifen."

Welche Vorsorgeuntersuchungen werden erstattet?

Je früher bestimmte Krankheiten oder die Risiken dafür entdeckt werden, desto eher können Arzt und Patient handeln – und desto weniger Schaden entsteht im Körper. Aus diesem Grund erstatten die gesetzlichen Krankenkassen erwachsenen Frauen und Männern verschiedene Vorsorgeuntersuchungen.

Krebsfrüherkennung gehört dazu, aber auch der Check-up beim Hausarzt sowie Screening auf spezielle Gesundheitsrisiken, etwa das Bauchaorten-Aneurysma, das eine lebensgefähr­liche Blutung auslösen kann.

Ob Vorsorgeleistungen in den Katalog der Krankenkassen aufgenommen werden, entscheidet der sogenannte Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Vertreter der Kassen, der Kassenärzte sowie der Deutschen Krankenhaus­­gesellschaft wägen dabei die gesundheitlichen Vor- und Nachteile für den Patienten gegeneinander ab.

Was sind mögliche Nachteile von Vorsorgeuntersuchungen?

"Es ist so, dass bei Vorsorge­untersuchungen Fehler vorkommen, die zu falschen Befunden oder sogar zu unnötigen Behandlungen führen können", sagt Dr. Klaus Koch, Ressortleiter Gesundheitsinformation beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Deshalb müsse man diese Unter­suchungen so sorgfältig und kritisch bewerten wie Medikamente oder andere medizinische Leistungen.

Beispiel Mammografie-Screening: Wenn 1000 Frauen zwischen 50 und 69 nicht da­ran teilnehmen, sterben etwa 19 von ihnen an Brustkrebs[3]. Mit regelmäßigen Screenings im Abstand von zwei Jahren sind es 2 bis 6 Frauen weniger – das ist der Nutzen des Screenings, der sogenannte Benefit.

"Wenn man diese Fallzahlen liest, wirkt der Effekt sehr überschaubar", sagt Professor Michael Leitzmann, Leiter des Instituts für Epidemiologie und Präventivmedizin an der Universität Regensburg.

"Aber wenn man die Zahl hochrechnet auf die Millionen Frauen, die in Deutschland leben, ist man bei Tausenden Leben, die durch die Untersuchung gerettet werden können." Für Menschen mit größerem familiären Erkrankungsrisiko kann der statistische Nutzen außerdem noch deutlich höher liegen.

Wie trifft man die richtige Entscheidung?

Allerdings gibt es durch das Brustkrebs-Screening auch Verunsicherung: Bei der Mammografie erhalten von 1000 untersuchten Frauen etwa 30 einen auffälligen Befund[4]. Durch weitere Untersuchungen stellt sich aber dann bei 24 Patientinnen heraus: Es liegt kein Brustkrebs vor. Diese sogenannten falsch positiven Befunde können Betroffene stark verängstigen.

Vor solchen Untersuchungen sollten Patienten deshalb unter anderem ­da­­rüber informiert werden, welche ­Ergebnisse wie häufig sind – sodass sie mit einem abklärungsbedürftigen Befund eher zurechtkommen.

IQWiG-Experte Klaus Koch plädiert dafür, dass jeder Mensch möglichst gut aufgeklärt sein sollte, um eine bewusste Entscheidung für oder gegen eine Vorsorgeleistung treffen zu können. Zur Unterstützung bieten mehrere Institutionen im Internet leicht verständliche Broschüren an.

Nutzen des Gesundheits-Check-up nicht belegt

Nicht alle Früherkennungsangebote, die die Kassen bezahlen, sind unumstritten. Immer wieder für Diskussionen unter Experten sorgt etwa der Check-up beim Hausarzt. Studien konnten bisher nicht belegen, dass dieser tatsächlich Herzinfarkte oder Schlaganfälle verhindert oder zu einer Verlängerung der Lebenserwartung führt. "Das liegt vielleicht daran, dass vor allem Menschen die Vorsorge wahrnehmen, die auch sonst häufiger zum Arzt gehen, also ohnehin relativ oft untersucht werden", mutmaßt Klaus Koch.

Der Gesundheits-Check-up soll gleich mehrere Erkrankungen erkennen. Zuerst fragt der Arzt nach Krankheitsgeschichte sowie nach familiären und anderen Risikofaktoren. "Das finde ich ganz wichtig, dass man einfach mit dem Patienten spricht und auch mal zuhört: Wo drückt es denn, wo sind seine Probleme. Darüber lassen sich aus meiner Sicht die meisten Risiken herausfinden", sagt ­Mediziner Frühwein.

Außerdem werden Herz und Lunge abgehört, Reflexe überprüft. Der Impfschutz wird gecheckt, ein EKG geschrieben. Blutdruck, -fette und -zucker werden gemessen. Eine Analyse des Urins zeigt, ob Nierenerkrankungen – etwa durch Diabetes – vorliegen. Vorrangiges Ziel des Check-ups: Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen.

Bisher nehmen laut Zahlen der Techniker Krankenkasse im Jahr 2022[5] aber nur 23,7 Prozent der Frauen und 20,3 Prozent Männer dieses Vorsorgeangebot wahr. Möglicherweise würden gerade die anderen 83 Prozent profitieren, die weniger gerne zum Arzt gehen. Allgemeinmediziner Frühwein: "Gerade jüngere Leute sehe ich sonst nur in meiner Praxis, wenn sie mal eine Erkältung haben. Und das ist dann nicht der ideale Zeitpunkt für einen Check."

Warum so wenige die Unter­­suchungen machen lassen, könnte laut Präven­tionsexperte Leitzmann an unzureichender In­forma­tion liegen. "Außerdem höre ich immer wieder mangelnde Zeit als Argument. Aber das ist eher eine Frage von Prioritätensetzen."

Gesunder Lebensstil steht an erster Stelle

Doch auch wer alle Screenings in Anspruch nimmt: In erster Linie trägt der individuelle Lebens­stil dazu bei, wie lange jemand gesund bleibt. Leitzmann rät unter anderem dazu, exzessives Sonnenbaden, Alkohol und Übergewicht zu vermeiden. Und Klaus Koch ergänzt: "Wer nicht raucht, tut mehr für seine Gesundheit, als er mit allen Vorsorgeuntersuchungen zusammen tun könnte."

Hier finden Sie online Entscheidungshilfen zu Vorsorgeuntersuchungen:
Deutsches Krebsforschungszentrum: www.krebsinformationsdienst.de
IQWiG: www.gesundheitsinformation.de
G-BA: www.g-ba.de

Lesen Sie mehr:

Paar vor Laptop

Vorsorge-Rechner: Was die Kasse bezahlt

Hautkrebsscreening, Gesundheits-Check-up oder Darmspiegelung – welche Vorsorgeuntersuchungen zahlt die Kasse ab wann? Unser Vorsorge-Rechner zeigt es. zum Artikel


Quellen:

  • [1] Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums: Gebärmutterhalskrebs-Früherkennung. Online: https://www.krebsinformationsdienst.de/... (Abgerufen am 11.01.2024)
  • [2] Gemeinsamer Bundesausschuss: Darmkrebs- Früherkennung, Angebot der gesetzlichen Krankenversicherung – Versicherteninformation für Frauen ab 50 Jahren. bundesgesundheitsministerium.de: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/... (Abgerufen am 11.01.2024)
  • [3] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen: Einladungsschreiben und Entscheidungshilfe zum Mammographie-Screening, Abshlussbericht. iqwig.de: https://www.iqwig.de/... (Abgerufen am 11.01.2024)
  • [4] Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Brustkrebs. bundesgesundheitsministerium.de: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/... (Abgerufen am 11.01.2024)
  • [5] Techniker Krankenkasse (TK): Männer gehen seltener zur Vorsorge als Frauen. Online: https://www.tk.de/... (Abgerufen am 11.01.2024)