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Frau Kroymann, haben Sie ein gefühltes Alter?

Ich fühle mich jünger, als ich bin. Gut zehn Jahre auf alle Fälle. Im Klimakterium habe ich mich fast wieder gefühlt wie in der Pubertät. Das sind ja beides Wechselphasen. Ich hatte plötzlich wieder Lust, kurze Röcke anzuziehen wie als junges Mädchen. Nach 30 Jahren, in denen ich nur Jeans und Hosen getragen habe.

War das ein gutes Gefühl?

Ja! Das hat mir ein Gefühl von Freiheit gegeben, alles noch mal neu zu erleben. Das ist wahrscheinlich unrealistisch, weil ich 72 bin, aber ich finde es wichtig festzuhalten: Man kann dieses Gefühl noch einmal erleben und es kann ein ganz anderes sein.

Ihre Karriere ist ein gutes Beispiel dafür, dass man immer neu anfangen kann.

Ich hatte Glück, dass meine Arbeit jetzt gesehen und positiv aufgenommen wird. Die Debatten um Gleichberechtigung sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen, ob das die Diskussion um #MeToo ist, Pro Quote oder Equal Pay. In den 1990ern fanden das vor allem Männer in meinem Alter alles ganz furchtbar: zu feministisch, zu kritisch, zu intellektuell.

Sie haben sich vor gut 30 Jahren geoutet. Ist es als lesbische Frau einfacher, älter zu werden – weil der Druck, für Männer attraktiv zu bleiben, wegfällt?

Ich finde, ja! Für schwule Männer und heterosexuelle Frauen ist das Älterwerden am schwierigsten. In beiden Fällen geht es sehr stark um das Aussehen. Ich als Frau, die auf Frauen steht, kann gut älter werden, weil es viele Frauen gibt, die ältere Frauen gut finden. Das ist eine große Bestätigung, auch wenn ich das nicht wissen konnte, als ich mich mit Anfang 40 in eine Frau verliebt habe.

Trotzdem definiert man Frauen nicht nur in Ihrem Beruf stark über die Optik.

Das Aussehen ist immer noch sehr wichtig, vor allem in meinem Berufsstand. Bei den jüngeren Kolleginnen spielt ihre Attraktivität, ihre Fotografierbarkeit eine viel größere Rolle als die Inhalte, die sie transportieren. Dass ich in meinem Alter noch eine Sendung machen darf, verdanke ich wahrscheinlich auch dem Umstand, dass ich mich noch einigermaßen gehalten habe.

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Fit im Alter

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Manche helfen mit Botox oder Ähnlichem nach, um weiter jung auszusehen und im Geschäft zu bleiben.

Botox ist ein Nervengift und das möchte ich nicht in meinem Gesicht haben. Ich muss doch meine Gesichtszüge noch kontrollieren können. Meine Stirnfalten sind mir willkommen, ich bin 72. Zum Start der ersten Staffel „Kroymann“ hätte ich fast gegen eine Zeitschrift geklagt, die mein Foto auf dem Titel so stark bearbeitet hatte, dass ich fast nicht zu erkennen war! Da sage ich immer, ich lasse mich nicht liften und dann das. Das ist ja rufschädigend!

Warum haben Sie nicht geklagt?

Weil es nicht nur um mich, sondern auch um die Einschaltquote ging, das war vor der ersten Sendung. Hätte die zu wenig Zuschauer gehabt, wären wir weg gewesen. Mein Foto auf dem Titel dieser Zeitschrift hat wahnsinnig geholfen, egal wie ich ausgesehen habe, das war eine super Werbung. Jetzt würde ich das nicht mehr hinnehmen.

Bewegen Sie sich müheloser in dieser Branche, weil Sie ein authentisches Bild von sich aufgebaut haben?

Es ist nicht weniger anstrengend, ich muss ganz genau checken: Wo lasse ich es zu, wo wird es falsch verstanden? Man muss trotzdem die Kontrolle haben. Auf meinen So­cial-Media-Kanälen zeige ich schon auch mal, wie es mir gerade geht, zum Beispiel nach meiner Corona-Erkrankung. Über den roten Teppich würde ich nicht so gehen.

Im Juli starten Sie einen Podcast übers Älterwerden – warum hatten Sie Lust dazu?

Ich mag Podcasts. Es ist ein gutes Format, bei dem mal wieder das Ohr im Vordergrund steht. In den Podcasts findet ein Austausch über so viele unterschiedliche Themen statt, aber da die meisten eher jung besetzt sind, ist noch niemand auf die Idee gekommen, mal was übers Älterwerden zu machen!

Können Sie schon verraten, mit wem Sie über diese Themen sprechen?

Mit klugen, älteren Frauen ab 50. Ich möchte wissen, welche Erfahrungen sie gemacht haben, wie man gelebt haben muss, um sich im Alter gut zu fühlen. Ich hatte das Glück, für „War’s das?“ so großartige Frauen wie die erste deutsche Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard oder die Grünen-Politikerin Christa Nickels zu treffen. Wir hatten sehr persönliche, überraschende, manchmal kontroverse Gespräche.

Wie hat die Generation Ihrer Eltern im Vergleich zu Ihnen das Altwerden erlebt?

Sie waren viel früher alt. Meine Mutter hat zwei Weltkriege miterlebt. Sie ist mit vier kleinen Kindern geflohen, mein Vater war im Krieg, die haben ganz andere Sachen durchgemacht. Meine Generation ist viel länger jung.

Woran liegt das?

Wir sind lebendiger, emanzipierter, lassen uns nicht so sehr definieren durch die Einschnitte, über die ein Frauenleben früher definiert war – heiraten und Kinder kriegen. Durch die Frauenbewegung und die sexuelle Aufklärung sind ganz andere Frauenbilder entstanden. Wir sind länger fit und viel selbstständiger, unabhängiger vom Weiblichkeitsideal und dem Bild, das man von alten Frauen hatte. Was alte Frauen angeht, erschaffen wir dieses Bild gerade neu.

Was brauchen Sie, damit es Ihnen gut geht?

Ich muss mindestens fünfmal in der Woche für eine Stunde im Wald sein. Ich hatte früher einen Hund, da war ich jeden Tag draußen. Das ist mir aus der Zeit geblieben. Ich muss die Natur sehen, die Vögel hören. Das ist meine Zeit für mich, wenn ich nicht reise oder drehe. Früher war ich viel Joggen, aber das machen meine Knie nicht mehr mit. Jetzt gehe ich schwimmen und habe mir selbst das Kraulen beigebracht.

Wie haben Sie das geschafft?

Ich bin drangeblieben – 17 Jahre lang. Jeden Sommer habe ich es wieder versucht. Geschaut, wie andere das machen. Anfangs gingen nur zehn Meter, dann 20. Und dann, in einem Sommer, habe ich mich dem Wasser anvertraut und konnte 50 Meter durchkraulen. Das war so ein Glücksgefühl! Erst dann habe ich mir einen Schwimmlehrer genommen (lacht).

Zeichnet Sie eine gewisse Hartnäckigkeit aus?

Ich habe einen langen Atem, bin hartnäckig und ausdauernd. Und das Alter ist eine tolle Phase dafür, um noch etwas Neues zu lernen. Es gibt keinen Druck mehr, damit etwas zu erreichen. Ich mache das einfach nur für mich.

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