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In meiner Lieblings-Krankenhausserie „Grey’s Anatomy“ denkt eine Ärztin in der neuesten Staffel laut darüber nach, mit welchen Beschwerden und Krankheiten sich Frauen beschäftigen müssen, und fragt: „Menstruation, Schwangerschaft, Zysten, Menopause, Endometriose. Und was kriegen die Männer?“ Ihre Kollegin antwortet: „Die ganze Forschung.“

Ich weiß, was die TV-Ärztin meint: Frauen bekommen die Krankheiten, Männer machen die Forschung dazu – und kriegen die meisten Posten. Vor mehr als einem Jahr haben wir uns bei der Apotheken Umschau zwei Dinge vorgenommen. Erstens: im Heft mindestens genauso viele Frauen wie Männer mit Expertenstatus zu Wort kommen zu lassen. Zweitens: bei Themen, die rein Frauen betreffen – sei es Brustkrebs, Menstruation oder Vaginalpilz –, ausschließlich Expertinnen anzufragen. Nur: Es ist gar nicht so einfach, Gesprächspartnerinnen für ein Thema zu finden, das nur Frauen betrifft. Nicht wenige Pressestellen sind überfordert, wenn ich explizit eine Frau verlange.

Medizinerinnen und Mediziner in Deutschland sind in Gesellschaften und Verbänden organisiert. Da finden sich: vor allem Männer. Besonders auffällig ist das auf einem Gebiet, das sich ausschließlich mit Frauen beschäftigt: der Gynäkologie. In der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) sind die drei Vorstände männlich, Frauen besetzen als Schriftführerin und Schatzmeisterin die zweite Reihe. Fünf der sieben Arbeitsgemeinschaften der DGGG werden von Männern geleitet. Diese Ämter sind nicht einmal paritätisch besetzt, also 50/50. Nein, sie zeigen ganz deutlich: Wir ­leben immer noch im Patriarchat. Es mögen zwar mittlerweile viel mehr Frauen Medizin studieren als Männer, an Chefarztposten und Vorstandsämtern ist das jedoch nicht ersichtlich.

Ende 2021 besetzte der Berufsverband der Frauenärzte das Amt des Präsidenten/der Präsidentin neu. Meine Kolleginnen und ich waren ehrlich gespannt. Was geschah: Ein älterer Herr Mitte 60 beendete seine Amtszeit und wurde abgelöst von … einem älteren Herrn Mitte 60. Niemand spricht diesen Männern ihr Wissen und ihre Erfahrung ab. Doch es wäre höchste Zeit für eine Frau an der Spitze gewesen. Sagen Sie jetzt nicht, Sie hätten keine gefunden, liebe Frauenärztinnen und Frauenärzte.

Als Magazin möchten wir die Realität nicht nur abbilden, sondern ihre Veränderung mitgestalten. Ebenso wichtig ist es, dass Verbände und Gesellschaften – gerade in der Gynäkologie – nachziehen und Ämter mindestens paritätisch besetzen. Wenn es sein muss, mit einer Quote. Argumente wie „Wir haben keine Frau gefunden“ oder „Die Frauen wollten alle nicht“ dürfen nicht mehr ziehen. Denn es gibt sie, die Frauen, die als Chefärztinnen arbeiten, wichtige Forschung betreiben, die öffentlich kritisieren, woran es noch fehlt, und den Finger dahin legen, wo es wehtut. Sie werden immer mehr. Wir bemühen uns nach Kräften, sie zu unterstützen. Höchste Zeit, dass andere das auch tun.