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Laktosefrei liegt im Trend. Immer mehr Deutsche greifen zunehmend häufiger zu den Spezialprodukten. Aber rund 80 Prozent von ihnen haben gar keinen Grund dafür, hat die Gesellschaft für Konsumforschung ermittelt. Denn sie vertragen Laktose (Milchzucker).Tatsächlich ist rund jeder fünfte bis sechste Mensch in Deutschland von einer Laktoseintoleranz betroffen. Sie glauben, Sie könnten dazugehören? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Ich habe oft Bauchweh, nachdem ich Milch getrunken habe. Kann das am Milchzucker liegen?

Kann es. Blähungen, Durchfälle und Bauchschmerzen, oft als Krämpfe, sind typisch für eine Laktoseunverträglichkeit. Oft beginnen sie schon eine halbe Stunde, nachdem man Milchzucker gegessen hat: Weil das Verdauungsenzym Laktase ganz oder teilweise fehlt, wird der Milchzucker nicht gespalten und kann nicht ins Blut aufgenommen werden. Stattdessen gelangt er in den Dickdarm. Dort zieht er einerseits Wasser und verursacht Durchfall. Andererseits sitzen dort Bakterien. „Sie spalten die Laktose und bilden dabei Gase“, sagt Dr. Birgit Terjung, Chefärztin an den GFO-Kliniken Bonn. Diese gehen als Winde ab, „können aber auch nach oben Richtung Magen steigen und dort zu einem Blähgefühl führen“, so die Magen-Darm-Expertin. Sprechen Sie bei Verdacht auf eine Laktoseintoleranz mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, um andere mögliche Ursachen wie eine Milcheiweiß- Allergie oder eine Zöliakie auszuschließen.

Woher weiß ich sicher, dass ich eine
Laktoseintoleranz habe?

„Notieren Sie einige Tage lang konsequent, wann Sie was genau gegessen haben, ebenso Ihre Symptome“, rät Sonja Lämmel, Ernährungswissenschaftlerin beim Deutschen Allergie- und Asthmabund (www.daab.de). Dieses Ernährungs-Symptom-­Tagebuch liefert ­Ihrer Hausärztin oder ­Ihrem Hausarzt wichtige Hinweise. Sie oder er kann Sie zur Unterstützung auch an eine Ernährungsfachkraft überweisen.

Eine sichere Diagnose einer Laktoseintoleranz liefert aber erst ein H2-Atemtest. H2 steht für Wasserstoff. Er entsteht, wenn Bakterien die unverdaute Laktose im Dickdarm abbauen, und ist in der Atemluft messbar. Bei dem Test trinkt die Person ­eine milchzuckerhaltige Lösung und pustet in regelmäßigen Abständen in ein Messgerät. Steigt der Wasserstoffgehalt in der Ausatemluft an, ist das der Nachweis für eine Milchzuckerunverträglichkeit. Für den Test muss man in der Regel zur Gastroentero­login oder zum Allergologen. Adressen von Ernährungsfachkräften erhalten Sie beim Deutschen Allergie- und Asthmabund unter www.allergie-wegweiser.de

Ist bei einer Laktoseunverträglichkeit Milchzucker völlig tabu?

„Nicht komplett“, sagt Birgit Terjung. „Kleine Mengen Laktose kann und sollte man weiterhin zu sich nehmen.“ Was vertragen wird, sei individuell verschieden. Zu vermeiden sei viel Laktose auf einmal. Kleine Portionen über den Tag verteilt machen meist keine Probleme. Auch was dazu gegessen wird, ist wichtig: Ein fettes Essen verzögert den Übertritt des Mageninhalts in den Darm. So erreicht der Milchzucker erst nach und nach den Darm und wird so verträglicher.

Gibt es günstigere und weniger günstige Milchprodukte?

Milch, Sahne, Mascarpone, Frischkäse oder verarbeitete Fertigprodukte wie Sahne­hering oder Eis enthalten von Natur aus viel Milchzucker. Die laktosefreien Varianten stellen hier eine sinnvolle Alternative dar. Normaler Joghurt und Quark werden unterschiedlich gut vertragen. Butter ist hingegen so gut wie laktosefrei. Und bei der Reifung von Käse wird Milchzucker vergoren. Er ist daher umso besser verträglich, je älter er ist.

Milch und Quark streichen, reicht das?

Ganz so einfach ist es nicht, meint Sonja Lämmel: „Schauen Sie sich lieber zusammen mit Ihrer Ernährungsberaterin die Zutaten von Lebensmitteln an. Und auch, wie sie verarbeitet sind.“ So enthält ein stichfester Naturjoghurt Milchsäurebakte­rien, die die Laktose im Joghurt schon vorverdauen. Vorsicht vor Produkten, denen Magermilchpulver zugesetzt ist: Es sorgt für mehr Laktose. Das ist oft bei cremig
gerührten Joghurts der Fall – und nicht
deklariert.

Wie finde ich die für mich passende Ernährung bei Laktoseintoleranz?

„Die Ernährungsumstellung sollte in drei Phasen erfolgen“, sagt Birgit Terjung. In der Verzichtphase gilt es, Laktose weitestgehend zu meiden. Dabei lernen die Betroffenen auch, in wie vielen Produkten Milchzucker enthalten ist. Durch den Verzicht geht es ihnen meist besser. In der Testphase kommt nach und nach wieder Laktosehaltiges auf den Speiseplan, um individuell zu ermitteln, wie viel Milchzucker und welche Produkte man ohne Probleme essen kann. Wer sich langfristig im Sinn einer Dauer­ernährung daran hält, kann gut und beschwerdefrei leben. Bis es so weit ist, können aber Monate vergehen.

Soll ich mit einer Intoleranz möglichst viele „Frei von Laktose“-Produkte essen?

Wer auf Milch nicht verzichten möchte, fährt gut mit laktosefreier Milch. Doch ­Sonja Lämmel rät davon ab, pauschal teure „Frei von Laktose“-Produkte zu kaufen. Lieber aufs Etikett schauen: Brot, Wurst oder Instant-Ware enthält oft wider Erwarten Milchzucker. Vorsicht, wenn die Zutatenliste Laktose, Milch(-pulver), Molke(-pulver), Rahm oder Sahne ausweist. Bei offener Ware das Verkaufspersonal fragen. Natür­licherweise laktosefrei sind unverarbeitetes Gemüse, Obst, Getreide und Fleisch. Kann man den Laktosegehalt des Essens nicht selbst steuern, etwa im Restaurant, sind Laktase-Tabletten hilfreich (siehe Kasten unten).

Ist es nicht grundsätzlich gesünder, Milchzucker wegzulassen?

Nein. Es ist nur sinnvoll, wenn die Laktoseintoleranz feststeht. Wenn man, etwa in
einer veganen Essphase, auf Milchzucker verzichtet, fährt der Körper die Produktion des Verdauungsenzyms Laktase herunter. Nimmt man dann plötzlich ungewohnt viel Milchzucker zu sich, können Probleme auftreten.


Quellen:

  • Smollich M, Vogereuter A: Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Stuttgart, 2018

  • IQWIG: Laktoseintoleranz (Milchzucker-Unverträglichkeit). https://www.gesundheitsinformation.de/... (Abgerufen am 30.05.2022)
  • Bundeszentrum für Ernährung: Trendlebensmittel Laktosefreie Lebensmittel : Wer braucht sie wirklich?. https://www.bzfe.de/... (Abgerufen am 30.05.2022)