Pflege auf Distanz: Betroffene oft stark belastet

Viele Angehörige leben entfernt von ihren pflegebedürftigen Eltern. Regelmäßiger Kontakt ist oft nur telefonisch möglich.
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Viele pflegende Angehörige leben weit von ihren pflegebedürftigen Eltern entfernt – und sind dadurch stark belastet. Das zeigt eine neue Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. So fühlen sich 63 Prozent der Angehörigen, die aus der Distanz bei der Pflege helfen, dadurch belastet, dass sie die Eltern oder die anderen pflegebedürftigen Familienmitglieder nicht besser vor Ort unterstützen können. 75 Prozent der Befragten gaben an, dass es sie belaste, wegen der Entfernung in Notsituationen nicht vor Ort helfen zu können.
Je weiter die Distanz, desto höher die Unzufriedenheit
Die Studienautoren gehen davon aus, dass Angehörige für die Pflege von rund 4,1 Millionen Menschen in Deutschland eine wichtige Rolle spielen. Schätzungsweise rund ein Viertel der pflegenden erwachsenen Töchter und Söhne lebten mindestens 25 Kilometer entfernt von ihren pflegebedürftigen Müttern oder Vätern. Für die Erhebung wurden Menschen berücksichtigt, die eine Wegezeit von 20 Minuten oder mehr bis zu der oder dem Pflegebedürftigen haben.
41 Prozent der aus Distanz Pflegenden sind mit ihrer Situation bezüglich der Pflege eher un- oder gar nicht zufrieden – wobei die Unzufriedenheit laut der Studie mit der Dauer wächst, die sie für den Weg brauchen. Ab einer Wegezeit von zwei Stunden liegt der Anteil derjenigen, die sich unzufrieden zeigen, bei 61 Prozent.
Erschwerter Einblick in die Lage Pflegebedürftiger
Dabei führt die Distanz zu verschiedenen Problemen. So fühlen sich 49 Prozent durch den zeitlichen Aufwand belastet. 38 Prozent der Erwerbstätigen unter ihnen erleben laut der Studie belastende berufliche Einschränkungen. Zwei von fünf gaben eine Belastung durch den finanziellen Aufwand der Unterstützung an.
Knapp zwei Drittel empfinden es als beschwerend, wegen der Entfernung zu wenig Einblick in die aktuelle Lage der pflegebedürftigen Person zu haben. 41 Prozent der Befragten sagten, dass der Umfang ihrer Unterstützung von anderen Personen nicht richtig wahrgenommen werde. Grund: Ihre Hilfe sei nicht so oft vor Ort sichtbar.
Mangelnde Wertschätzung gegenüber Pflegenden
Tatsächlich ist die Unterstützung, die die Betroffenen leisten, laut der Erhebung ganz unterschiedlich. 78 Prozent helfen ihren zu pflegenden Angehörigen laut der Studie mit der Beschaffung von Informationen, 68 bei der hauswirtschaftlichen Versorgung – aber 22 Prozent auch bei der persönlichen Pflege. „Dafür nehmen nicht wenige von ihnen regelmäßige Anfahrten von über einer Stunde in Kauf“, sagte der Vorsitzende des Zentrums für Qualität in der Pflege, Ralf Suhr.
Viele auf Distanz Pflegende hätten aber den Eindruck, ihr Engagement werde unterschätzt. „Zum Beispiel von Arbeitgebern, Ärzten, Pflegediensten aber auch in der Familie.“ Auch zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen gibt es oft Unstimmigkeiten. So sagten 38 Prozent, die pflegebedürftige Person gebe ihnen das Gefühl, sie seien zu wenig bei ihr.