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Welche Werte werden gemessen?

Wie gut die Niere ihre Blutfilterfunktion erfüllt, lässt sich an der Glomerulären Filtrationsrate (GFR) erkennen. Sie wird meist als eGFR (e = estimated, geschätzt) oder aus weiteren Angaben errechnet.

Ein zweiter wichtiger Wert wird aus dem Urin ermittelt: der Gehalt des Proteins Albumin. Taucht dieses Eiweiß im Urin auf, kann das eine Nierenschädigung, zum Beispiel aufgrund von Diabetes, anzeigen. „Diese Messung wird leider häufig vergessen“, sagt Professor Christoph Wanner, Leiter der Abteilung Nephrologie an der Uniklinik Würzburg.

GFR und Albumin dienen dazu, sowohl eine chronische Nierenschwäche zu diagnostizieren als auch deren Verlauf zu kontrollieren. Eine solche Erkrankung liegt definitionsgemäß vor, wenn der GFR-Wert unter 60 Milliliter pro Minute liegt. Ärzte drücken das oft auch in Prozent aus: Die Nierenfunktion ist demnach nur noch zu 60 Prozent erfüllt.

Ab etwa einem Alter von 40 Jahren sinkt die Nierenfunktion in der Regel jährlich um etwa ein Prozent. Deshalb fällt sie bei vielen älteren Menschen auf unter 60 – ohne dass dies in jedem Fall behandlungsbedürftig wäre.

Was sollte noch untersucht werden?

Am häufigsten von einer Nierenschwäche betroffen sind Menschen mit schlecht behandeltem Diabetes oder Bluthochdruck. Bei ihnen kommt zum normalen Nachlassen der Nierenfunktion hinzu, dass beide Krankheiten die feinen Gefäße in der Niere schädigen. Deshalb kann das Organ das Blut nicht mehr optimal filtern.

Giftige Stoffwechselprodukte, die sich dann im Blut häufen, sind nicht leicht zu überprüfen. Quasi stellvertretend wird deshalb der Anteil an Harnstoff analysiert. Ein erhöhter Spiegel kann auch auf eine proteinreiche Ernährung hindeuten – die einer schon erheblich geschwächten Niere schadet.

Nicht zu verwechseln ist Harnstoff mit Harnsäure. Ein hoher Gehalt davon erhöht das Gichtrisiko und kann zu Nierensteinen führen. Jahrzehntelang ging man davon aus, dass Harnsäure auch der Niere schadet. Heute ist das höchst umstritten. Eine Senkung des Harnsäure­werts hilft gegen Gicht, hat aber keinen eindeutig nachweis­lichen Effekt auf die Nierenfunktion.

Bei einer schwächelnden Niere kann zudem der Blutgehalt des Mineralstoffs Kalium steigen. Dies erhöht das Risiko für Herzrhythmusstörungen. Ein zu niedriger Kalziumgehalt und/oder erhöhter Gehalt an Phosphat wiederum schädigt die Knochen.

Weitere Informationen gewinnen Nierenfachärzte (Nephrologen) aus dem sogenannten Urinsediment. Es wird unter dem Mikroskop unter anderem hinsichtlich Erythrozyten (roten Blutkörperchen), weißen Blutzellen und Bakterien untersucht. „Am Urinsediment kann man zudem erkennen, ob Blut im Urin auf einer Störung der Nieren oder der unteren Harnwege beruht“, erklärt Professorin Julia Weinmann-Menke, Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie an der Uniklinik Mainz und Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie.

Wann sollte man die Werte messen lassen?

Bei bestimmten Erkrankungen, vor allem bei Diabetes und Bluthochdruck. In diesen Fällen dient dies der Früherkennung und der Verlaufskontrolle. „Ab einer GFR von 45 ml/min sollten Patienten neben den Hausarztbesuchen auch regelmäßig zum Nephrologen gehen“, empfiehlt Christoph Wanner.

Dies gelte schon früher, wenn sich ein erhöhter Albumingehalt im Urin nicht beherrschen lasse. Wie häufig, hängt unter anderem davon ab, ob schon Nebenwirkungen der Nierenschwäche vorliegen: zum Beispiel ein erhöhter Kaliumspiegel oder ein Mangel an Erythrozyten (Blutarmut).

Was sind Normalwerte?

Kreatinin: Je nach Messverfahren und Alter bei Frauen 0,4–1,12 mg/dl (35–99 Mikromol/Liter), bei Männern 0,57–1,3 mg/dl (50–115 Mikromol/Liter)

GFR: Bei jungen nierengesunden Menschen 90–130 ml/min. Ab 60 ml/min spricht man von einer chronischen Nierenschwäche, unterhalb von etwa 10 bis 15 ml/min wird meist in absehbarer Zeit eine Dialyse (Blutwäsche) nötig.

Albumin im Urin: Idealerweise weniger als 30 mg/24 Stunden

Harnstoff: 17–43 mg/dl (2,8–7,2 mmol/Liter)

Harnsäure: Frauen 2,3–6,1 mg/dl (137–363 Mikromol/Liter Blutserum), Männer 3,6–8,2 mg/dl (214–488 Mikromol/Liter)

Kalium: 3,7–5,1 mmol/Liter

Kalzium: 8,6–10,3 mg/dl (2,15–2,58 mmol/Liter)

Phosphat: 2,6–4,5 mg/dl (0,84–1,45 mmol/Liter)

Die Volumenangaben in ml, dl oder Liter beziehen sich immer auf das Blutserum. Die Werte wurden dem Standardwerk Labor und Diagnose 2020 entnommen und geben den ungefähren Normbereich an. Je nach Labor können sie etwas abweichen.

Was, wenn die Werte abweichen?

Mit einem Ultraschall kann der Arzt weitere Erkenntnisse gewinnen: ob die Nieren normal groß sind, ob ihre Gefäße auffällig viele Zysten oder Nierensteine enthalten, ob sie entzündet sind. Für speziellere Fragestellungen, etwa ob ein Tumor vorliegt, kann eventuell eine Untersuchung im Magnetresonanztomographen nötig sein.

Bei einer chronischen Nierenschwäche gilt es zunächst, zugrunde liegende Krankheiten optimal zu behandeln: also den Diabetes gut einzustellen sowie erhöhten Blutdruck zu senken. Meist erhalten die Patienten ein Medikament aus der Gruppe der ACE-Hemmer, das das Fortschreiten der Nierenschwäche bremst. Auch bestimmte Diabetesmedikamente können zum Einsatz kommen.

Bei fortgeschrittener Nierenschwäche sind oft Vitamin-D-Tabletten nötig, weil die Niere bei dessen Produktion eine wichtige Rolle spielt. Ein geschwächtes Organ kann das nicht mehr leisten. Manche Arzneimittel sollten dagegen besonders zurückhaltend eingesetzt werden, weil sie die Niere zusätzlich belasten. Unter den rezeptfreien gilt das vor allem für Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac.

Mit einer angepassten Ernährung können Patienten ebenfalls Gutes für sich tun. „Niedergelassene Nephrologen können eine Ernährungsberatung verschreiben“, empfiehlt Julia Weinmann-Menke. „Dafür übernehmen viele Krankenkassen die vollen Kosten.“

Wichtig: Die Referenzwerte sowie die ermittelten Werte können sich von Labor zu Labor stark unterscheiden. Weiterhin gibt es unter Umständen starke tageszeitliche und (saisonale) jahreszeitliche Schwankungen ohne Krankheitswert. Bevor Sie sich durch abweichende Ergebnisse verunsichern lassen, bitten Sie daher Ihren Arzt oder Ihre Ärztin, Ihnen Ihre persönlichen Daten zu erklären. Einzelne Laborwerte alleine sind zudem meistens nicht aussagekräftig. Oft müssen sie im Zusammenhang mit anderen Werten und im zeitlichen Verlauf beurteilt werden.