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Wenn der Körper sich während der Pubertät verändert, tauchen bei vielen Mädchen – trotz Aufklärungsunterricht und Internet – eine Menge Fragen auf. Es gibt Unsicherheiten bei den Themen Zyklus, Sexualität und Gesundheit. All dies soll in der neuen Mädchensprechstunde M1 adressiert werden, die jugendliche Mädchen ab dem 1. Oktober 2024 besuchen können.

Wer kann die Mädchensprechstunde M1 wahrnehmen?

Die Mädchensprechstunde M1 ist ein neues Angebot, das gemeinsam von verschiedenen Betriebskrankenkassen und dem Berufsverband der Frauenärzte erarbeitet wurde. Ab dem 1. Oktober 2024 können Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren einmal die Mädchensprechstunde M1 bei einer teilnehmenden Gynäkologin oder einem teilnehmenden Gynäkologen wahrnehmen. Allerdings noch nicht alle. Bislang ist das Angebot auf diejenigen beschränkt, die bei einer der teilnehmenden Betriebskrankenkasse versichert sind.

Wie läuft die Mädchensprechstunde M1 ab?

„Hast Du besondere Essgewohnheiten?“, „Hast Du wegen Periodenschmerzen schon mal Schmerztabletten genommen?“, „Weißt Du, ob Du geimpft wurdest gegen Gebärmutterhalskrebs/HPV-Impfung?“, „Gibt es Stellen an Deinem Körper, über die Du heute gerne Fragen stellen würdest?“

Das sind vier von mehr als 20 Fragen eines Bogens, den eine Jugendliche im Vorfeld der Mädchensprechstunde M1 ausfüllt.

Anhand des ausgefüllten Fragebogens weiß die Gynäkologin oder der Gynäkologe schon vor dem Gespräch, welche Themen das Mädchen gerade bewegen und wo es vielleicht Informationen benötigt. „Der Fragebogen ist ein guter Weg, um schnell die Themen zu finden, die wichtig sind für das jeweilige Mädchen. Das ist Voraussetzung dafür, dass wir ein individuell zugeschnittenes Gespräch im Sinne einer personalisierten Prävention führen können“, sagt Dr. Marianne Röbl-Mathieu, niedergelassene Frauenärztin in München und Initiatorin der Mädchensprechstunde M1.

Anschließend folgt die eigentliche Sprechstunde, das Gespräch mit der Gynäkologin oder dem Gynäkologen. Hier kann es um alle möglichen Themen gehen, die das Mädchen derzeit bewegen und die zumindest einen losen Bezug zur Gesundheit haben: Das Zyklusgeschehen, Sexualität, Verhütung, die Veränderungen am Körper und ihre Folgen, der Impfstatus, die psychische Gesundheit – womöglich hat man mit den Körperveränderungen Schwierigkeiten, oder man fühlt sich gerade von den Freundinnen ausgegrenzt – oder auch allgemeine Gesundheitsfragen.

„Im Gespräch hoffen wir, wichtige Informationen vermitteln zu können, die das jugendliche Mädchen gerade sucht oder braucht. Manchmal ist es auch nur ein Anstoß, sich mit bestimmten Themen oder Verhaltensweisen näher auseinanderzusetzen. Ich bin überzeugt, Mädchen in diesem Alter brauchen ein solches professionelles, institutionalisiertes Angebot“, sagt Röbl-Mathieu.

Eine körperliche Untersuchung ist nach Absprache mit der Besucherin der Sprechstunde möglich. Eine gynäkologische Untersuchung hingegen ist nicht vorgesehen. „Es ging darum, ein niedrigschwelliges Angebot zu schaffen für Mädchen. Sie sollen die Möglichkeit bekommen, sich ganz unbefangen informieren zu können“, sagt Röbl-Mathieu.

Inwiefern kann die Mädchensprechstunde M1 für Mädchen gesundheitlich wichtig sein?

„Das Hauptziel ist es, die Versorgungsqualität für Mädchen und junge Frauen zu sichern und zu verbessern. Da ist es sehr oft schon gesundheitlich bedeutsam, wenn man den Mädchen bestimmte Informationen vermittelt, die sie brauchen“, sagt Röbl-Mathieu. Im Mittelpunkt der Mädchensprechstunde M1 werden meist Themen stehen, die Mädchen in diesem Alter stark beschäftigen, das sind häufig Sexualität und Verhütung. Aber – das ist eine Stärke der M1 – auch zahlreiche andere Themen, die die Mädchen jeweils individuell beschäftigen, können besprochen werden.

So kann etwa auch das Thema Kinderwunsch zur Sprache kommen. Fast alle jugendlichen Mädchen wollen natürlich im Teenager-Alter noch keine Kinder bekommen – aber viele Mädchen wissen schon in diesem Alter, dass sie später einmal Kinder haben wollen. „Bis zum Kinderkriegen ist es noch einige Zeit hin, die meisten Frauen beginnen die Familienplanung heute erst mit etwas über 30 Jahren. Da ist es umso wertvoller, ihnen schon früh zu erklären, dass ihr jetziger Lebensstil ihre Chance auf eine späte Schwangerschaft beeinflussen kann“, sagt Röbl-Mathieu. Insbesondere Adipositas – also stärkeres Übergewicht – könne die Wahrscheinlichkeit für eine Schwangerschaft verringern.

Auf der anderen Seite gibt es auch jugendliche Mädchen, die durch eine stärkere Gewichtszunahme in der Pubertät aus der Bahn geworfen werden. „Manche Mädchen bekommen dann Probleme mit ihrem Selbstwertgefühl und entwickeln ernste Essstörungen. Hier muss man beratend und gegebenenfalls behandelnd eingreifen. Im Rahmen der Mädchensprechstunde M1 können wir diese Fälle erkennen und dafür sorgen, dass die Mädchen professionell betreut werden“, sagt Röbl-Mathieu.

Schließt die Mädchensprechstunde M1 eine Lücke in der Versorgung?

Die Vorsorgeuntersuchungen U1 bis U9 für Kinder bis fünf Jahre werden zu 95 Prozent wahrgenommen. Doch die späteren Untersuchungen – etwa die J1, die Untersuchung für Jugendliche – werden von deutlich weniger Kindern in Anspruch genommen. Außerdem hat die J1 einen anderen Schwerpunkt, der frauenspezifische Gesundheitsaspekte nur am Rande behandelt.

Man könnte meinen, dass die meisten Mädchen mit der ersten Regelblutung eine gynäkologische Praxis aufsuchen. Aber wenn sie keine Beschwerden damit haben, suchen viele Mädchen keine Praxis auf. Und die Eltern sind oft unsicher, wann sie ihre Tochter zur Frauenärztin oder zum Frauenarzt schicken sollen. „Fast jede Woche fragt mich eine Mutter: Wann soll denn meine Tochter mal kommen? Es gibt kein festes Konzept bislang. Mit der Mädchensprechstunde M1 wird diese Lücke mit einem niedrigschwelligen Angebot geschlossen“, sag Röbl-Mathieu.

Was sind mögliche Nachteile der Mädchensprechstunde M1?

Egal, wie alt die Jugendliche ist: Selbst 17-Jährige brauchen eine Unterschrift eines Erziehungsberechtigten, wenn sie die Mädchensprechstunde M1 besuchen wollen. „Das ist aus meiner Sicht eine unnötige Hürde, hier hätte man insbesondere den älteren Mädchen ruhig mehr zutrauen können“, sagt Röbl-Mathieu.

Der größte Nachteil der Mädchensprechstunde ist aber natürlich der begrenzte Zugang: Bislang können sie nur diejenigen Mädchen wahrnehmen, die bei einer der 40 teilnehmenden Betriebskrankenkassen versichert sind. „Es ist zumindest ein Anfang. Wir hoffen natürlich, dass es eine große Resonanz auf das Angebot gibt und dass die M1 bald für alle Versicherten eingeführt wird“, sagt Röbl-Mathieu.


Quellen:

  • Robert Koch Institut: Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen für Kinder in Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 – Fact sheet – JoHM 4/2018. Robert Koch Institut: https://www.rki.de/... (Abgerufen am 27.09.2024)