Stiller Reflux: So werden Sie ihn los
Von still kann keine Rede sein: ständiges Räuspern, als hätte man einen Frosch im Hals. "Der Begriff stiller Reflux ist in der Tat nicht ganz korrekt", bestätigt Professor Valentin Becker, Gastroenterologe aus München. Saurer Saft, der vom Magen in die Speiseröhre aufsteigt, kann nicht nur für fieses Sodbrennen hinter dem Brustbein sorgen. Auch Hals und Rachen werden manchmal in Mitleidenschaft gezogen.
Räuspern: Den Auslöser finden
Ob still und leise oder spürbar schmerzhaft: In jedem Fall sollte man Dauerräuspern beim Arzt abklären lassen – auch um weiteren Entzündungen der Schleimhaut und schwereren Erkrankungen zuvorzukommen. "Ihr Hausarzt wird Sie erst mal zum HNO-Arzt oder zum Lungenarzt schicken", erläutert Reflux-Experte Becker. Er prüft zunächst mögliche Ursachen im Hals- oder Lungenbereich. Findet sich dort kein Grund für die Rötung im Hals oder den Dauerhusten, schaut der Gastroenterologe nach. Via Magenspiegelung nimmt er die Speiseröhre und den Magen bis zum Zwölffingerdarm in voller Länge unter die Lupe, erklärt Professor Tilo Andus, gastroenterologischer Klinikchef im Klinikum Stuttgart. Dabei kann er in der Speiseröhre und am Kehlkopf entzündete Stellen und kleine Verletzungen entdecken – Spuren der aufsteigenden Säure, gegen die die Schleimhäute nicht gewappnet sind. "So lassen sich auch die Beschwerden im Hals erklären, und der Arzt kann sie dann behandeln."
Bei Reflux-Verdacht reicht oft ein Therapietest
Doch nicht immer ist die Sache so einfach. Zwei Drittel aller Reflux-Patienten leiden zwar unter Beschwerden, aber ihre Schleimhaut zeigt keine Entzündungsspuren. Dazu kommt: Wer ständig Sodbrennen hat, spürt das nicht unbedingt im Halsbereich. "Wenn in der Speiseröhre keine Säurespuren erkennbar sind, kann eine pH-Metrie klären, ob die Magensäure nicht doch die Ursache der Beschwerden ist", weiß Andus. Eine Sonde, die durch die Nase in den oberen Teil der Speiseröhre eingebracht wird, misst über 24 Stunden, ob und wie lange Säure dort oben ankommt. Wird zeitlich ein bestimmter Wert überschritten, liegt definitiv ein Reflux vor.
Oft reiche bei einem Reflux-Verdacht ein einfacher Therapietest aus, sagt Gastroenterologe Becker: "Klingt banal, ist aber wirkungsvoll." Der Patient erhält ein säurehemmendes Medikament über vier bis sechs Wochen. Lassen Husten, Heiserkeit und Fremdkörpergefühl nach, lag es ziemlich sicher an der Magensäure. Bestehen die Beschwerden weiter, geht auch die Suche nach dem Auslöser weiter.
Weniger Beschwerden: Säureproduktion bremsen, (Ess-)Verhalten ändern
Welche Mittel zum Einsatz kommen? Sogenannte Protonenpumpenhemmer verändern den Säureanteil des Mageninhalts: Dank ihnen stellt der Magen wenig bis keine Säure mehr her. "Sie beenden zwar nicht den Reflux selbst, sind aber noch immer das Mittel der Wahl, weil die aufsteigende Flüssigkeit keinen Schaden mehr anrichtet", betont Reflux-Experte Andus. Denn steigt über längere Zeit Magensäure auf, kann sich auf Dauer die Schleimhaut entzünden – ihre Zellen verändern sich schlimmstenfalls. Je nach Schwere der Krankheit kann man die Wirkstoffe, deren Namen auf "-prazol" enden, eines Tages wieder absetzen, aber nur langsam über sechs bis acht Wochen, so der ärztliche Rat.
"Bei leichteren Beschwerden empfehle ich durchaus auch Antazida", ergänzt Professor Valentin Becker. Das sind meist basische Salze, die auf chemischem Weg die Magensäure neutralisieren. Ihr Arzt kann beurteilen, welche Mittel bei Ihnen eher infrage kommen.
Vielleicht reichen aber bereits ein paar Verhaltensänderungen. Einem altersschwachen Schließmuskel am Mageneingang setzen auch üppige Mahlzeiten und überhaupt zu viel Bauchfett zu. "Wir empfehlen unseren Patienten deshalb als Allererstes, ihre Ess- und Schlafgewohnheiten zu ändern", betont Becker. "Was Sie essen, wann Sie essen und wie viel Sie essen, ist für einen Reflux durchaus entscheidend!"